Fundamentale Nachricht
12:52 Uhr, 24.11.2014

Japan scheitert

Japan versucht sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen – und scheitert. Selbst Abenomics Anhänger werden so langsam nervös. Japan steht vor dem Kollaps.

Diejenigen, die die Abenomics zu verantworten haben, werden von Tag zu Tag nervöser. Das Konzept von Shinzo Abe die Wirtschaft über die Notenpresse wieder in Gang zu bringen hat viele Anhänger. Die Abwertung des Yen, hervorgerufen über eine nie dagewesene Geldschwemme der Notenbank, sollte die Inflation ankurbeln. Gleichzeitig sollte sich der Staat durch Steuererhöhungen sanieren und Wirtschaftsreformen durchgeführt werden. Während die Notenpresse schneller druckt als man schauen kann, gehen die Sanierung des Staatshaushalts und die Reformagenda im Schneckentempo voran. Zu allem Überfluss gibt es in Japan demnächst Neuwahlen.

Die Neuwahlen wurden von Regierungschef Abe selbst herbeigeführt. Er sieht schwindenden Rückhalt für seine Agenda. Mit einer Bestätigung der Wähler will er seinen Kurs gestärkt weiterverfolgen. Ob das gelingt, sehen wir in wenigen Wochen. Bereits im Dezember wird gewählt. Vorgezogene Wahlen haben in Japan eine gewisse Tradition und sind schon fast Routine. Trotzdem muss man sich ernsthafte Sorgen machen, denn Abe lässt sich neu wählen, weil die Bevölkerung nervös wird, sondern weil seine eigenen Kollegen immer mehr Zweifel haben und diese auch öffentlich äußern, was sehr ungewöhnlich ist.

Der Finanzminister äußerte sich vergangene Woche öffentlich zum Wechselkurs des Yen. Bisher lautete sein Kredo, dass er Wechselkurse nicht kommentiert. Das hat er nun gebrochen und dafür gibt es auch einen Grund. Die Abwertung geht vielen Regierungsmitgliedern inzwischen zu schnell. Seit Ankündigung einer Ausweitung der Lockerungsmaßnahmen der Notenbank hat der Yen gegenüber dem USD über 12% verloren. Das ist gerade einmal einen guten Monat her. Das sind Bewegungen wie wir sie sonst nur aus generell volatilen Märkten kennen, wie z.B. Indonesien, Südafrika, Simbabwe. Zugegeben, Simbabwe ist vielleicht eine Übertreibung. Wenn die Japaner aber ihre eigene Politik nicht bald unter Kontrolle bekommen, dann ist das Szenario gar nicht mehr so absurd.

Sowohl Politiker als auch viele Notenbanker und Analystenhäuser sehen einen USD/JPY Kurs von 120 als optimal an. Über dieses Ziel wird Japan wohl hinausschießen. Zudem bringt die Abwertung kaum etwas. Seit Beginn der Abenomics hat die Währung über 50% abgewertet. Güter aus Japan sind quasi spottbillig und trotzdem stagnieren die Exporte bzw. wachsen deutlich langsamer als erwartet. Das liegt vor allem daran, dass japanische Unternehmen in den vergangenen 15 Jahren ihre Produktion mehr und mehr ins Ausland verlegt haben, als kein Ende der Aufwertung der Währung in Sicht war. Die japanische Wirtschaft ist, was die Produktion angeht, zu ausgehöhlt als dass sich hier schnell etwas tun könnte. Die Produktion zurück ins Land zu holen braucht Jahre.
Die Staatsfinanzen werden auf absehbare Zeit nicht saniert. Nach der Mehrwertsteuererhöhung im Frühjahr schrumpfte die Wirtschaft im zweiten Quartal. Der Schrumpfkurs setzte sich im dritten Quartal fort. Nun sollen weitere Steuererhöhungen erst 2017 folgen, anderthalb Jahre später als geplant. Unter anderem wegen der erneuten Rezession will Abe sich bestätigen lassen, denn einen deutlicheren Hinweis, dass die Politik nicht funktioniert, kann man eigentlich nicht bekommen. Trotzdem will er weitermachen und so wahrscheinlich ein Desaster herbeiführen. Möglicherweise ist es sogar schon zu spät das Desaster zu verhindern.
Die Währung ist ein guter Anhaltspunkt für die Gesundheit einer Wirtschaft. Natürlich sollte der Yen auch abwerten, allerdings insgesamt doch etwas langsamer. Der Yen steht so tief wie seit über 30 Jahren nicht mehr. Wer auf die Kurszettel blickt, fragt sich, woher diese Einschätzung kommt. Diese Einschätzung kommt von der japanischen Notenbank und beruht auf dem realen Wechselkursverhältnis von Yen zu USD.

Real liegt der Wechselkurs nicht bei 117 JPY, sondern eher bei 185 JPY. Das ist so hoch wie 1982. Geht die Abwertung etwas moderater weiter, dann steht USD/JPY bald dort, wo sich das Währungspaar vor über 40 Jahren befand. 40 Jahre Aufwertung in vier oder fünf Jahren aufzuholen, das ist schon gewaltig. Wenn Japan Pech hat, dann geht es sogar noch sehr viel schneller. Die Abwertung der Währung um 12 in 4 Wochen ist de facto schon ein Kollaps. Es gibt inzwischen erste Stimmen in Japan, die Interventionen zugunsten des Yen fordern.

Solche Forderungen zeigen, wie absurd die Situation ist. Die Währung sollte ja geschwächt werden, nun geht es zu schnell. Die Notenbank kann ihre gerade erst angekündigte Ausweitung nicht zurücknehmen. Das wäre destabilisierend. Es könnte Anleger zu der Überzeugung treiben, dass die Abenomics endgültig gescheitert sind. Das muss vermieden werden. Daher soll einerseits weiter gedruckt werden, anderseits soll die Notenbank den Yen durch Interventionen stützen. Das ist so absurd, dass man es gar nicht in Worte fassen kann.

Was auch immer bei den Wahlen geschieht, es könnte zu spät sein. Die Politik kann nicht mehr zurück. Werden die Abenomics zurückgenommen, dann gibt es zwei Szenarien, die beide nicht schön sind. Entweder kehrt Geld aus dem Ausland zurück und der Yen gewinnt sehr schnell zu viel an Wert oder Anleger flüchten aus dem Yen, weil sie keine Hoffnung mehr für die Wirtschaft haben. Wird Abe wiedergewählt und geht es munter weiter, dann droht ebenfalls der Kollaps. Was seit zwei Jahren keinen Effekt hatte, hat auch in den kommenden zwei Jahren keinen Effekt. Das einzige, was die Notenbank erreicht, ist ein Vertrauensverlust. Die Notenbank hat die Bilanz auf über 50% des Bruttoinlandsproduktes aufgebläht. In 12 Monaten werden es schon an die 65% sein. Irgendwann werden Anleger erkennen, dass man das Land und die Währung nicht mehr ernst nehmen kann. Dann wird geflüchtet, was das Zeug hält. Die Währung dürfte kollabieren.

Wie man es dreht und wendet, es sieht nicht gut aus. Für mich ist das Scheitern Japans in den kommenden ein bis zwei Jahren die mit Abstand größte Gefahr für die Weltwirtschaft.

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16 Kommentare

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  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    ​Und wem haben wir diesen Schwachsinn mit Abenomics zu verdanken: Paul Krugmann - selten so einen wirtschaftswissenschaftlichen Schwachkopf gesehen.

    23:15 Uhr, 24.11. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • Löwe30
    Löwe30

    Was Japan erlebt, ist nichts anderes, als dass jeder Aufschwung, der auf einer Ausweitung der Geldmenge beruht, bereits die Saat für den späteren unausweichlichen Niedergang in sich trägt. Weshalb? Das erklärt sehr gut dieser Artikel hier: http://www.misesde.org/?p=8941

    18:31 Uhr, 24.11. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • student
    student

    ​Japan hätte die historische Chance, sich an dem Seidenstrassen-Projekt zu beteiligen, das von China gestartet wurde, um ganz Eurasien wirtschaftlich zu entwickeln. Rußland und Indien arbeiten nach Kräften daran - und ernten dafür den Erfolg. Aber Japan ist es verwehrt, da Japan seit Ende des Zweiten Weltkriegs zum politischen und militärischen Vasall der USA geworden ist - genau wie die Bundesrepublik.

    Statt wirtschaftlichem Aufschwung verordnen die USA Japan genau wie uns den Schierlingsbecher von wachstumsfeindlichem Gelddrucken und militärischer Aufrüstung gegen die BRIC-Staaten. Seit das Projekt S E I D E N S T R A S S E Gestalt annimmt und Verbindungswege von China Richtung Westen entstehen, wird die gesamte Ölregion vom Persischen Golf über dem Schwarzen Meer bis nach Rußland in Brand gesteckt. Als FIREWALL , um gegenseitige wirtschaftliche Entwicklung und eine Vorreiterrolle Deutschlands als Konjunkturlokomotive Europas zu verhindern.

    Die Anrainerstaaten an der Seidenstrasse Ukraine, Aserbaidschan, Iran, Irak, Türkei, Kasachstan, Rußland, Afghanistan, Indien, Pakistan, Usbekistan usw. sollen daran gehindert werden ihre eigenen Rohstoffe zur wirtschaftlichen Entwicklung einzusetzen.

    Vor diesem Hintergrund versteht man die marodierenden Söldnerhorden der "Isis" und der ukrainischen Armee, die rein zufällig amerikanische Waffen erbeuten und zugunsten von Dollar und Rohstoffkonzernen einen Krieg gegen den "TERROR" entfachen.

    18:11 Uhr, 24.11. 2014
  • P_44
    P_44

    ​Der Yen ist um 50% gefallen? Da könnte man ja glatt noch einmal über einen Urlaub in Japan nachdenken :-)

    17:48 Uhr, 24.11. 2014
  • Löwe30
    Löwe30

    Sehr guter Artikel. Er zeigt, dass Geld drucken früher oder später immer dazu führt, dass die Wirtschaft zusammenbricht und es keinen Ausweg gibt.

    Die USA sind nach meinem Eindruck auch noch lange nicht über den Berg, obwohl sie Billionen von Dollar produziert haben. Auch die FED wird ihren jetzigen Kurs bald wieder aufgeben und ein neues QE Programm starten.

    Auch in Europa hat man offensichtlich noch nicht begriffen, dass man mit dem Drucken von Geld keinen Wohlstand für alle schaffen kann, denn da startet man ja jetzt so richtig mit dem Drucken von Geld.

    Man kann der Schweizer Goldinitiative angesichts dieser Fehlentwicklung nur Erfolg wünschen. Die Schweizer hätten dann wenigstens eine Chance ihren Wohlstand langfristig zu sichern. Aber vermutlich wird der Druck der Zentralplaner auf die Bürger so groß, dass sie einknicken und mit nein stimmen.

    17:42 Uhr, 24.11. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • Brigand
    Brigand

    ​wenn ich mir die Preise hir im Lande anschaue frage ich mich welche Japanischen Produkte den billiger geworden sind?? Autos z.B. sind es schon mal nicht...

    14:49 Uhr, 24.11. 2014
  • Ski-Ghost
    Ski-Ghost

    Hallo Herr Schmale,

    was bedeutet das für den Nikkei ?

    13:24 Uhr, 24.11. 2014
  • Austrochris
    Austrochris

    ​Dazu kommt das die Amerikaner Q4 nach Japan exportiert haben .

    (Getarntes QE 4: Die Operation Tokio-Twist )

    Was da am Ende rauskommt wissen wir. der japanische Kollaps wird weltweit dramatische Folgen haben und die Edelmetalle im völlig neuen Glanz erscheinen lassen, wenn man es vorweihnachtlich ausdrücken will.

    13:16 Uhr, 24.11. 2014
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    ​Wäre ich Lehrer, würde ich Ihnen für diesen Beitrag eine 1 mit Sternchen geben. Schicken Sie den Artikel doch bitte auch die Ökonomen Krugman, Stieglitz, Rogoff und Bofinger. :-))))

    13:07 Uhr, 24.11. 2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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