Kommentar
20:55 Uhr, 08.05.2017

Kaum zu glauben: Eurozone im Vorteil!

Die Eurozone ist auf der Überholspur. Vor wenigen Monaten galt das noch als undenkbar. Nun ist es Realität.

Die USA hatten praktisch durchgehend seit der Finanzkrise gegenüber der Eurozone einen Vorteil. Die Wirtschaft wuchs schnell und zuverlässiger als in der Eurozone. Jetzt könnte sich der Spieß umkehren.

Die US-Regierung hat gegenüber vielen Euroländern nach 2008 vieles richtig gemacht. Die Banken wurden sehr viel schneller rekapitalisiert – notfalls auch durch Zwang. Goldman Sachs etwa wollte keine Kapitalinjektion, musste ihr aber letztendlich doch zustimmen. Das Bankensystem wurde so wieder relativ schnell auf Vordermann gebracht.

In der Eurozone war das Tempo ein anderes. In Deutschland ging der Prozess der Bankenrettung recht schnell voran. In Spanien dauerte es bis 2012. Italien und Griechenland sind heute noch daran, ihre Bankenlandschaft wieder in Ordnung zu bringen. Ob es nun daran liegt, dass in den Ländern, die ihr Bankensystem schneller saniert haben, das Wachstum höher war, sei dahingestellt. Es würde aber Sinn machen. Ohne ein funktionierendes Kreditsystem läuft in der Wirtschaft wenig.

Im Gegensatz zur Eurozone hat die US-Notenbank die Zinsen niemals unter 0 % gesenkt. Das ermöglichte Banken zumindest ein Mindestmaß an Zinsmarge zu retten. In der Eurozone ist die Profitabilität der Banken einfach nur zum Weinen. Das hat noch andere Gründe als die Zinsmargen, sie tragen jedoch einen wesentlichen Beitrag zur Misere bei.

So langsam kommt die Eurozone nun wieder zu sich. Die Kreditvergabe an Unternehmen und Privatpersonen steigt. Das Wachstum der Kredite beschleunigt sich. In den USA nimmt es gerade ab und erreicht den tiefsten Stand seit Jahren.

Zu Jahresbeginn wuchs die Eurozone mehr als doppelt so schnell wie die US-Wirtschaft. Es ist das zweite Quartal in Folge, in dem die Eurozone die USA abhängt. Das könnte auch so bleiben, zumindest, wenn es nach den Einkaufsmanagerindizes geht.

Einkaufsmanagerindizes sind ein Stimmungsindikator, aber ein durchaus zuverlässiger. Einkaufsmanager sind so nah am realen wirtschaftlichen Geschehen dran wie sonst niemand. Sie lassen sich zwar auch durch kurzfristige Ereignisse einmal mitreißen, doch insgesamt bilden sie den zukünftigen Verlauf der Entwicklung gut ab.

US-Einkaufsmanager hatten sich von der Wahl Trumps mitreißen lassen. Der Index stieg sprunghaft in Erwartung großer Reformen und Ausgabenprogramme an. Inzwischen ist klar, dass die Ankündigungen nicht schnell umgesetzt werden können. Entsprechend ist der Index zuletzt wieder deutlich gefallen.

So kommt es nun, dass die Einkaufsmanager der Eurozone besser gelaunt sind als die US-Kollegen. Die Grafik zeigt die Indizes im Vergleich. Besonders erfreulich ist die Entwicklung in Ländern wie Italien. Dort gab es keinen Katalysator wie in den USA, der den Index nach oben hätte hieven können.

Während es in den USA einen Trump-Effekt gab, gab es diesen in Europa nicht. Trotzdem hellt sich die Stimmung merklich auf und erreicht den höchsten Wert seit 2010, dem Jahr, in dem es nach der Krise ein kurzes „Zurückschnappen“ der Wirtschaft gab. Besonders erfreulich ist die Breite, mit der die Stimmung getragen wird. Die Indizes konvergieren und gehen in die gleiche Richtung. Eine so hoher Konvergenz gab es zuletzt im Abschwung 2011. Für mich deutet das alles daraufhin, dass die Eurozone gegenüber den USA aktuell im Vorteil ist.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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