Kommentar
07:42 Uhr, 23.03.2017

Ist die nächste Rezession näher als wir denken?

Eigentlich boomt die Wirtschaft. Alle sind sich sicher: Das geht noch Jahre so weiter. Wirklich?

Es gibt ausreichend Argumente, weshalb der Boom weitergehen sollte. Die Stimmung hellt sich in der Industrie und bei den Konsumenten auf. Das ist die Grundvoraussetzung, dass weiter konsumiert und investiert wird. Das Problem dabei: Es geschieht einfach nicht.

Derzeit warten alle ab. Das gilt für Verbraucher ebenso wie für Unternehmen. Ganz besonders deutlich wird das, wenn man das US-Kreditwachstum betrachtet. Grafik 1 zeigt die Summe ausstehender Bankkredite der Industrie und des Gewerbes. Während der Finanzkrise erhielten Unternehmen kaum noch Kredit. Sie mussten zwangsweise ihre Schulden reduzieren. Sie sanken von 1,6 Billionen Dollar auf 1,2 Billionen.

Inzwischen haben die Schulden mit 2,1 Billionen einen neuen Rekordwert erreicht. Das per se ist schon bemerkenswert, doch viel wichtiger ist der Trend. Im Aufschwung wächst die Verschuldung Monat für Monat. Es gibt kaum Ausnahmen. Seit der Wahl Trumps zum Präsidenten tut sich nichts mehr. Die Kreditsumme stagniert.

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Durch die Stagnation der Kreditsumme kollabiert das Kreditwachstum regelrecht. Das ist aus zwei Gründen bedenklich: einerseits deutete stark fallendes Kreditwachstum in der Vergangenheit auf eine Verlangsamung des Wachstums oder eine Rezession hin; andererseits zeigt es, dass von dem Optimismus in der Realwirtschaft nichts ankommt.

Unternehmen und Verbraucher sind gut gelaunt, doch anstatt jetzt zu investieren und zu konsumieren, halten sie ihr Geld beisammen. Das ist schon bemerkenswert. Sie reagieren damit zwar rational auf die Unsicherheit, doch das ist genau das Gegenteil dessen, was die Wirtschaft braucht.

Es wird auf die Steuerreform und Deregulierung gewartet. Solange diese beiden großen Vorhaben nicht im Detail bekannt sind, halten sich Unternehmen zurück. Je länger die Regierung braucht, um die Reformen vorzulegen, desto wahrscheinlicher wird ein Abschwung. Gute Laune allein bringt kein Wachstum. Es braucht schon reale Ausgaben, um für Wachstum zu sorgen.

Ein zweites Problem ergibt sich auf dem Arbeitsmarkt. Grafik 2 zeigt die US-Arbeitslosenrate zusammen mit der neutralen Rate. Die neutrale Rate ist jene, bei der die Wirtschaft bei voller Kapazität läuft, ohne für übermäßige Lohnsteigerungen und Inflation zu sorgen. In der Vergangenheit kam es mehr oder minder rasch immer dann zu einer Rezession, wenn die neutrale Rate unterschritten wurde.

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Derzeit pendelt die Rate um den neutralen Wert von 4,7 % herum. Damit ist die Gefahr einer Rezession leicht erhöht, aber nicht akut. Das wird sich im Laufe des Jahres vermutlich ändern. Unternehmen investieren zwar nicht und Konsumenten geben nicht mehr Geld aus, dafür aber werden nach wie vor viele Arbeitsplätze geschaffen. Die neutrale Rate dürfte daher in diesem Jahr soweit unterschritten werden, dass eine Überhitzung der Wirtschaft droht.

Persönlich sehe ich den nächsten Abschwung nicht gleich um die Ecke. Die vordergründig blendende Lage ist jedoch weniger rosig als die meisten glauben. Die Rezessionswahrscheinlichkeit erhöht sich gerade deutlich. Das gilt nicht nur für die USA.

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16 Kommentare

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  • dschungelgold
    dschungelgold

    Der gehtwenan kapiert einfach nicht, dass im echten Krisenfall wohl kein Mensch mehr irgend eine brauchbare Waehrung gegen die Pixelillusion tauschen wuerde. Egal wie tief die steht. Manche sind einfach hoffnungslos.

    05:45 Uhr, 24.03.2017
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Mehr Schulden die nie einer zurückzahlt auf Basis des unendlichen ungedeckten Gelderschaffung aus dem NICHTS, Zauberei

    fractional banking ;)

    13:58 Uhr, 23.03.2017
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    EX-Banker :P

    13:56 Uhr, 23.03.2017
  • Gruf
    Gruf

    Äh, ja diese offiziellen Statistiken :-)

    Warum hat Trump eigentlich gewonnen, wenn die USA bei der Beschäftigung ein kritisches Mass erreicht hat (im positiven) ?

    Bei Shadowstats schaut's schon ganz anders aus.

    Und.... " das Kreditwachstum kollabiert ... und das ist bedenklich" - hm, also haben wir zuwenig Schulden ?

    Ich mag ja Ihre Artikel, aber der könnte von einer amerikanischen Bank sein ....... :-)

    13:12 Uhr, 23.03.2017
    1 Antwort anzeigen
  • geht_wen_an
    geht_wen_an

    Stagflation...

    .

    Das System der Schulden und der unendliche Fiat's droht zu kollabieren.

    Aber hey das hat überhaupt keinen Einfluss auf den Bitcoin

    Die Prognose für das GfK-Konsumklima für April sinkt auf 9,8 Punkte und

    notiert damit leicht unter dem März-Wert von 10,0 Zählern. „Die

    gestiegene Inflation in Deutschland und damit einhergehend verstärkte Sorgen um die Kaufkraft der Einkommen

    haben offenbar eine umfassende Erholung der Verbraucherstimmung im März

    verhindert“, erklärten die GfK-Experten. Die Konjunkturerwartung und

    die Anschaffungsneigung machten zwar einen Großteil ihrer Einbußen aus

    dem Vormonat Februar wieder wett, die Einkommenserwartung habe jedoch

    zum zweiten Mal in Folge einen Rückgang hinnehmen müssen Da auch die

    Sparneigung wieder zugelegt habe, zeigte sich das Konsumklima im März insgesamt rückläufig.

    Das was gerade anläuft nennt man Stagflation

    11:03 Uhr, 23.03.2017
    1 Antwort anzeigen
  • fusilaeh
    fusilaeh

    danke fuer die tollen artikel, herr schmale.

    10:07 Uhr, 23.03.2017
  • hotte38
    hotte38

    Ich finde die Beiträge von Herrn Schmale immer sehr interessant und bin erstaunt, was er für ein Hintergrundwissen hat. Das ist schon enorm.

    08:58 Uhr, 23.03.2017
    3 Antworten anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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