Kommentar
11:31 Uhr, 26.07.2016

Japan: Wieder ein gefährlicher Immobilienboom?

Man kann nicht gerade behaupten, dass die japanische Konjunkturlokomotive derzeit kräftig dampft. Dafür gibt es an anderer Stelle eine überraschende Entwicklung.

Die Misere Japans (wirtschaftliche Stagnation, Deflation) hat viele Ursachen. Eine davon war der spekulative Exzess auf dem Immobilienmarkt in den 80er Jahren. Grafik 1 zeigt die Entwicklung der Preise für Wohnimmobilien in ganz Japan. Der Preisanstieg ist beeindruckend, doch in einzelnen Regionen war der Preisanstieg noch sehr viel größer.

In und nahe der Zentren Tokio und Osaka stiegen vor allem die Landpreise exzessiv an. Preise für Land für Wohnimmobilien stiegen an die 180 %. Landpreise für Gewerbeimmobilien stiegen gar um den Faktor 3. Der spekulative Preisanstieg übertraf die Entwicklung in den USA bis 2006/07 teilweise um den Faktor 1,5. Man kann sich also ansatzweise vorstellen wie enorm viel Luft in dieser Blase steckte.

Seit Platzen der Blase sind Immobilienpreise in Japan auf dem Rückzug. Es gab vor Beginn der Finanzkrise eine kurzfristige Stabilisierung. Der Abwärtstrend setzte sich letztlich aber bis 2012 fort. Erst als die Notenbank mit ihrem Quantitative Easing Programm begann und die Regierung ihre Ausgaben anhob, fand der Markt einen Boden.

Seit dem Tief 2012 sind die Preise 10 % angestiegen. Nach einem kurzen Knick zu Jahreswechsel setzt sich die Aufwärtsbewegung nun beschleunigt fort. Das kann man als einen Erfolg verbuchen, wenn man will. Es ist jedoch ein zweifelhafter Erfolg.

Der Anstieg der Immobilienpreise ist nicht darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerung nun plötzlich wieder an die Zukunft des Landes glaubt. Vielmehr versuchen Menschen ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Über den Kauf von Immobilien geht das ganz ausgezeichnet, denn im Vergleich zum Vermögen sind Immobilien teuer. Es lässt sich also auf einen Schlag sehr viel Geld parken.

Immobilien binden viel Eigenkapital bzw. Vermögen. Wer sein Geld loswerden möchte, hat kaum eine andere Wahl, als in Immobilien zu investieren. Reicht das eigene Vermögen nicht, um ein Haus zu kaufen, dann finanziert man den Rest auf Kredit. Diese sind so günstig wie nie zuvor. Es lassen sich Kredite mit über 30 Jahren Laufzeit für weniger als 1 % abschließen. Da muss man nicht lange rechnen, um zu erkennen, dass sich das lohnen kann.

Die Flucht in Immobilien treibt die Preise. Noch kann man nicht von einem neuerlichen Spekulationsexzess reden. Dennoch hat die Sache einen Haken, der in Grafik 2 dargestellt ist: die japanische Bevölkerung schrumpft.
Bereits jetzt, im Jahr 2016, ist deutlich zu erkennen, dass die Bevölkerung schrumpft. Dieser Trend wird sich aller Voraussicht nach fortsetzen. Die Geburtenraten sind niedrig und Einwanderung ist politisch unerwünscht. Japan bleibt ein sehr geschlossenes Land.

Nun muss man sich beim Kauf einer Immobilie mehrere Fragen stellen. Es ist ja nicht so, dass Immobilien liquide gehandelt werden können. Es handelt sich für gewöhnlich um ein Investment auf Sicht von Jahrzehnten. Entsprechend langfristig sollte man als Käufer auch denken.

Geht man von einem Zeithorizont von 30 Jahren aus, dann muss ein Käufer eine Vorstellung davon haben, was bis 2046 geschehen wird. Während man natürlich nicht weiß wie sich die Zinsen und die Inflation genau entwickeln werden, kann man absehen wie sich die Bevölkerung entwickeln wird.

Bis 2046 wird Japan 16,5 Mio. Einwohner verlieren. Der Bevölkerungsrückgang beträgt 13,5 %. Dieser Rückgang erstrecht sich zwar über 30 Jahre, doch ob dieser Rückgang nun schnell oder langsam vonstattengeht, bleibt fast unerheblich. Schrumpft die Bevölkerung, dann braucht es langfristig weniger Immobilien. Das gilt nicht nur für Wohngebäude, sondern auch für Geschäftsimmobilien. Es werden weniger Büros, Produktionsstätten und weniger Verkaufsflächen benötigt.

Unter diesen Umständen ist kaum vorstellbar, dass ein Anstieg der Immobilienpreise nachhaltig ist. Bei einem Bevölkerungsrückgang und einem daraus natürlich entstehenden Überangebot an Immobilien müssen die Preise sinken, nicht steigen. Wer nun also eine Immobilie kauft, um sein Geld zu parken, wird vermutlich mehr Geld damit verlieren als es zu 0 % Zinsen auf dem Konto zu belassen.

Das kleine Wunder auf dem japanischen Immobilienmarkt ist nicht wirklich ein Wunder. Vielmehr ist es eine Garantie dafür, dass viele Menschen sehr viel Geld verlieren werden. Ähnlich sieht es übrigens in Europa aus. Hier ist die Entwicklung nicht ganz so stark ausgeprägt, doch die Probleme sind die gleichen. Immobilienpreise fallen deswegen nicht gleich morgen in sich zusammen. Davon ist keine Rede. Wer Immobilien jedoch nicht aus Spekulationszwecken kauft und in absehbarer Zeit wieder verkauft, sollte die langfristige Entwicklung im Blick haben. In Europa droht ein ähnliches Szenario wie in Japan von 2000 bis 2001.

Lesen Sie dazu auch: Immobilien: Jetzt beginnt die Übertreibung!

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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