Kommentar
09:36 Uhr, 29.07.2022

Ist Inflation ein Problem für Unternehmensgewinne oder nicht?

Die einen sind der Meinung, dass Inflation ein großes Problem ist, die anderen behaupten das Gegenteil. Wer hat Recht?

Inflation kommt bei Verbrauchern an, wenn Preise angehoben werden. Preisanhebungen werden von Unternehmen bestimmt. Inflation an sich senkt also nicht die Gewinne. Es sind ja gerade die Unternehmen, die höhere Preise verlangen. Daher sind einige der Meinung, dass Inflation die Gewinne nicht senkt bzw. senken kann.

Die Logik ist korrekt, aber unvollständig. Inflation sorgt für eine Umverteilung der Gewinne. Das war sowohl in den 70er Jahren als auch jetzt zu beobachten. Rohstoffunternehmen können sich vor Gewinnen kaum noch retten. Einzelhändler ächzen jedoch unter der Inflation. Sie können Preissteigerungen am Anfang der Wertschöpfungskette nicht sofort und vollständig weitergeben. Zeitgleich drückt Inflation die Konsumlaune. Umsätze und Gewinne stagnieren oder sind rückläufig, obwohl die Preise steigen.

Bei hoher Inflation kommt es zu einer Umverteilung von Gewinn. Aber wie sieht es für die Gesamtwirtschaft aus? Bleibt der Gewinn konstant oder steigt er sogar?

Die Antwort ist nicht ganz eindeutig. Tendenziell ist eine hohe Inflationsrate keine gute Voraussetzung für höhere Gewinne. Bei Inflationsraten von mehr als 7 % steigt der Gewinn nominal in einigen Fällen, in anderen sinkt er. Während der 70er Jahre stieg der nominale Gewinn eher. Dafür fielen die Gewinne nach Abzug der Inflation (Grafik 1).

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Börsenkurse sind nominal. Daher sollte höhere Inflation eigentlich nicht stören. Das Problem ist auch nicht die Gewinnentwicklung an sich, sondern die Reaktion der Geldpolitik und Politik auf hohe Inflation. Notenbanken wollen Inflation begrenzen und bremsen die Wirtschaft. Ohne diese Bremswirkung könnten die Gewinne weiter steigen.

Wenn Kurse wie jetzt fallen, liegt es nicht daran, dass Anleger Angst vor einem Gewinnrückgang aufgrund der Inflation haben, sondern Angst vor eine Rezession, bedingt durch die Reaktion der Geldpolitik auf die Inflation. Da man mit hoher Sicherheit von restriktiver Geldpolitik im Hochinflationsumfeld ausgehen kann, fallen Kurse reflexartig. Hohe Inflation bedingt über den Umweg der Geldpolitik eine Rezession.

Der Umkehrschluss (Deflation bedingt lockerere Geldpolitik und steigende Kurse) ist nicht zulässig. Noch schlimmer als hohe Inflation ist Deflation (Grafik 2). Wenn die Preise dauerhaft sinken, hat die Wirtschaft gravierende Probleme. Diese Probleme überwiegen.

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Blickt man weiter in die Vergangenheit zurück, wird das Problem der Deflation noch offensichtlicher (Grafik 3). Daten vor 1913 lassen sich jedoch nur bedingt mit der jüngeren Geschichte vergleichen. Die Federal Reserve wurde 1913 gegründet. Da heute Geldpolitik und Inflation Hand in Hand gehen, die Geldpolitik vor 1913 jedoch eine ganz andere war, kann man die Gewinnentwicklung im Inflations- oder Deflationsumfeld nicht mit der heutigen Dynamik vergleichen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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