Kommentar
22:18 Uhr, 10.02.2016

Ist das eine globale Krise?

Der globale Krisenindikator Gold erlebt einen Höhenrausch und legt so rasch und stark zu wie seit Jahren nicht mehr. Gleichzeitig flüchten Anleger in sichere Staatsanleihen und verkaufen Aktien. Weltweit schichten Anleger ihre Portfolios um. Das tun sie nicht ohne Grund.

Erwähnte Instrumente

  • GE Aerospace
    ISIN: US3696043013Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (NYSE)
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  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren sind derzeit so beliebt wie lange nicht. Die Rendite sank zuletzt wieder deutlich unter 2 % und erreicht mit 1,8 % fast wieder die bisherigen Tiefs. Die Rendite sank Mitte 2012 kurzzeitig unter 1,5 %. Das markierte das bisherige Tief. Als Ben Bernanke dann das Ende des Anleihenkaufprogramms ankündigte, stieg die Rendite auf 3 %. Seitdem ist der Trend wieder abwärtsgerichtet.

Die Beliebtheit von US-Anleihen ist auf zwei Faktoren zurückzuführen. Sie bieten im Gegensatz zu vielen anderen als sicher geltenden Anleihen noch eine anständige Rendite und dienen als sicherer Hafen. Mit 1,8 % Rendite pro Jahr macht man keine Luftsprünge, aber Anleger können immerhin fest mit dieser Rendite rechnen. Der Markt für US-Anleihen ist zudem im internationalen Vergleich sehr liquide, sodass Anleger ihre Positionen jederzeit zu guten Preisen verkaufen können.

1,8 % sind angesichts hoher Liquidität und vor allem auch sehr niedrige Inflation gar nicht schlecht. Die Rendite liegt nach Abzug der Inflation bei über einem Prozent. In der Eurozone bekommt man deutlich weniger, wenn man auf ähnlich sichere Anleihen setzt. In Deutschland ist die Realrendite von Bundesanleihen negativ.

US-Anleihen sind im Vergleich zu vielen anderen Anleihen attraktiv, insbesondere, wenn es an Alternativen fehlt. Alternativen gibt es derzeit nicht. Aktien werden als unsicher empfunden und tendenziell verkauft. Der Markt befindet sich in einer Korrektur, die noch lange nicht vorbei sein muss. Anleger verarbeiten noch die unübersichtliche Informationslage.

Vereinfacht ausgedrückt preisen Anleger mehrere globale Trends ein. Allen voran ist da die Wachstumsverlangsamung in China. Inzwischen dürfte das jedoch bei weitem nicht mehr das einzige Sorgenkind sein. Anlegern wird langsam klar, dass die US-Konjunktur nach wie vor stark genug für weitere Zinsanhebungen ist. Der Markt empfindet weitere Zinsanhebungen als falsch. Das macht die Situation nicht besser.

Anleger gehen davon aus, dass sich die US-Notenbank mit weiteren Zinsschritten zurückhalten wird. Sie wird der Markteinschätzung vermutlich aufgrund der Turbulenzen folgen, doch ein Ende der Zinswende ist noch nicht absehbar. Da die Notenbank die Zinswende noch nicht abgebrochen hat befürchten Investoren nun, dass der Weg der Notenbank die US-Konjunktur abwürgen könnte.

Kurz gesagt: der Markt fürchtet sich vor einem Abschwung in den USA. Diese Angst überwiegt die Unsicherheiten um China, andere Schwellenlänger wie Brasilien und den Ölpreisverfall. Die US-Wirtschaft gibt weltweit nach wie vor den Ton an. Mit mehr als einem Fünftel der Weltwirtschaftsleistung würde ein Abschwung in den USA den Rest der Welt mit sich ziehen.

Da die USA der mit Abstand größte Importeur der Welt sind, würde ein Abschwung sofort auf Exportländer übergreifen. Dazu gehören Länder wie China und Deutschland. Ein Abschwung in den USA und ein Rückgang der Nachfrage nach chinesischen Importen könnte der chinesischen Wirtschaft endgültig den Rest geben und über die Klippe stoßen.

Die Ängste sind allesamt berechtigt. Die Horrorszenarien, die sich der Markt gerade ausmalt, werden so allerdings wohl nicht eintreten. Entgegen aller Befürchtungen geht es der Weltwirtschaft nach wie vor gut. Für einzelne Länder muss das nicht gelten. Dazu gehören vor allem Rohstoffexportländer. Global betrachtet ist die wirtschaftliche Dynamik nach wie vor in Ordnung und es gibt keine stichhaltigen Anzeichen, dass sich das bald ändern wird.

Wer nach einem Vorlaufindikator für die Weltwirtschaft sucht, der findet diesen in den Geschäftszahlen von General Electric. General Electric (GE) ist ein wahrhaft globales Unternehmen. GE macht Geschäfte in über 170 Ländern. Dabei werden knapp 60 % der Umsätze außerhalb des Heimatmarktes erwirtschaftet.
GE ist ein Industrieunternehmen, verkauft aber nicht nur Maschinen, sondern erwirtschaftet einen erheblichen Teil seiner Umsätze im Dienstleistungsbereich. Dieser Bereich ist vor allem auf dem Heimatmarkt stark. Der reine Industriebereich ist im Ausland stärker. Wenn man also wissen will wie es dem Rest der Welt geht, dann untersucht man das Industriegeschäft von GE.

27 % des Umsatzes werden in rohstoffreichen Ländern erzielt. Aus Asien kommen 12 % des Umsatzes und aus entwickelten Ländern der Rest, wobei die USA einen Anteil von etwas über 50 % daran haben. Im abgelaufenen Geschäftsjahr sank der Umsatz in rohstoffreichen Ländern um 3 %, in Asien stieg er um 7 %. Das asiatische Geschäft ist natürlich vor allem von China geprägt. Das Umsatzwachstum von 7 % auf Jahressicht ist ein gutes Signal. Noch optimistischer stimmen die Daten des 4. Quartals 2015. Hier lag das Wachstum bei 14 %. So schlecht kann es den asiatischen Ländern also eigentlich nicht gehen.

Noch deutlicher wird die Sache, wenn man den Auftragseingang betrachtet. Dieser schrumpfte in rohstoffreichen Regionen um 15 % auf Jahressicht und um 4 % im vierten Quartal. Der Abschwung scheint sich etwas zu verlangsamen. In Asien legte der Auftragseingang um 9 % auf Jahressicht und um 78 % auf Quartalsicht zu. Ein globaler Abschwung sieht anders aus.

Die Grafik fasst die wichtigsten Aussagen der Bilanz von General Electric zusammen. Abgebildet sind die Auftragseingänge (erst seit 2006 verfügbare Daten) und der Order Backlog. Der Order Backlog ist der Wert aller eingegangenen Bestellungen. Sowohl Bestellungseingänge als auch der Backlog laufen parallel zum Weltwirtschaftswachstum.

Die Parallelen sind seit langem groß und werden immer größer, da GE mehr und mehr Geschäft im Ausland macht. Ein globaler Abschwung würde sich sofort im Orderbuch bemerkbar machen. Die Ordereingänge sind volatil und können derzeit nicht an die Zeit von 2010 und 2011 anschließen. Das ist angesichts niedriger Rohstoffpreise nicht verwunderlich. Insgesamt ist die Entwicklung gesund und solide.

Die Zahlen zeigen eine stabile Entwicklung. 2016 ist weder mit einer Wachstumsbeschleunigung noch mit einer Verlangsamung zu rechnen. Derzeit handelt es sich bei der Einschätzung vieler Marktteilnehmer, dass eine Wachstumskrise bevorstehen könnte, um bloße Befürchtungen. Handfeste Daten, die diese Befürchtung eindeutig unterstützen, gibt es nicht. Vielmehr deuten die meisten Daten auf eine Fortsetzung des moderaten Wachstums wie im vergangenen Jahr hin.

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  • 1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Trendcode
    Trendcode

    Ich schätze Ihre Artikel sehr, aber aufgrund eines Unternehmens auf die wirtschaftliche globale Entwicklung zu schließen halte ich doch für sehr sportlich. Nun vielleicht muss man ja auch bei GM mal was positives schreiben.....

    22:55 Uhr, 10.02.2016
    1 Antwort anzeigen
  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Absolut richtig, allerdings ist Börse eben Psychlogie. Und wenn die Verrückten alle an eine Rezession glauben (wollen), was will man da tun?

    22:28 Uhr, 10.02.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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