Kommentar
06:00 Uhr, 04.08.2014

Kann sich Argentinien den Bankrott überhaupt leisten?

Mit Staatsbankrotten ist nicht zu spaßen. Das letzte Mal rutschten 60% der argentinischen Bevölkerung unter die Armutsgrenze.

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Da Argentinien aktuell eine relativ niedrige Staatsverschuldung hat, muss ein Bankrott definitiv nicht sein. Die Regierung wird von allen Seiten gewarnt, dass die Konsequenzen dramatisch wären. Die Folgen des letzten Bankrotts waren ja nicht ganz ohne. Dennoch ist die Lage heute eine ganz andere. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass die Konsequenzen kaum wahrnehmbar wären.

Kaum wahrnehmbar, das ist natürlich Definitionssache und ist sicherlich auch ein wenig übertrieben. Aber der Reihe nach. Zunächst einmal liegt die Staatsverschuldung bei lächerlichen 45 % bezogen auf das BIP. Davon können andere Länder nur träumen (Griechenland z.B, aber auch Deutschland). Trotzdem sehen viele das kritisch. Argentinien wäre bei neuerlicher Zahlungsunfähigkeit von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten. Das klingt so, als wäre Argentinien die vergangenen 13 Jahre nicht abgeschnitten gewesen. Von den alten Anleihen werden Teile von Fonds gehalten. Das Exposure hält sich bis Maximalbeträgen von 100 Mio. in Grenzen. Die alten Schulden interessieren ohnehin nur bedingt.

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Neue Schulden kann Argentinien schon lange nicht mehr im großen Stil bei internationalen Investoren einsammeln. Argentinien hat es auch ohne diese Geldgeber die letzten Jahre ganz gut geschafft. Das wird sich nicht ändern. Zudem ist es jetzt wahrscheinlich auch schon zu spät, noch auf den Ruf zu setzen. Der ist bereits ruiniert. Das ständige Scheitern der Verhandlungen zwischen Hedge Fonds und der argentinischen Regierung dürfte den Ruf Argentiniens als Schuldner nicht gerade gestärkt haben.

Ein zweites Argument, weshalb Argentinien unbedingt "brav" sein muss, ist Analysten zufolge die Abhängigkeit von ausländischen Investoren. Würden die Investitionen ausbleiben, dann könnte das Wirtschaftswachstum schnell zum Erliegen kommen.

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Viele Schwellenländer sind tatsächlich stark von ausl. Direktinvestitionen (FDI=Foreign direct investment)) abhängig. In manchen Ländern machen FDI 5 % des BIPs aus. In Argentinien liegt der Wert noch bei gut einem Prozent. Würde dieses fehlen, wäre es bitter, aber verkraftbar. In den 70er und 80er Jahren konnte Argentinien auch ohne übermäßig hohe FDI gut wachsen. Kurzfristig dürfte ohne FDI ein Stillstand zu verzeichnen sein. Mittelfristig ist der Effekt geringer als viele glauben machen wollen. Langfristig kann es kritisch werden, denn gerade die Ölvorkommen können ohne hohe Investitionen nicht erschlossen werden. Ob Argentinien das alleine stemmen kann, ist fraglich. Es ist aber genauso fraglich, ob ein Ölmulti nicht investiert, nur weil ein paar Hedge Fonds ihre exorbitante Rendite nicht bekommen haben. Ölunternehmen sind ja nicht gerade dafür bekannt, hoch sensibel zu reagieren...

Trotz niedriger Verschuldung und einer geringen Abhängigkeit von FDI schwinden Argentiniens UsD Reserven. Seit 2012 ist der Rückgang deutlich spürbar. Nicht zuletzt der Versuch den Verfall der Währung zu stoppen hat die Reserven wegen Notenbankinterventionen abschmelzen lassen. Inzwischen stabilisiert sich die Währung wieder. Argentinien entschloss sich zu einer radikalen Abwertung Anfang 2014.

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Sollte die Währung nun extren abzuwerten beginnen, dann gibt es ein Problem. Um die Währung stabil zu halten, wären hohe Interventionsvolumina notwendig. Dann sind die 30 Mrd. an Reserven auch schnell weg. Ein solches Szenario ist nur zu befürchten, wenn Investoren ihr Geld aktiv abziehen. Danach sieht es momentan nicht aus. Käme es allerdings dazu, dann sähe es düster aus. Argentinien braucht die Reserven, um Importe bezahlen zu können und für eine Stabilisierung der Währung im Falle großabgelegter Kapitalflucht reichen die Reserven nicht.

Die Währung ist die Achillesferse. Weitere Details dazu finden sie hier auf meinem Guidants-Desktop.

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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