Kommentar
12:05 Uhr, 01.04.2010

Japan: Tankan-Bericht reiht sich ein in den zuletzt guten Konjunkturdaten

1. Wie stark und vor allem wie nachhaltig ist die Erholung der japanischen Volkswirtschaft? Die derzeitigen Konjunkturdaten scheinen auf einen intakten und teilweise sogar sehr starken Aufschwung hinzudeuten. In diese Richtung deuten auch die Umfrageergebnisse des jüngsten Tankan-Berichts für das erste Quartal 2010 hin. So hat sich der Saldo für die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage bei den großen Industrieunternehmen von -25 auf -14 Punkte (Bloomberg-Median: -14 Punkte, DekaBank: -10 Punkte) und bei den großen Dienstleistern von -21 auf -14 Punkte (Bloomberg-Median: -18 Punkte, DekaBank: -14 Punkte) verbessern können. In beiden Fällen sind die Anstiege höher als im Quartal zuvor, die Saldoverbesserung bei den großen Dienstleistern ist sogar die kräftigste seit Ende 2003. Die Erwartungen in den einzelnen Bereichen verbesserten sich ebenfalls, sodass durchaus vermutet werden kann, dass auch der nächste Tankan- Bericht eine weitere Aufhellung beinhalten wird.

2. Die Teilfragen haben sich insgesamt ebenfalls verbessern können: Nach einem (Fiskal-)Jahr mit fallenden Umsatzperspektiven prognostizieren die Unternehmen erstmals wieder einen Anstieg für die Umsätze. Der erwartete Zuwachs um 2,1 % gilt für das Fiskaljahr 2010 (von April 2010 bis März (2011) und wurde erstmals erhoben. Daher gibt es keinen Vergleichswert aus dem Vorquartal. Ähnliches gilt für die Investitionspläne. Auch hier wurden die Perspektiven für das Fiskaljahr 2010 erstmals abgefragt und das Ergebnis ist etwas enttäuschend, weil die Unternehmen mehrheitlich von einer schrumpfenden Investitionstätigkeit ausgehen (alle Unternehmen: -3,9 %). Mit einem leichten Rückgang um 0,4 % bei den japanischen Großunternehmen entsprach dieser Umfragewert zumindest exakt den Markterwartungen. Zudem tendieren japanische Unternehmen bei dieser Einschätzung zu Jahresbeginn häufig zur Vorsicht – Aufwärtsrevisionen sind also quasi vorprogrammiert. Geradezu optimistisch muten die Gewinnerwartungen an. Über alle Gewerbezweige und Unternehmensgrößen hinweg wird mit einem Gewinnanstieg in diesem Fiskaljahr von über 20 % gerechnet. Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe werden sehr starke Gewinnsteigerungen erwartet (50,8 %). Hier waren die Gewinne im Vorjahr sehr stark eingebrochen. Sich aufhellende Umsatzperspektiven, Potenzial für Aufwärtsrevisionen bei den Investitionserwartungen und starke Gewinnerwartungen sind eindeutige Pluspunkte bei den Teilbefragungen des Tankanberichts. Allerdings agieren die Unternehmen an der Preisfront weiterhin in einem schwierigen Terrain. Zwar sinken mehrheitlich wohl die Outputpreise mit einem etwas geringeren Tempo, gleichzeitig steigen die Inputpreise erstmals wieder an. Somit sind die Gewinnsteigerungen kaum mit Umsatz-, sondern mit Produktivitätssteigerungen zu erzielen.

3. Die Teilfragen zur Finanzierungssituation der Unternehmen sind auch im ersten Quartal weiter auf Entspannungskurs. Der Anteil der Unternehmen, die ihre eigene Finanzierungslage als entspannt („easy“) einschätzt, ist erneut gestiegen im Vergleich zum Anteil derjenigen Unternehmen, die sie als angespannt („tight“) ansieht. Insgesamt überwiegt aber noch immer die Anzahl derjenigen Firmen, die die Finanzierungslage als problematisch beurteilt. Dies gilt allerdings nur noch für die kleineren Unternehmen. Sowohl große als mittlere Unternehmen bewerten ihre Finanzierungslage als tendenziell entspannt. Auch bei der Frage nach dem Kreditgewährungsverhalten von Finanzinstitutionen stieg im ersten Quartal der Indexwert für alle Unternehmensgrößen fast gleichermaßen an, blieb aber im negativen Bereich. Nur im Falle der großen Unternehmen erreicht der Umfragewert bereits den positiven Bereich („accommodative“), während er besonders bei kleineren Unternehmen noch negativ ist („servere“).

4. Der Tankanbericht fiel weitestgehend unseren Erwartungen entsprechend gut aus. In den vergangenen Monaten wurden teilweise erstaunlich gute Konjunkturdaten gemeldet. So befindet sich die Beschäftigungsentwicklung auf Erholungskurs und die Arbeitslosenquote dürfte ihren Hochpunkt hinter sich gelassen haben. Auch die Hinweise zur Investitionstätigkeit und zur Konsumtätigkeit im ersten Quartal sind bislang recht positiv gewesen. Dass die Exportentwicklung etwas von ihrer extrem hohen Dynamik verloren hat, ist daher zu verkraften. Es sind also mehr und mehr die inländischen Wachstumsstützen die nun die wirtschaftliche Expansion aufrechterhalten. Hier beginnen allerdings auch die Fragezeichen, denn es ist durchaus möglich, dass diese inländischen Wachstumsstützen nicht selbst tragend sind, weil sie durch das Ende vergangenen Jahres verabschiedete Konjunkturpaket initiiert worden sind. Die Erfahrung mit japanischen Konjunkturpaketen der vergangenen Jahrzehenten ist, dass sie nur ein kurzfristigen Strohfeuer entfachen und keinen selbst tragenden Konjunkturaufschwung auslösen. Wir revidieren daher unsere BIP-Prognose von 1,9 % in diesem Jahr auf 2,1 %, sind aber hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung weiterhin skeptisch.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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