Japan vor dem Schulden-Crash?
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Was ist nur in Japan los? Diese Frage hat sich in den vergangenen Wochen so mancher Beobachter des Aktienmarktes gestellt. Der Nikkei 225 brach mehrmals kräftig ein und hat seit seinem Hoch in der vorletzten Woche bereits rund 15 Prozent verloren. Auch wenn der japanische Leitindex wegen der beispiellosen geldpolitischen Lockerung zuvor kräftig gestiegen war, kam der plötzliche Einbruch doch wie aus heiterem Himmel.
Was war passiert? Seit einigen Monaten pumpt die Bank of Japan (BoJ) monatlich rund 75 Milliarden Dollar durch Anleihekäufe in den Markt, was den Aktienmarkt kräftig befeuert hat. In den USA tut die Federal Reserve dasselbe, sie gibt monatlich rund 85 Milliarden Dollar für Anleihekäufe aus. Kurz vor dem Einbruch in Japan waren nun insbesondere in den USA die Sorgen gewachsen, dass das Volumen der geldpolitischen Lockerung in den kommenden Monaten reduziert werden könnte.
Aber noch etwas anderes kam hinzu: In Japan sind die Anleiherenditen wegen der erwarteten Wirtschaftserholung zuletzt gestiegen, nachdem sie jahrelang gesunken waren. Aktuell notieren die Renditen 10-jähriger japanischer Staatsanleihen aber immer noch bei obszön niedrigen 0,88%. Angesichts der Tatsache, dass die japanische Notenbank mit ihrer expansiven Geldpolitik innerhalb von zwei Jahren eine Inflationsrate von 2% erreichen will, ist aber ganz offensichtlich, dass die Anleiherenditen viel zu niedrig liegen. Denn welcher rationale Anleger leiht sein Geld für längere Zeit dem Staat, wenn er unter Berücksichtigung der Inflationsrate nur negative Zinsen erhält?
Quelle: www.tradingeconomics.com
Die Renditen konnten nur deshalb so weit sinken, weil die Bank of Japan die Leitzinsen seit Jahren bei null belässt und im Rahmen des Quantitative Easing wie verrückt Anleihen aufkauft und damit für eine künstliche Nachfrage sorgt, die die Zinsen zusätzlich drückt. Dabei ist die lockere Geldpolitik in Japan seit Mitte der 90er Jahre schon mehr oder weniger Dauerzustand, auch wenn es zeitlich größere Unterbrechungen gab.
Dass nun die Anleiherenditen trotz der geldpolitischen Lockerung zu steigen beginnen, ist ein ernstes Warnsignal. Denn der japanische Staat hat inzwischen einen solchen Schuldenberg aufgehäuft, dass er ihn sich eigentlich nur noch leisten kann, weil die japanische Notenbank durch ihre Aufkäufe die Anleiherenditen künstlich drückt. Die Schuldenquote im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ist in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen und dürfte in diesem Jahr astronomische 230% erreichen. Damit ist Japan höher verschuldet als alle anderen Industriestaaten.
Quelle: www.tradingeconomics.com
Bei einem drastischen Zinsanstieg würde der japanische Staat früher oder später in eine Staatsschuldenkrise schlittern. Nicht sofort, weil die meisten Anleihen mit konstantem Zinssatz begeben werden. Aber doch mit der Zeit, weil der Staat bei jeder neuen Emission von Anleihen den Anlegern höhere Zinsen versprechen muss. Irgendwann sind die Verbindlichkeiten so hoch, dass der Markt nicht mehr daran glaubt, dass alle ausgegebenen Anleihen auch fristgerecht zurückgezahlt werden können. Erst dann kommt es zu einer akuten Krise wie in Griechenland und anderen Staaten der Eurozone.
Wahrscheinlich kann die Bank of Japan durch weitere großangelegte Anleihekäufe die Renditen noch für einige Zeit künstlich niedrig halten. Aber ewig fortsetzen lässt sich das Spiel nicht mehr. Irgendwann werden die Anleger in Scharen aus dem Rentenmarkt davonlaufen. Spätestens wenn sie erkennen, dass sie nur noch wertlose Zahlungsversprechen ihrer Regierung in der Hand halten. Dann bleiben nur noch Schuldenschnitt und Währungsreform.
Japan könnte schon Probleme bekommen, wenn die Renditen wieder auf 3-4% steigen – ganz zu schweigen von den 8%, bei denen 10-jährige japanische Anleihen Anfang der 90er Jahre notierten. Weder in den USA noch in Japan haben die Notenbanken und Regierungen bisher einen glaubwürdigen Plan vorgelegt, wie die geldpolitische Lockerung zurückgefahren und die übermäßige Verschuldung reduziert werden könnte. Je mehr Zeit verstreicht, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein geordneter Exit überhaupt gelingen kann.
Oliver Baron
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