Kommentar
10:34 Uhr, 04.03.2020

Ist das jetzt die große Einstiegsgelegenheit?

Nach einer rekordschnellen Korrektur von über 10%, ist das nun die große Einstiegsgelegenheit?

Auf diese Frage gibt es eine kurze und eine lange Antwort. Die lange Antwort kommt zuerst. Es lohnt sich nämlich, die Fakten einmal im Detail zu betrachten und in die richtige Perspektive zu rücken. Der Crash war heftig und in vielerlei Hinsicht historisch. Panik greift um sich. In vielen Fällen ist das eigentlich ein antizyklisches Kaufsignal.

In der Praxis ist das etwas komplizierter. Der Dax steht heute dort, wo er Anfang Oktober 2019 stand. Nicht einmal die Kursgewinne eines halben Jahres wurden wieder abgegeben. Das gilt für die meisten europäischen und US-Indizes. Gefühlt war die Korrektur dramatisch, weil sie so schnell verlief. Tatsächlich aber ist der Markt heute kaum günstiger als vor wenigen Monaten. Es handelt sich kaum um ein Jahrhundertschnäppchen.

Es muss natürlich nicht immer gleich das Jahrhundertschnäppchen sein, das man sucht. Wie der Name schon sagt, gibt es das nur alle 100 Jahre. Was für eine Art Schnäppchen haben wir heute also?

Kurz gesagt: keines. Der Gesamtmarkt ist nach wie vor nicht günstig. Auf Basis der noch gültigen Gewinnschätzung für das laufende Jahr ist das KGV des S&P 500 von 19 auf 16,8 gesunken. Das spiegelt vor allem den Kursverlust wider. Mit 16,8 bewegt sich der Markt mehr oder minder im Durchschnitt der letzten 5 Jahre. Um also in Zukunft von steigenden Kursen zu profitieren, muss die Bewertung wieder steigen.

Ob die Bewertung wieder steigen kann, hängt von vielen Faktoren ab. Anleger müssen wieder Zuversicht gewinnen. Das fällt momentan schwer. Vielmehr beginnt erst die Zeit der Gewinnwarnungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Gewinne von Unternehmen in diesem Jahr stagnieren. Da die ursprünglichen Gewinnschätzungen ein Wachstum annehmen, liegt das KGV bei stagnierenden Gewinnen höher (blauer Punkt in der Grafik).

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Im Vergleich zu den letzten 5 Jahren ist der Markt dann nicht mehr durchschnittlich bewertet, sondern überdurchschnittlich. Er ist bei einer Gewinnstagnation immer noch teuer. Noch schlechter sieht es aus, wenn die Krise anhält und Europa und die USA in den kommenden Wochen ähnlich wie China lahmlegt. Dann muss man mit einem Gewinnrückgang rechnen.

Bei einem Gewinnrückgang von 10 % würde die Bewertung des Marktes plötzlich so hoch ausfallen wie noch nie in diesem Zyklus. Die kurze Antwort auf die Frage, ob der Markt ein klarer Kauf ist, lautet also ganz eindeutig: Nein.

Das bedeutet nicht, dass die Kurse überhaupt nicht steigen können. Bereits Ende 2019 habe ich auf die hohe Bewertung hingewiesen und der Markt ist trotzdem weiter gestiegen. Es braucht lediglich ausreichend Anleger, die Licht am Ende des Tunnels sehen und wieder an Gewinnwachstum glauben. Aus rein fundamentaler Sicht ist der Kursrückgang keine Gelegenheit. Dafür ist der Markt immer noch zu hoch bewertet.

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7 Kommentare

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  • Floyd Pepper
    Floyd Pepper

    hälft raus 90 Punkte, Rest SL Einstand

    14:17 Uhr, 04.03.2020
  • Floyd Pepper
    Floyd Pepper

    bin jetzt mal short bei 12184

    13:59 Uhr, 04.03.2020
  • Edka
    Edka

    Die FDA in den USA hat ja angeblich schon ein Impfstoff gegen den Virus in der Schublade

    12:10 Uhr, 04.03.2020
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Es gilt die alte Kontra-Regel: Kaufkurse sind das erst, wenn schlechte Nachrichten keine weiteren Kursverluste mehr auslösen.

    Nachdem die Behörden in den USA mit der Vorbereitung auf die Pandemie bislang auf ganzer Linie versagt haben, sollte man einfach mal abwarten, wie sich die Lage präsentiert, sobald das Virus New York und die Wall Street erreicht.

    11:51 Uhr, 04.03.2020
  • Blue Angel
    Blue Angel

    Ist KGV 16 oder 20 ist teuer?

    Immobilien haben mitlerweile KGV von 40. Komischerweise werden Immobilien gekauft, komme was wolle.

    Teuer sollte man daher ins verhältnis setzen. Also Teuer im Vergleich zu was. Anders gefragt, was ist Billig?

    10:48 Uhr, 04.03.2020
  • Joey-the-bee
    Joey-the-bee

    Sehe ich ebenso, günstig ist das noch lange nicht.

    10:47 Uhr, 04.03.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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