Kommentar
13:16 Uhr, 06.05.2015

Kapitalismus am Ende?

Der Systemzusammenbruch ist salonfähig geworden. Es wurde auch Zeit, denn wenn sich nicht schnell etwas ändert, dann lässt sich das System nicht mehr retten.

Inzwischen pfeifen es die Spatzen von den Dächern. In der Realität sind die Warnungen trotzdem noch nicht angekommen. Viele warnen, doch getan wird wenig. Das, was getan wird, geht in die vollkommen falsche Richtung. Diejenigen, die etwas bewegen können, haben das Problem trotz der Warnungen anscheinend noch nicht verstanden oder wollen es nicht verstehen.

Die Notenbanken haben sich zu Rettern ernannt, aber was retten sie eigentlich? Sie versuchen ein System zu retten, welches nach heutigem Kenntnisstand an seine Grenzen stößt. Zudem setzen die Maßnahmen am falschen Ende an. Durch Anleihenkaufprogramme und ultraniedrige Zinsen soll die Wirtschaft in Schwung gebracht werden. Um das durchzusetzen, muss man inzwischen ums Bargeld fürchten. Negative Zinsen funktionieren nur, wenn Bargeld abgeschafft wird oder die Nutzung von Bargeld stark eingeschränkt wird.

Sollte es den Notenbanken und Politikern gelingen, die Nutzung von Bargeld einzugrenzen und negative Zinsen durchzusetzen, dann könnte es eventuell zu einer gewissen Belebung kommen. Dann würden alle jubeln. Der Jubel wäre allerdings verfrüht, denn das System ist damit nicht gerettet. Es werden einige Symptome bekämpft. Das, woran unser System krankt, ist damit allerdings noch lange nicht beseitigt.

Unser Wirtschaftssystem hat momentan zwei Probleme. Das erste Problem ist schon lange bekannt, es wird aber konsequent ignoriert. Es handelt sich dabei um den demographischen Wandel. Darüber habe ich schon mehrere Artikel geschrieben. Kurz zusammengefasst kann man sagen: das Verhältnis der arbeitsfähigen Bevölkerung zur nicht arbeitenden Bevölkerung (Kinder, Rentner) entwickelt sich negativ, weil die Weltbevölkerung langsamer wächst. Dadurch wächst die globale Nachfrage nach Gütern ebenso gemächlicher. Diese Entwicklung fällt mit hohem Überangebot zusammen (Rohstoffe, Produktionskapazitäten, Kapital). Das Wachstum kann daher gar nicht mehr zu seinem langjährigen Trend zurückkehren.

Das zweite Problem ist nicht ganz so offensichtlich. Würde man dieses Problem allerdings lösen, dann wäre das erste Problem gar nicht mehr so schlimm. Langsameres Wachstum ist per se nicht schlimm, allerdings müssen die Menschen umdenken. Unser Wirtschaftssystem ist auf Wachstum ausgelegt. Gibt es kaum noch Wachstum, dann sind Staaten und Unternehmen am Ende. Staaten sind wegen ihrer Schulden am Ende. Von börsennotierten Unternehmen wird erwartet, dass sie wachsen. Können sie das nicht, dann fehlt ihnen die Existenzberechtigung.

Die Zeiten von 3 oder 5% Wachstum sind vorbei, egal, was man tut. Man kann die Wirtschaft aber auf einen moderaten Wachstumspfad bringen, trotz des weltweiten, demographischen Wandels. Dazu müssen allerdings die kontraproduktiven Auswüchse des Kapitalismus bekämpft werden.

Grafik 1 fasst zusammen, worum es dabei geht. Die Grafik zeigt zwei Zeitreihen. Die erste Zeitreihe (Produktivität) zeigt, wie stark die Produktivität seit 1947 real gestiegen ist. Es handelt sich dabei um einen Index. Man sieht einen relativ klaren Trend. Die Produktivität steigt nicht jedes Jahr. Im langjährigen Durchschnitt aber steigt sie. Steigende Produktivität heißt, dass ein Arbeiter heute mehr Output generiert als noch vor 10 oder 20 Jahren.
Die zweite Zeitreihe zeigt den realen Stundenlohn. Dieser stieg bis Anfang der 70er Jahre tendenziell genauso stark an wie die Produktivität. Produzierte ein Arbeiter pro Jahr 2% mehr, dann wurde ihm auch 2% mehr Lohn gezahlt. Seit Anfang der 70er Jahre driften Produktivität und Arbeitslohn immer weiter auseinander. Während die Produktivität weiter stieg, stagnierten die Reallöhne. Seit einigen Jahren gibt es sogar eine fallende Tendenz bei den Reallöhnen.

Wie dramatisch das alles ist zeigt Grafik 2. Hier ist der Anteil der Gehälter am Gesamtoutput dargestellt. Zu Beginn der Datenreihe 1947 machten Gehälter noch 67% des Outputs aus. Das ist so zu verstehen: wurden Güter für 10 Mio. hergestellt, dann wurden von diesem Output 67% an Arbeiter weitergegeben. Sie erhielten also 6,7 Mio. an Gehältern. Heute ist der Anteil deutlich geringer. Er ist von 67% auf 56% gefallen.

Um sich das noch einmal vor Augen zu führen, kann man Grafik 3 betrachten. Es zeigt um wie viel der Anteil der Arbeit (Gehälter) am Gesamtoutput gefallen ist. Von 1947 bis 1973 fiel der Anteil jährlich um 0,047%. Das ist praktisch 0%. Mit anderen Worten: Produktivität und Löhne stiegen fast Hand in Hand, aber auch nur fast. Zieht man die Produktivitätssteigerung von den Lohnsteigerungen ab, dann reduzierte sich der Anteil um 0,2% pro Jahr. Diese Lücke zwischen Produktivitäts- und Gehaltswachstum ist immer größer geworden. Von 1990 bis 2000 gab es eine kleine Verbesserung. Inzwischen ist die Lücke (Gap) größer denn je. Produktivität und Löhne driften mit über einem Prozent pro Jahr auseinander.

Je nach Branche ist die Entwicklung unterschiedlich stark ausgeprägt. Im produzierenden Gewerbe ist der Trend besonders erschreckend. Grafik 4 zeigt die Entwicklung seit 1949. Der Abwärtstrend wurde zuletzt 2009 kurzzeitig unterbrochen. Das lag allerdings daran, dass der Output wegen der Krise so stark sank und nicht daran, dass Arbeit plötzlich stärker gewürdigt wurde.

Fragt man einen Manager wieso das so ist, dann dürfte ziemlich sicher eine Antwort kommen: Der Faktor Arbeit ist heute nicht mehr so wichtig wie der Faktor Kapital. Das hört man heutzutage immer wieder. Bis zu einem gewissen Grad stimmt das auch. Kapital ist allerdings nicht im gleichen Ausmaß wichtiger geworden wie der Faktor Arbeit unwichtiger geworden ist. Der Faktor Arbeit macht im produzierenden Gewerbe noch ca. 24% aus. Der Kapitalanteil liegt bei ca. 20%. Das sind 5 Prozentpunkte mehr als vor 30 Jahren. Der Faktor Arbeit hat allerdings im gleichen Zeitraum fast 10 Punkte verloren.

Wer also behauptet, dass Kapital wichtiger geworden ist, hat Recht. Es stimmt aber nicht, dass Kapital Arbeit komplett ersetzt hat und selbst wenn es so wäre, rechtfertigt das noch nicht die Lücke zwischen Produktivitäts- und Lohnwachstum. Langfristig ist das der Kern des Problems. Menschen verdienen real immer weniger, Unternehmen produzieren aber immer mehr. Die Rechnung kann nicht aufgehen.

Arbeitern, die letztlich auch die Konsumenten sind, also jene Menschen, die die Produkte der Unternehmen kaufen, bekommen immer weniger Geld. Gleichzeitig wird immer mehr produziert. Wer soll die Produkte noch kaufen, wenn die Menschen, die sie herstellen, zu wenig Geld haben?

Die Rendite aus dem Produktivitätswachstum fließt heute dem Kapital zu und nicht mehr dem Faktor Arbeit. Das ist ein ganz großes Problem. Durch Automatisierung kann immer mehr produziert werden. Durch den Einsatz von Technologie können Unternehmen immer produktiver werden. Die daraus gewonnene Rendite wir jedoch Kapitalgebern (Aktionären) zugesprochen und nicht dem Arbeiter. Das Kapital ist aber nicht das, was die Güter kauft. Wer Geld hat, wird meist immer reicher. Das Geld, welches Aktionären zufließt, kommt nicht in dem Ausmaß unter die Leute wie durch die Zahlung an Mitarbeiter, die dann fleißig mehr konsumieren.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Problem umgangen. Es wurde umgangen, indem immer mehr Schulden aufgenommen wurden. Privatpersonen haben sich verschuldet und so die Lohneinbußen kompensiert. Obwohl sie weniger verdient haben als produziert wurde, wurde die Produktion abgesetzt. Das geht nur über Schulden. Die Welt ist nun aber so langsam am Schuldenlimit. Das Problem kann man nicht mehr durch immer neue Schulden umgehen.

Weil Schulden keine Lösung mehr sind, setzt auch die Notenbankpolitik am falschen Ende an. Es braucht nicht noch mehr Geld und Kapital. Davon gibt es bereits viel zu viel. Obwohl es Kapital ohne Ende gibt, fühlen sich Unternehmen verpflichtet, Kapital mit der gleichen Rendite zu belohnen wie in der Vergangenheit. Hier scheint Angebot und Nachfrage außer Kraft gesetzt worden zu sein. Eigentlich sollte gelten: wenn es so viel Kapital gibt, dann muss die Rendite des Kapitals sinken. Das tut sie aber nicht. Unternehmen versuchen die Rendite weiter zu steigern. Das tun sie, indem der Faktor Arbeit immer weiter ausgebeutet wird, sprich, es wird Personal abgebaut und Löhne werden gekürzt.

Lange Zeit kann das nicht mehr gutgehen, denn immer weniger Menschen können sich auch die Produkte leisten, die sie produzieren. Entlohnt werden sie für ihre Arbeit nur unzureichend. Dafür fließt immer mehr Geld zu denen, die Kapital besitzen. Kapital wird besser entlohnt als Arbeit, obwohl Kapital nicht produktiver ist als Arbeit. Das führt zu einer immer stärkeren Konzentration von Vermögen. Würde dieses Geld auch wieder ausgegeben, dann hätten wir kein Problem. Dann würden die Produkte alle gekauft werden. Wer aber bereits ein großes Vermögen und schon 10 Fernseher hat, der kauft sich nicht noch einen elften Fernseher. Das Geld bleibt liegen und wird angelegt, wo es weiter belohnt wird. Die Vermögenskonzentration nimmt immer weiter zu.

Das ist ein Teufelskreis. Bisher wurde er durch Schuldenexzesse verdeckt. So langsam kommt die Welt aber an einen Punkt, an dem das Kernproblem nicht mehr durch noch mehr Schulden gelöst werden kann. Das Ungleichgewicht ist zu groß geworden. Ein Ausgleich kann nur stattfinden, wenn entweder Kapital vernichtet wird (durch eine Krise, sodass die Vermögenskonzentration wieder abnimmt) oder Arbeit wieder besser entlohnt wird, damit sich Menschen auch die Produkte leisten können, die sie produzieren. Der zweite Weg zum Ausgleich ist der sinnvollere. Er würde aber bedingen, dass Unternehmen zum Umdenken gezwungen würden. Danach sieht es nicht aus. Stattdessen versuchen Notenbanken das Problem mit billigem Geld zu überdecken. Die Konsequenz: das Ungleichgewicht wird noch größer.

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19 Kommentare

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  • Löwe30
    Löwe30

    Es ist auch nicht so, dass Automatisierung in einer Volkswirtschaft zu weniger Arbeitsplätzen führen muss. Es gab Zeiten, da war der überwiegende Teil der Bevölkerung mit der Produktion von Lebensmitteln beschäftigt. Ein großer Teil der Bevölkerung war in der Landwirtschaft tätig. Wenn die These, dass Automatisierung zu weniger Arbeitsplätzen führt stimmen würde, müssten die in der Landwirtschaft, dank Automatisierung nicht mehr Beschäftigten alle arbeitslos geworden sein. Das ist definitiv nicht der Fall, denn sie fanden in den neu entstehenden Industrieunternehmen produktivere und besser bezahlte Arbeit. Es wurden mehr Ingenieure benötigt und mit dem Wohlstand wurden immer mehr Menschen in neuen Berufsfeldern benötigt. Man konnte sich bessere medizinische Versorgung leisten, die Lebenserwartung stieg. Diese Prozess hat noch lange kein Ende gefunden, denn die menschliche Phantasie bringt immer wieder Neues und Besseres zustande. Wer hätte sich denn vor 10 Jahren vorstellen können, was heute ein Smartphon zu leisten im Stande ist. Man erinnere sich in diesem Zusammenhang mal an die US-amerikanische Fernsehserie "Dallas" die von 1978 bis 1991 produziert wurde, und die "Mobiltelefone", die dort benutzt wurden und die sich nur Reiche leisten konnten. Kein Kind würde heute mehr solch ein Telefon benutzen wollen. Die Entwicklung, die es hier gab, kam nicht aus dem Nichts, sondern dazu waren sehr viele Leute nötig, die daran gearbeitet haben.

    16:58 Uhr, 06.05. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Floyd K
    Floyd K

    Was ist denn heute noch bei uns kapitalistisch?

    Der wohl größte Trugschluss ihres Artikels ist, zu glauben, dass wir besonders in Deutschland, noch ein kapitalistisches System hätten. Das ist wirklichkeitsfremd und Schwarz/Weiß- Malerei. Ihre Überschrift und ihre Schlussfolgerungen sind mir ein Rätsel.

    Stattdessen ist es der Staat der schon seit vielen Jahren immer aggressiver in die Wirtschaft eingreift. Das nannte man früher „Sozialismus“

    Stichpunktartig ein paar Beispiele:

    -Das Gesundheitswesen ist in Deutschland der zweitgrößte „Wirtschaftszweig“. Dieser Zweig wird komplett durch staatlichen Dirigismus bestimmt. Die Preisfestsetzungen und jede der vielen vergangenen Gesundheitsreformen waren ein staatlicher Eingriff und haben jeden Kapitalismus und jede Selbstregulierung zerstört. Mit den bekannten Folgen, dass es nicht mehr zu finanzieren ist und allmählich die Gebührenzahler hoffnungslos überfordert. -Die Energiebranche ist durch staatliche Eingriffe total aus dem Ruder. Deutschlands sicherlich kapitalistische Großlieferanten werden durch staatliche Regulierung langsam in den Ruin getrieben ( siehe Langzeitcharts von EON, RWE u.ä ). Und die vielen kleineren Energieversorger sind alle in der Hand der politischen Parteien und werden völlig unkapitalistisch durch staatliche Maßnahmen/Fördergelder ihrer politischen Aufsichtsräte gepäppelt. Die Rechnung zahlt der Gebührenzahler, in D sind es ca 60%, die der Staat an den Energiepreisen kassiert. Hier wird die deutsche Besonderheit besonders deutlich: Franzosen, Engländer oder Griechen zahlen z.B. für Strom nur die Hälfte.Das jüngste Beispiel sind die Strafmaßnahmen gegen Braunkohle- Unternehmen, die der sozialistische Wirtschaftsminister kürzlich verkündete. -Die Finanzbranche ist ein weiteres Beispiel. Das wird auf godmode rauf und runter diskutiert, ich spare mir hier die Details. Kernpunkt ist: Wenn man sich weigert, kaputte Banken zu liquidieren und sie durch staatliche Eingriffe schützt, ist das ebenfalls Sozialismus statt Kapitalismus. Das nun allmählich den Verantwortlichen der Kopf schwirrt, ist besonders hier verständlich: Es sind exorbitante Geldsummen um die es geht und sie scheinen wirkungslos. Am Beispiel Griechenland wird das besonders deutlich: Viel Geld wurde aufgewandt um die Schulden der griechischen Banken umzuschichten, von den Gläubigerbanken zu den Steuerzahlern und –ups-, Griechenland ist immer noch Pleite… Sozialismus= staatliches Eingreifen in Reinkultur. -Die Logistikbranche ist auch nicht besser dran. Sie ist die drittstärkste Branche in D gleichauf mit dem Maschinenbau. Hier sind Deutschlands Niedriglohn- Arbeitsplätze nun durch verordnete Lohnerhöhungen von ca. 12-15% bedroht. Es wird also nicht bei den Friseurketten bleiben, die bereits dicht gemacht haben und vor allem: Darüber wird selbstverständlich nicht berichtet werden.

    Das Ganze mag sich nun jeder weiter ausmalen, es basiert auf Fakten.

    Zum Schluss noch ein Wort zu ihrem Statement bezüglich der Umverteilung der Produktivitätssteigerungen von den Löhnen zum Kapital. Das halte ich für falsch: Auch hier blenden Sie völlig den immer stärkeren staatlichen Zugriff auf den Geldbeutel des Bürgers aus: Wir leben in Zeiten in denen die Steuereinnahmen sprudeln und exorbitant zunehmen. Sie verdoppeln sich alle 10 bis 7 Jahre! Oder um es mit dem Bund der Steuerzahler zu formulieren: Die Hälfte des Jahres arbeitet der Schaffende nur für den Staat, Tendenz stark steigend.

    16:33 Uhr, 06.05. 2015
    2 Antworten anzeigen
  • Löwe30
    Löwe30

    Die Vermögenskonzentration würde in einer freien Gesellschaft mit der Zeit von alleine abnehmen, da dann die Marktkräfte des Kapitalismus dafür sorgen, dass auch große Vermögen sich in Nichts auflösen. Heute wird das ja durch den Staat und den Zentralbanken verhindert, weil Große ja für "too big to fail" gehalten werden.

    Zur Konzentration von Vermögen trägt ja auch die Geldpolitik der Zentralbanken bei, denn die Unmengen billigen Geldes, dass sie aus dem Nichts schöpfen, führen zu einer Umverteilung von unten nach oben.

    QE führt nämlich dazu, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich weitet, und es zu einer ungerechtfertigten Konzentration von Vermögen kommt, denn die Geld Drucker stehen nicht in einem Austauschverhältnis der normalen kooperativen Struktur und eignen sich somit fremde Leistungen an, nämlich die Leistungen der arbeitenden Bevölkerung.

    Vereinfacht ausgedrückt: Die Geldschöpfer bringen Geld in Umlauf, für das sie keine Leistung erbracht haben und kaufen dafür Waren ein, für die andere arbeiten mussten.

    Mit Kapitalismus hat das jedenfalls nichts zu tun.

    16:31 Uhr, 06.05. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Noch dazu. Die Produktivitaet Thailands ist merklich gestiegen, seit ein voellig kostenloses Gesundheitssystem eingefuehrt wurde. Sozialleistungen sind somit produktiv und lindern Aengste.

    15:52 Uhr, 06.05. 2015
  • Löwe30
    Löwe30

    Thomas Piketty ist ja auch der Überzeugung, dass im Kapitalismus die Kapitalrendite (r) langfristig das Wirtschaftswachstum (g) übersteigt => r > g. Die Fehler von Pikettys Grundformel werden übrigens hier http://www.freitum.de/2015/01/hauptsache-alle-menschen-sind-gleich.html

    schonungslos aufgezeigt.

    15:52 Uhr, 06.05. 2015
  • Löwe30
    Löwe30

    Es ist nicht der Kapitalismus der scheitert, sondern der Neosozialismus in Gestalt des Sozialstaates, der der arbeitenden Bevölkerung, die zum durchschnittlichen Lohn arbeitet, und das sind die große Mehrheit, die große Teile ihres Einkommens für Konsum verwenden, in den letzten Jahrzehnten immer mehr von ihrem Einkommen weggenommen hat, sodass dieser Mittelschicht heute nur noch rund 25% ihrer Einkommen zur freien Verfügung gelassen werden, nachdem der Staat über zahlreiche Arten der Besteuerung und Abgaben zugegriffen hat. Berechnung dazu hier:

    Der Beitrag erinnert mich ein wenig an Thomas Piketty. Inwieweit staatliche Interventionen und die Gestaltung insbesondere der Wirtschafts- und Finanzpolitik auf die Einkommensverteilung Einfluss genommen haben, bleibt außen vor. Ebenso die Möglichkeit, dass staatliche Politik in starkem Maße Ungleichheit der Vermögen fördern kann, etwa durch Privilegien für bestimmte Gruppen oder durch die Geldpolitik, die ebenfalls eine sehr selektive Verteilungswirkung hat. Untersucht wird also nicht der Kapitalismus, sondern eine Menge von Staaten, die mehr oder weniger marktwirtschaftlich (kapitalistisch) organisiert sind und in denen staatliche Interventionen eine ganz unterschiedliche Gestalt annehmen.
    Ignoriert werden auch viele Ursachen, die nicht zum kapitalistischen Wirtschaftssystem gehören. Dazu zählt die Geldpolitik. Gerade in Perioden, in denen die Zentralbanken auf eine starke Expansion der Geldmenge und niedrige Zinsen setzen, werden Eigentümer großer Vermögen, die einen Zugang zu den Geldquellen haben, gegenüber der Mittelschicht und den Ärmeren bevorteilt.

    15:43 Uhr, 06.05. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • schimpanse69
    schimpanse69

    War es in der Geschichte der Menschheit jemals anders? Nur der reichen Oma wird es gut gehen, den restlichen Armen und Kranken wird weniger Beachtung schenken. Ist schlimm, ist (leider) menschlich.

    15:15 Uhr, 06.05. 2015
  • bravemind
    bravemind

    Gut gebrüllt, aber leider nicht laut genug oder wieder nur die halbe Wahrheit.

    Auch wenn das Problem mit dem Ungleichgewicht zwichen Wert des Kapitals und Wert der Arbeit gelöst werden könnte würde ein fundamentales Problem weiter bestehen.

    Nämlich das Kapitalismus per se auf Wachstum aufgebaut ist. Wachstum bedeutet aber in diesem Zusammenhang Ausbeutung von (billiger) Arbeit und (billigen) Rohstoffen um diese gewinnbringend zu verkaufen.

    In einem geschlossenen System (Planet Erde) kann es aber kein unendliches Wachstum geben da die Resourcen (billige) Arbeit und (billige) Rohstoffe nun mal begrenzt sind und der potentzielle Kundenkreis für die Produkte auch nicht unendlich mitwachsen würde.

    Als Lösung bieten sich aus meiner Sicht 2 Alternativen an die auch parellel vorstellbar wären.

    Das eine wäre ein fundamentales Umdenken in der Gesellschaft mit einer Neu-Definition von persönlichen und gesellschaftlichen "Glück", einer Neu-Definition von persönlicher und gesellschtlicher "Macht". Man könnte auch statt von Neu-Definition auch von Rückkehr zur eigentlichen "wahrhaftigen" Definition sprechen.

    Das andere wäre eine "Robotisierung" der Gesellschaft wie sie von vielen Utopisten bereits vorgedacht wurde, eine Gesellschaft in der jeder seine eigene Roboter hätte die ihm alle Arbeit abnehmen, seine Nahrungsmittel anbauen, den Transport und andere Dinge erledigt.

    Fragt sich nur welche der beiden Alternativen schneller und schonender umzusetzen wäre.

    15:03 Uhr, 06.05. 2015
    2 Antworten anzeigen
  • Husky
    Husky

    wir sehen es doch schon einige Jahre bei der Steuer - Arbeit wird mit 42+Soli besteuert (also in Summe etwa 45,5%) und Kapitalerträge nur mit 25+Soli (also 26,375%).

    Dieser Unterschied kommt also noch hinzu. Und wenn man dann noch die Kaufkraft der Nominallöhne sieht, so ist diese real niedriger als in den 90er Jahren gewesen ist.

    14:04 Uhr, 06.05. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Schoen, schoen , Herr Schmale,

    aber WIEDER vergessen sie die schon gravierenden und noch viel gravierender werdenden Auswirkungen der Robotisierung und Produktionsautomatisierung, die uns laut vielen Studien global bis zu 30 % aller Arbeitspaletze kosten werden in den naechsten 15-20 Jahren! Die Auswirkungen davon muss man ja noch dazuzaehlen. Roboter und Computer haben nunmal die Angewohnheit weder Versicherungen noch Steuern zu bezahlen, noch Waren zu konsumieren. Ich frage mich ernstlich WARUM all das immer noch und geradezu fanatisch ignoriert wird. Diese Arbeitsplatzverluste werden ja GERADE unsere Industriestaaten am meisten betreffen. Kurzfristig haben Sie ja recht, aber schon rein mittelfristig steht uns da ein nur durch EXORBITANTE Besteuerung von Produktionstechnik zu loesendes Problem bevor. Z.z. fliessen die Gewinne aus Automatisierung doch nur in die Taschen der wenigen Shareholders. Hier fehlt bisher ein Ansatz komplett. Wir stehen an mehreren Scheidewegen und sind entweder unfaehig , oder bewusst ignorant das zu sehen.

    14:04 Uhr, 06.05. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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