Kommentar
10:29 Uhr, 22.10.2008

Kapitulation in den "Carry-Trades" belastet EUR/USD - US-Daten extrem schwach!

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Der Euro ist in den letzten 24 Stunden massiv eingebrochen. Hintergrund sind aggressive Auflösungen von "Carry-Trades" auf JPY und CHF Basis, die Kapitulationscharakter aufweisen. EUR-USD stellt sich heute morgen auf 1.2850, nachdem Tiefstkurse bei 1.2750 im asiatischen Handel markiert wurden. USD-JPY hat im Zuge der Entwicklung unterproportional an Boden verloren und notiert bei 99.70. EUR-JPY oszilliert aktuell bei 128.10. Zwischenzeitlich wurden Tiefstkurse bei 126.96 erreicht. EUR-CHF eröffnet aktuell bei 1.4950 nach Tiefstkursen bei 1.4899 im asiatischen Handel.

Die Marktbewegung weist einen Charakter von Zwangsliquidationen in einem erheblichen Umfang aus. Die aktuellen Preise am Devisenmarkt bilden damit keine fundamentalen Bewertungen ab, sondern sie stellen Resultate geringer Liquidität und eines hohen Stressniveaus im Rahmen der Finanzkrise dar. Sie sind auch Ausdruck eines Abbaus von Leverage. Schlussendlich sind "Carry-Trades" Charaktermerkmale des Aufbaus von Leverage und damit des so genannten "Goldilocks Szenario" von gestern.

Die Daten aus den USA, die gestern veröffentlicht wurden waren extrem schwach und zeichnen ein Bild, das im Hinblick auf die aktuelle Bewertung des USD gegenüber Hauptwährungen nicht ansatzweise passt.

Fundamentaldaten spielen derzeit jedoch eine untergeordnete Rolle, solange Zwangsanpassungen bei der Positionierung großer Finanzmarktteilnehmer dominieren. Gleichwohl werden die fundamentalen Betrachtungen nicht dauerhaft ausgeblendet werden können.

Diese Fundamentaldaten sprechen in einer fulminanten Art und Weise gegen den USD. Dabei macht es Sinn auf die aktuelle öffentliche Verschuldungssituation in den USA einzugehen. Nach nur 20 Tagen des laufenden Fiskaljahres stellt sich die Neuverschuldung in der verfassungskonformen Darstellung auf 440 Mrd. USD oder circa 3% des US-BIP. Das ist doch einmal eine Leistung! Im Fiskaljahr beginnend Oktober 2007 bis September 2008 ergab sich ein Gesamtdefizit von 1.017 Mrd. USD oder circa 7% des US-BIP. Die aktuelle Dynamik ist fraglos der Finanzkrise und der damit einhergehenden Programme zu begreifen. Gleichwohl verdeutlicht die Betrachtung der letzten 12,66 Monate (1.457 Mrd. USD oder 10% des US-BIP), dass die finanzielle Fragilität der USA im Vergleich zu anderen industrialisierten Ländern ungleich dramatischer ist. Genau dieser Aspekt wird derzeit nicht an den Devisenmärkten diskontiert.

Kommen wir zu den aktuellen Daten aus den USA:

Der "ABC News Money Magazine Consumer Comfort Index" sank in der Berichtswoche von zuvor -48 auf -50 Punkte und ist damit nur noch 1 Punkt von dem historischen Tiefstwert entfernt, der per Mai 2008 markiert wurde. Die Konsensusprognose war bei -49 Punkten angesiedelt. Der US-Verbraucher ist und bleibt angeschlagen.

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Der Federal Reserve Bank of Chicago National Activity Index (Sammelindex aus 85 nationalen Einzelindikatoren) sank per September im Monatsvergleich von revidiert -1,61 auf -2,57 Punkte und hat damit den tiefsten Wert seit 26 Jahren markiert! Damit ergab sich das 14. mal in Folge ein negativer Indexwert. Der aussagefähigere 3-Monatsdurchschnittswert sank von -1,18 auf -1,78 Punkte. Werte unterhalb von -0,70 Punkten signalisieren ein erhöhtes Rezessionsrisiko. Das Tempo des konjunkturellen Verfalls ist in den USA trotz der massiven öffentlichen Interventionen sehr hoch.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD nach dem Unterschreiten der wesentlichen Unterstützung bei 1.3250 favorisiert. Aus technischer Sicht ergeben sich nächste Kursziele bei 1.2650 - 70. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.3050 - 80 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank

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