Kommentar
06:10 Uhr, 20.12.2016

Japan: Der Nikkei lässt US-Indizes alt aussehen

Die USA haben in diesen Tagen die Aufmerksamkeit der Börsianer gepachtet. Der Dow Jones nahe eines großen Meilensteins und Trump verdrängen andere Themen. Dabei geht es nicht nur an US-Börsen rund.

Auch wenn in den USA derzeit jeder Punkt mehr im Dow Jones gefeiert wird und alle auf das Erreichen der 20.000 Punkte Marke warten, kann man über diese Rekordjagd in Japan nur lachen. Der Nikkei hat seit Juli 30 % zugelegt. Die meisten US-Indizes, darunter Dow Jones und S&P 500, haben gerade einmal die Hälfte davon erreicht. Dieser Kurszauber kommt nicht von ungefähr. Heimlich arbeiten sich das Land und die Unternehmen aus der Wachstumsdelle zwischen Sommer 2015 und Sommer 2016 heraus.

Unverhofft gesellt sich noch eine Revision des Wirtschaftswachstums hinzu. Nach ursprünglichen Schätzungen wuchs Japan im Jahr 2013 um 1,4 %, im Folgejahr um 0 % und 2015 um 0.6 %. Nun stellt sich heraus, dass es deutlich mehr war und zwar 2 % in 2013, 0,3 % in 2014 und 1,2 % im vergangenen Jahr. Diese Revisionen isoliert betrachtet erscheinen nicht der Rede wert. Eine Revision nach oben um 0,3 Prozentpunkte ist nicht wirklich spektakulär, doch bei einem Land, welches in den letzten vier Jahren im Durchschnitt weniger als 1 % pro Jahr wuchs, ist das viel.

Das Wachstumswunder ist kein Zufall. Japan hat die Berechnung der Wirtschaftsleistung umgestellt. Diese Umstellung erfolge in anderen Ländern bereits früher. Sie inkludiert nun auch Forschung & Entwicklung in der Berechnung, die früher als "Zwischengüter" nicht beachtet wurden. Die Anpassung der Berechnungsmethode ist kein ausgedachtes Mittel der Regierung, um das Wachstum besser erscheinen zu lassen, sondern eine Anpassung an internationale Berechnungsmethoden.
Der Zeitpunkt kommt vermutlich gelegen. Die Zahlen dürften in Zukunft etwas besser aussehen als bisher. Zumindest psychologisch ist das wohl wichtig, denn real ändert sich ja nichts. Neben dieser "statistischen Semantik" in der Berechnungsmethode gibt es aber auch harte Fakten, die für Japan sprechen. Diese Fakten sind in Grafik 2 dargestellt.

Gezeigt wird die Entwicklung der Unternehmensgewinne. Dank der Yen-Abwertung legten sie zu. Dann hörte die Abwertung auf und kehrte sich um. Die Gewinne gingen entsprechend zurück. Der Gewinnrückgang lag vom Hoch zum Tief bei 17 %. Dagegen war die US-Gewinnrezession ein Kindergeburtstag.

Dank neuerlicher Abwertung des Yens könnten japanische Unternehmen bereits Anfang 2017 neue Rekordgewinne ausweisen. Der Nikkei hat im Vergleich dazu noch Aufholpotenzial - zumindest theoretisch. Japanische Aktien sind im historischen Vergleich nicht überbewertet, allerdings sind sie generell hoch bewertet. Das KGV liegt selbst bei neuen Rekordgewinnen bei ungefähr 30. Dagegen sind US-Aktien schon fast wieder ein Schnäppchen.

Wie dem auch sei, Japan hat sich in den letzten Monaten aus einem Loch gegraben. Durch die rasche Aufwertung des Dollars in den letzten Wochen wird der Prozess noch beschleunigt. Vordergründig ist alles in Ordnung und die Lage verbessert sich. Dahinter steckt jedoch, wie zuletzt auch, fast ausschließlich die Bewegung des Yens. Das ist kein robustes und nachhaltiges Wirtschaftsprogramm.

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • Bigdogg
    Bigdogg

    Schön, dann haben sich die Japaner an ein ausgedachtes internationales System angepasst. Was davon zu halten ist wissen wir ja. Da zählt Prostitution, Schwarzarbeit und weiß der Teufel was dazu. Die Revision ist nichts wert (genau so wie bspw. die US-Arbeitsmarktdaten - nicht das die deutschen viel besser wären

    08:45 Uhr, 21.12. 2016
  • einfach
    einfach

    herr schmale

    wieder einmal haben sie einen der wichtigsten teilnehmer dieses aufschwungs im nikkei vergessen, die boj hat freundlicherweise auch ein wenig zugelangt ;))

    08:19 Uhr, 20.12. 2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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