Kommentar
22:33 Uhr, 22.03.2011

JPMCCI: Kurvenneutral in Rohstoffe investieren

Für die Konstruktion von Rohstoffindizes gibt es zahlreiche Ansätze. Den wohl verständlichsten davon lieferte Jim Rogers mit seinen RICI-Indizes: In den Index muss, was wir täglich brauchen. Doch ist das auch der beste Ansatz? Da scheiden sich die Geister. In Verbraucherpreisindizes werden Rohstoffe nach ihrer ökonomischen Relevanz gewichtet, bei anderen spielen die handelbare Liquidität oder die Menge der weltweiten Produktion eine Rolle. So richtig einig ist man sich noch nicht, was die richtige Bauanleitung für Rohstoffindizes ist. Bei Aktienindizes ist es schon immer üblich, eine Gewichtung der Einzelaktien nach ihrer Marktkapitalisierung vorzunehmen. Eine Siemens ist einfach rund fünfmal schwerer als eine adidas-Aktie und wird entsprechend höher im DAX gewichtet. Was die Marktkapitalisierung bei Aktien ist, ist das emittierte Kreditvolumen bei Anleihen. Und bei Rohstoffen? Da ist es das Open Interest, meint J.P. Morgan und hat gleich einen ganzen Index nach diesem Prinzip konstruiert.

Das Open Interest ist ein Indikator für die Zahl der offenen Positionen, die von Marktteilnehmern in einem bestimmten Rohstoff-Terminkontrakt gerade gehalten werden. Wenn neue Positionen eröffnet werden, steigt das Open Interest, wenn Positionen geschlossen werden sinkt es. Das Open Interest ist auch ein Indikator für die Relevanz, die Marktteilnehmer einem bestimmten Kontrakt und dessen Lieferzeitpunkt beimessen.

Der J.P. Morgan Commodity Curve Index, für den Vontobel nun exklusiv Zertifikate emittiert hat, gewichtet Rohstoffe nach ihrem Open Interest. Voraussetzung für die Aufnahme in den Index ist jedoch zunächst, dass er an einer amerikanischen oder britischen Börse gelistet ist, in US-Dollar gehandelt wird, dass ein physischer Markt dahinter steht und mindestens ein gesamtes Open Interest von 250 Millionen Dollar vorhanden ist. Wenn ein Rohstoff all diese Kriterien erfüllt hat, wird im nächsten Schritt das Open Interest dem gesamten Open Interest aller Rohstoffe gegenübergestellt. So wird die Allokation eines jeden Rohstoffs ermittelt. Insgesamt sind 36 Rohstoffe enthalten (siehe Grafik), wobei exemplarisch US-Leichtöl genannt sei, das im JPMCCI einen Anteil von 21,5% hat, oder LME-Kupfer (7,7%) und Weizen (3%) - wobei bei Weizen neben dem allgemein bekannten CBOT Weizen auch die höherwertigen Sorten aus Kansas und der Sommerweizen enthalten ist, der an der MGE in Minneapolis gehandelt wird. Durch die Open-Interest-Allokation entsprechen die Gewichtungen der einzelnen Rohstoffe genau dem Wert, wie stark ein Rohstoff relativ zu anderen "kapitalisiert" ist.

Terminkurve: Neutral?

Als der GSCI Index im Jahr 1991 erstmals berechnet wurde, investierte er ausschließlich in den nächstfälligen Future. Er ließ dabei alle weiter in der Zukunft liegenden Kontrakte außer Acht. Sieben Jahre später, als der DJ-UBSCI erstmals berechnet wurde, hatte sich das Open Interest vom nächstfälligen weiter entlang der Terminkurve verschoben. Im Jahr 1991 lag die durchschnittliche von Investoren gehaltene Kontraktlaufzeit bei WTI-Öl bei knapp unter acht Monaten - im April 2008 war sie schon bei fast 15 Monaten angelangt. Das Konzept der Gewichtung nach Open Interest unter allen Rohstoffen führt der JPMCCI auch entlang der Terminkurve bei Einzelrohstoffen fort. Investiert wird also nicht nur in den nächstfälligen Kontrakt, sondern entlang der gesamten Terminkurve. Dabei wird zunächst das durchschnittliche Open Interest für jeden Kalendermonat über die vergangenen drei Jahre ermittelt. Um die Gewichtung des JPMCCI im Januar-WTI-Kontrakt zu errechnen wird zum Beispiel das durchschnittliche Open Interest von Januar 2008, 2009 und 2010 ermittelt. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:

Sehr gut zu sehen sind die Schwerpunkte, die auf den Dezemberkontrakten liegen. Diese Kontrakte werden vom Markt also als besonders wichtig angesehen. Nun werden alle Kontrakte elimiert, die einen Anteil von weniger als 3% am gesamten Open Interest haben. Die Gewichtung der Kontraktmonate bei WTI im JPMCCI sieht dann wie folgt aus:

Gut zu sehen ist, dass ein Drittel der Allokation auf den vordersten Kontrakt fällt. Dadurch, dass auch in die weiter in der Zukunft fälligen Kontrakte investiert wird, kann starkes Contango (steigende Terminkurve, orange eingezeichnet) und damit einhergehende Rollverluste verringert werden, da immer nur ein Teil der Allokation gerollt werden muss. Da auch in länger laufende Kontrakte investiert wird, lassen sich hier auch Rollgewinne erwirtschaften, wenn das späte Ende der Terminkurve fällt (Backwardation). Der JPMCCI ist also kurvenneutral, er ist aber nicht als optimierter Index ausgerichtet. Diese optimierten, zur Bekämpfung von Contango und Rollverlusten angelegten Indizes vermeiden meist den nächstfälligen Kontrakt, da dieser in den meisten Fällen das stärkste Contango zum nächstfälligen Kontrakt aufweist. Diese Indizes performen in Marktphasen, in denen starkes Contango vorherrscht, stärker als kurvenneutrale Indizes wie der JPMCCI, sind aber weniger repräsentativ für die Preisentwicklung, die täglich in den Zeitungen und Medien beobachtet wird. Denn hier wird immer der Preis des nächstfälligen Kontraktes genannt.

Futures, zu deutsch: Terminkontrakte verbriefen das Recht, sich eine spezifische Menge eines Rohstoffs in einer im Voraus feststehenden Menge an einen ebenfalls im Voraus feststehenden Lieferort bringen zu lassen. Die genauen Modalitäten können auf den Webseiten der Börsen in den Kontraktspezifikationen nachgelesen werden. Um eine physische Lieferung zu vermeiden, müssen endfällige Kontrakte "gerollt" werden. Wenn die Terminkurve steigt, liegt ein so genanntes Contango vor. Der endfällige Kontrakt ist dann günstiger als derjenige, in den "gerollt" werden soll. Es muss also ein Kontrakt günstiger verkauft werden und ein neuer Kontrakt teurer eingekauft wird. Die dadurch entstehenden Einbußen werden als Rollverluste bezeichnet. Gewinne treten auf, wenn die Terminkurve fällt, da dann der endfällige Kontrakt zu einem höheren Preis verkauft werden kann, als der nächste Kontrakt eingekauft wird.

Das Open Interest ist bei verschiedenen Rohstoffen unterschiedlich stark entlang der Terminkurve verteilt. Bei Weizen konzentriert sich 47% des Open Interest auf den vordersten Kontrakt, bei Kupfer sind es 29%.

PMCCI konnte durch diese kurvenneutrale Allokation eine Überrendite gegenüber dem S&P GSCI und dem DJ-UBSCI erzielen:

Zertifikate für Privatanleger

Für den deutschen, österreichischen und schweizerischen Markt hat sich der Emittent Vontobel den exklusiven Vertrieb von Zertifikaten auf die JPMCCI-Indizes gesichert und bietet Indexzertifikate mit und ohne Währungsabsicherung an. "Das Produktportfolio wird in den kommenden Wochen weiter ausgeweitet", erklärt Heiko Geiger, Zertifikate-Experte bei Vontobel.

Angeboten werden Indexzertifikate mit einer Verwaltungsgebühr von 1% auf den JPMCCI Aggregate Total Return Index sowohl mit (WKN: VT044A) als auch ohne (WKN: VT044F) Währungsschutz. Die Quanto-Produkte, die gegen eine gleichzeitige Abwertung des US-Dollars während der Investitionszeit schützen, schlagen zusätzlich mit 1,9% p.a. zu Buche.

Wer die Allokation in einzelnen Rohstoffsegmenten erhöhen will, kann auch Indexzertifikate mit oder ohne Währungsschutz auf die Agrar-, Industriemetall-, Edelmetall- und Energie-Subindizes des JPMCCI erwerben. Diese Subindizes funktionieren genauso wie der JPMCCI selbst, nur sind sie auf ein Segment des Index beschränkt. Hinzu kommen noch Indexzertifikate auf zwölf ausgewählte Einzelrohstoffindizes wie Kakao, Baumwolle, Mais oder Brentöl. Das attraktive an diesen Einzelrohstoffindizes ist, dass sie ebenfalls eine Allokation entlang der Terminkurve vornehmen, was besonders bei Rohstoffen wie Weizen attraktiv ist, die eine stark steigende Terminkurve aufweisen. Diese Zertifikate gibt es allerdings derzeit nicht mit Währungsabsicherung.

Wir werden in Kürze auch Echtzeitkurse auf die Indizes mit Kurshistorie auf den JPMCCI anbieten. Alle Zertifikate auf den JPMCCI werden von Vontobel exklusiv angeboten und sind hier zu finden:

http://www.vontobel-zertifikate.de/Schnellzugriff/jpmcci-de.html

In den nächsten Ausgaben des Rohstoff-Reports gehen wir auf optimierte Indizes ein. Am Donnerstag dieser Woche bringen wir Ihnen ein Profil zum RICI Enhanced, der speziell dafür gebaut wurde, Contango zu bekämpfen.

Autor: Jochen Stanzl, Chefredakteur Rohstoff-Report.de

Der Rohstoff-Report ist ein Service der BörseGo AG

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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