Kommentar
17:21 Uhr, 17.04.2020

Kann Deutschland das Beschäftigungswunder aus 2008 wiederholen?

Der deutsche Arbeitsmarkt kam in der Finanzkrise glimpflich davon. Kann dieses Wunder wiederholt werden?

Das Geheimrezept für den deutschen Arbeitsmarkt heißt Kurzarbeit. Das Konzept scheint geradezu für diese Krise gemacht zu sein. Die Politik will verhindern, dass aufgrund einer kurzfristigen Unterbrechung der Wirtschaftsabläufe Arbeitnehmer entlassen werden. Es ist nun aber einmal Fakt, dass die Aufträge wegbrechen und Unternehmen deutlich weniger verdienen. Es braucht entsprechend weniger Arbeitskräfte. Anstatt nun Arbeitnehmer zu entlassen wird Kurzarbeit eingeführt. Der Staat übernimmt einen Großteil der Kosten. Unternehmen haben den Vorteil, dass sie keine Kündigungen aussprechen müssen und die Mitarbeiter sofort wieder verfügbar sind, wenn sich die Auftragslage verbessert. Das ist weitaus günstiger als erst Kündigungen auszusprechen und dann wieder neue Beschäftigte zu suchen und einzuarbeiten...

Auch der Staat profitiert. Die Arbeitslosigkeit steigt nicht so schnell an und Arbeitslosigkeit kostet. Es ist nicht nur das Arbeitslosengeld. Wer einmal arbeitslos ist, muss gegebenenfalls umgeschult werden. Wieder einen Job zu finden dauert länger als einfach Kurzarbeit wieder zu beenden.

Das Instrument der Kurzarbeit ist wirklich gut. Man fragt sich, wieso es das nicht in jedem Land gibt. Die Vorteile werden besonders deutlich, wenn man einen Blick auf die Finanzkrise wirft (Grafik 1). Die Zahl der Arbeitslosen stieg von 3 auf 3,6 Mio. Ohne Kurzarbeit wären es vermutlich 1 Mio. mehr Arbeitslose gewesen. In Spitzenzeiten waren knapp 1,5 Mio. Beschäftigte in Kurzarbeit.


Die Arbeitslosenrate stieg von 7,6 % auf 8,3 %. Für eine so dramatische Krise war das ein wirklich guter Wert. Man denke nur an die USA. Die Rate stieg von 4,4 % auf 10 %. Dass die Arbeitslosigkeit überhaupt ansteigt, obwohl es Kurzarbeit gibt, hat viele Gründe. Über 10 % aller Beschäftigten haben befristete Verträge und viele Branchen stellen nur saisonal ein. Man denke an den Tourismus.

Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit lässt sich nicht verhindern. Wie stark dieser ausfallen wird, hängt von der Dauer der Krise ab. Jeder Tag zählt. Das zeigt auch der Anstieg der Kurzarbeit in der jetzigen Phase. Endgültige Zahlen werden leider erst mit monatelanger Verzögerung festgestellt. Im März dürften allerdings 1 Mio. Arbeitnehmer in Kurzarbeit gewesen sein. Im April könnte der Wert über 2 Mio. steigen.

Am Ende könnten bis zu 2,5 Mio. Menschen in Kurzarbeit sein (Grafik 2). In Deutschland sind 45 Mio. Menschen beschäftigt. 5,5 % aller Arbeitnehmer könnten also in Kurzarbeit gehen. Ohne Kurzarbeit würde die Arbeitslosenrate schnell zweistellig sein.


Der Arbeitsmarkt dürfte auch diesmal mit einem blauen Auge davonkommen. Kurzarbeit allein garantiert aber nicht, dass die Wirtschaft sofort wieder dort anschließen kann, wo sie unterbrochen wurde. Das Einkommen während der Kurzarbeit ist niedriger und die Arbeitslosigkeit wird ansteigen. Der Konsum wird einen Dämpfer erhalten.

Ebenso ist Deutschland von der Nachfrage aus dem Ausland abhängig. Als Exportweltmeister bleibt die Auftragslage mau, wenn die Nachfrage in anderen Ländern nur zaghaft ansteigt. Davon müssen wir ausgehen. Nach derzeitigem Stand sollte sich das Beschäftigungswunder aus der Finanzkrise dennoch wiederholen lassen.

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten