Kommentar
08:05 Uhr, 06.03.2015

Kann Europa wirtschaftlich wieder wachsen?

Beobachter sind skeptisch. Die Entschuldung der Haushalte sei in Europa noch nicht abgeschlossen. So kann es kein Wachstum geben. Wirklich nicht?

Die Euphorie zu Jahresbeginn lässt sich kaum in Worte fassen. Anleger, Konsumenten, Analysten – alle sind optimistisch. Fast alle. Viele warnen vor zu hohen Erwartungen. Der Markt erwartet für 2015 einen Aufschwung. Der ist definitiv keine ausgemachte Sache. Der Hauptgrund für diese These: die Entschuldung (Bilanzrezession) hat noch nicht stattgefunden. Das ist weder vollkommen falsch noch vollkommen richtig. Es kommt ganz darauf an, wohin man schaut.

Die meisten öffentlichen Haushalte haben sich nicht entschuldet. Die Schulden, die von Regierungen neu aufgenommen wurden, erreichen immer neue Rekorde. Hier kann man wirklich nicht von einer Konsolidierung sprechen. Auch wenn man die Schulden der Haushalte betrachtet kann man keinen Rückgang erkennen. Grafik 1 zeigt die Summe an Immobilien- und Konsumkrediten sowie das Gesamtvolumen der Kredite und Darlehen in der Eurozone. Bei Privathaushalten hat sich nicht viel getan, beim Gesamtkreditvolumen hingegen schon.

Die Daten sind nicht schlüssig, zumindest auf den ersten Blick. Wer sich nur die aggregierten Daten für die gesamte Eurozone anschaut, der kann kaum schlüssige Daten finden. Davon einmal abgesehen ist es auch nicht so, als seien die Gesamtschulden der privaten Haushalte und Unternehmen gestiegen. Diese liegen ca. 10% unter dem Höchststand vor drei Jahren.
Geht man etwas mehr ins Detail, dann kann man durchaus erkennen, dass die Bilanzrezession stattgefunden hat. Für Zypern, Griechenland und Italien zeigt die zweite Grafik die Differenz vom Hoch zum Tief für Immobilien- und Konsumkredite. In Italien ist die Schrumpfkur nur in Ansätzen erkennbar. In Griechenland und Zypern sind die Rückgänge beachtlich.

In den meisten Ländern findet seit einigen Monaten eine Abschwächung der Kontraktion statt. Der Rückgang des Kreditvolumens ist nicht mehr so stark wie noch im ersten Halbjahr 2014. In einigen Ländern wachsen die Bilanzen wieder. Bei Konsumkrediten in Italien gibt es ziemlich ermunternde Signale. Hier sieht es so aus, als könnte nach der langen Kontraktion wieder Wachstum stattfinden.

Die Bilanzrezession sieht man in den aggregierten Daten kaum, weil die Länder so unterschiedlich sind. Während es in Deutschland keine Kreditklemme gab und das Kreditwachstum auch solide war, waren die Kreditsummen in vielen anderen Ländern rückläufig.
Aktuell sieht es so aus als würden insbesondere Konsumenten wieder Vertrauen schöpfen und mehr Geld ausgeben. Im ersten Halbjahr dürfte der Konsum das Wachstum anschieben. Unternehmen sind noch zurückhaltender. Das kann sich ab dem zweiten Halbjahr ändern und dann wäre der lang ersehnte Aufschwung auf breiter Front endlich da.

Das wird auch vom Geldmengenwachstum bestätigt. Das Gelmengenwachstum zog im Januar deutlich an. Abbildung 3 zeigt Abschwungphasen in der Eurozone und die Jahreswachstumsrate für M1. Für gewöhnlich zeigt ein Rückgang des Geldmengenwachstums einen nahenden Abschwung an. Ebenso ist eine Beschleunigung des Wachstums ein Anzeichen für einen Wirtschaftsaufschwung. Die Zeichen für ein gutes Jahr 2015 stehen gut.

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2 Kommentare

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  • Unbedingt
    Unbedingt

    Wenn das nominale Wachstum der Summe aller realisierten Preise davon abhinge, ob mehr oder weniger Schuldenlast in den Preisen steckt, müßte man sich ernsthaft fragen, wie das zustände käme. Es könnte sich doch nur um Verschiebeffekte in der Zeit, solche über die Grenzen des betrachten Systems hinweg oder um juristische Finessen handeln. Müßte man sich nicht besser fragen: Wann ist das System optimal? Wann ist es höchstmöglich stabil? Und nicht zuletzt: Was haben die Menschen davon?

    14:22 Uhr, 06.03. 2015
  • Korelewp
    Korelewp

    Ihre Berichte sind erstklassig!!!!!

    10:35 Uhr, 06.03. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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