Kommentar
16:16 Uhr, 02.10.2018

Italien - Ist das der Anfang vom Ende der Eurozone?

Zu Wochenbeginn ist das wichtigste Ereignis des Septembers schon wieder vergessen. Die Börse feiert USMCA (Nachfolger von NAFTA) und steigt. Dabei verdient der Haushaltsentwurf Italiens doch noch Aufmerksamkeit.

Italiens neue Regierung meint es gut mit dem Volk. Es soll ein Grundeinkommen geben und früher in Rente gehen soll auch möglich sein. Es wird Geld verschenkt, Geld, das Italien nicht hat. Trotzdem sind die Mehrausgaben des Staates nachvollziehbar.

Italien stagniert seit Jahren. Das hat dazu geführt, dass Italien inzwischen zu den ärmsten Ländern Europas gehört. Der Anteil der Bevölkerung, der unter schwerer Armut leidet, ist nur in Zypern und Griechenland höher (Grafik 1). Zypern holt allerdings auf und wird in ein bis zwei Jahren Italien überholen.

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Italiens Regierung will die Armut durch höhere Schulden bekämpfen. Das ist löblich. Es zeigt aber auch das große Dilemma. Die Regierung kann kurzfristig mehr Geld ausgeben und die Schulden erhöhen. Langfristig führt dies wohl aber zu einer Katastrophe.

Die Schuldentragfähigkeit Italiens ist schon jetzt mehr als zweifelhaft. Bei höheren Haushaltsdefiziten ist es dann nur eine Frage der Zeit, bis die Zinsen auf ein Niveau steigen, welches sich der Staat nicht mehr leisten kann.

Geht Italien bankrott, ist damit auch niemandem geholfen, auch den Bürgern nicht. Kann sich der Staat kein Geld mehr leihen, kommt es erst recht zu einem Anstieg der Armut. Das Dilemma ist damit klar definiert: Wie kämpft man ohne zusätzliche Schulden Armut?

Eine mögliche Antwort wäre: Reformen. Wie gut das funktioniert, hat Griechenland gezeigt, nämlich so gut wie gar nicht. Irgendwie befindet sich Italien in einer Sackgasse. Das zeigen inzwischen auch die Zinsen.

Im Mai gab es kurzfristige Panik (Grafik 2). Die Zinsen der zweijährigen Staatsanleihen stiegen auf knapp 3 % und rentierten fast so hoch wie die 10-jährigen Papiere. Die Aussage des Marktes war klar. Es wurde vermutet, dass der Spuk schnell wieder vorbei sein würde und 10-jährige Anleihen nach wie vor einigermaßen sicher sind.

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Nun hat sich die Aussage umgekehrt. Der Markt verlangt zwar höhere Zinsen über alle Laufzeiten, allerdings ist der Anstieg am kurzen Ende der Zinskurve lange nicht so dramatisch wie im Frühjahr. Dafür steigen die Langfristzinsen auf neue Hochs. Der Markt geht davon aus, dass die kurzfristigen Schulden ohne Probleme bedient werden können. Bei den langfristigen Schulden ist man sich immer weniger sicher.

Das unterscheidet die heutige Situation von jener im Frühjahr. Es erinnert zudem an die Systematik der Eurokrise. Es ist gut möglich, dass wir hier die Neuauflage dieser Krise erleben. Ein Urteil darüber ist verfrüht. Es wäre nicht das erste Mal, dass diese Angst aufkommt und sich dann auch wieder verflüchtigt.

Die italienische Regierung hat sicherlich gut gemeinte Intentionen. Helfen werden sie Italien langfristig nicht. Stattdessen können sie zu einem Niedergang der Eurozone führen, was zugegebenermaßen nicht jeden stören wird. Als Anleger sollte man das Thema jedenfalls unbedingt verfolgen, um böse Überraschungen zu vermeiden.

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19 Kommentare

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  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    tja Jungs dann kauft doch endlich mal Aktien dann brauche ich meine nicht mehr absichern

    21:58 Uhr, 02.10.2018
  • AndyBörse
    AndyBörse

    Tja viele können mit Optionen kein Geld verdienen, wenige schon ;-)
    Sportwetten: Das ist ne andere Fangemeinde :-(
    Gold: Wo war Gold 2016?
    So, und jetzt allen einen schönen Feiertag und ein schönes Wochenende.

    N8

    Ach so Italien, ist doch Super wenn ich mal wieder in Italien ein Mortadellabrötchen für 2.000 Lira bekomm. :-)))

    20:44 Uhr, 02.10.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Shiller
    Shiller

    Alles Bla, bla, bla! So lange die BigPlayer Gold wieder Runterhandeln ist alles in Butter! Gold ist der Crash-Indikator! Charttechnik ist vage! Angebot und Nachfrage, nicht mehr, nicht weniger! Bei vielen deutschen/europäischen Aktien ist der KGV weniger wie Zehn, alles gut! Wer verkauft da schon als Investor... Wenn die ganze Tradergemeinde endlich Aktien kaufen würde, und nicht diese ganzen S...-Derivate, dann würde der Markt nach oben explodieren!!! Fakt ist, die meisten Trader zählen bis zwei, und nicht bis drei!!! Investiert sein und abwarten! Derivate sind nutzlos, kein Anspruch, keine Dividende; wer das will, kann gleich Sportwetten abschliessen! Mal darüber nachdenken, liebe Fibonacci-Freaks!

    20:31 Uhr, 02.10.2018
  • wolp
    wolp

    Stellenbosch ist prima. Und was bella Italia angeht. Don't panic

    20:15 Uhr, 02.10.2018
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    Jeder vierte Immobilieneigentümer über 69 Jahre hat sein Haus oder die Eigentumswohnung noch nicht voll abbezahlt. Das zeigt eine Untersuchung der Deutschen Leibrenten AG in Zusammenarbeit mit dem Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln, die der „Welt“ vorliegt.

    Und wer bis zum Rentenalter noch nicht schuldenfrei ist, zahlt offenbar auch noch im hohen Alter die Hypothek ab. Unter den 69- bis 79-Jährigen liegt der Anteil der Immobilienschuldner noch bei 22 Prozent. Bei den 80- bis 92-Jährigen steigt er auf 24 Prozent.

    18:54 Uhr, 02.10.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Gänseblümchen
    Gänseblümchen

    mittlerweile sind es sogar sagenhafte 53%::))

    18:29 Uhr, 02.10.2018
  • Hoeli
    Hoeli

    Vor ein paar Monaten gab es hier auf Godmode mal einen Artikel über die Vermögensverteilung in Europa.

    Im Median hatte der gemeine Italiener 2017 ein Pro-Kopf-Vermögen von 124.000 Euro, während eine Deutscher im Schnitt auf 47.000 kam. Bei Erwachsenen lag das Verhältnis 223.000 zu 203.000 für Italien.

    Mir ist natürlich klar, dass Vermögen eine schlecht Größe zur Ermittlung von Armut ist, da es sich heute mehr denn je auf eine immer kleiner Gruppe von Menschen verdichtet. Dennoch passt das für mich nicht zusammen. Die Italiener sind vermögender als viele andere europäische Länder und dennoch sollen sie eines der ärmsten sein?

    Wir scheinen uns wohl mit der medialen Wahrheit anfreunden zu müssen, dass Gemüse manchmal gesund ist und manchmal eben nicht. Früher gab es wenigstens noch ein bisschen Schwarz und Weiß. Heute liegt wohl alles im Auge des Betrachters.

    17:41 Uhr, 02.10.2018
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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