Kommentar
09:05 Uhr, 05.10.2015

Ist die Fundamentalanalyse sinnlos?

Fundis vs. Charties: Ein chronischer Konflikt. Die einen halten das Linienzeichen der Charttechniker oft für Hokuspokus, die anderen belächeln den Versuch der Fundamentalanalysten, einen “fairen Wert” zu ermitteln, in dem man künftige Gewinne schätzt.

Drei israelische Professoren springen nun den Charttechnikern zur Seite. In einer Studie mit dem Titel „Talking Numbers: Technical versus Fundamental Recommendations“ untersuchten die Wissenschaftlicher Empfehlungen aus dem fundamentalen und technischen Lager über einen Zeitraum von gut drei Jahren. Basis ist eine von CNBC und Yahoo produzierte Sendung namens “Talking Numbers”, in der ein Chartie und ein Fundi gegeneinander antreten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Techniker schlugen die “Fundamentalisten”. So wirklich rundum zufrieden waren die Professoren aber mit beiden Lagern nicht.

Was bedeutet das nun? Ist die Charttechnik der Fundamentalanalyse überlegen?

Man muss sich zunächst darüber im Klaren sein, worum es überhaupt ging. Nämlich um die Prognosequalität. Sprich, kann ich auf Basis von Empfehlungen eines Analysten eine Überrendite erzielen. Und da sahen die Fundis schlecht aus.

Bedeutet dies, dass Fundamentalanalyse sinnlos ist?

Nein, keineswegs!

Aber das Grundproblem ist folgendes: Die Prämisse der Analyse ist, dass alle im Markt bekannten (und auch unbekannten=Insidertrading!) Informationen im Kurs mehr oder weniger vollständig eingepreist sind.

Wenn dies aber der Fall ist, wie soll man dann überhaupt Überrenditen erzielen, sofern man nicht über Insiderwissen verfügt? Oder Warren Buffett heißt.

Geht gar nicht: Zu diesem Schluss kommt die Random-Walk-Hypothese, die beide Analysemethoden unter diesem Gesichtspunkt als mehr oder weniger wertlos betrachtet

Wer sich aber mit Charts intensiv befasst, mag an den zufälligen Pfad nicht mehr glauben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass alle drei Ansätze davon ausgehen, dass es eine gewisse Effizienz der Preise gibt, spricht bekannte Informationen im Kurs enthalten sind (“eskomptiert”)

Die Technische Analyse arbeitet darüber hinaus aber noch mit weiteren Prämissen:

  • Kurse bewegen sich in Trends
    Die Annahme des Trendkonzepts: Der Kurs bewegt sich so lange in eine Richtung, bis sich die hinter der Bewegung stehende Nachfrage-/Angebotsstruktur umkehrt. Ein Trend ergibt sich grafisch durch die Verbindung (mittels einer Linie) von relativen Hochs/relativen Tiefs im Chart.
  • Kurse bilden Muster aus, und diese Muster wiederholen sich
    Die Geschichte wiederholt sich! Da Kurse durch die Aktionen von Menschen entstehen, die Menschen psychologische, nicht völlig rationale Wesen sind und sich die Psyche der Menschen im Verlauf der Geschichte nicht wesentlich ändert, treten in ähnlichen Situationen auch ähnliche Marktreaktionen auf. Diese Reaktionen spiegeln sich in Chartmustern wieder.

Was soll man nun tun?

Zuallererst: Eien Studie ist eine Studie: Nicht mehr und nicht weniger. Also bitte nicht zu ernst nehmen.

Weder die Fundamentalanalyse ist sinnlos noch die Charttechnik. Beide habe ihre Berechtigung.

Sie dürfen sich allerdings von keiner Methode zuviel erwarten. Es gibt KEINEN Ansatz, der Ihnen sichere Gewinne oder eine sichere Überrendite bescheren kann.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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