Kommentar
09:35 Uhr, 25.06.2021

Investoren wollen Vergemeinschaftung von Schulden in der EU

Die EU beginnt damit, eine Milliardenanleihe nach der anderen auf den Markt zu werfen. Die Nachfrage ist gigantisch.

Die Kritik an EU-Schulden war vor einem Jahr groß. Im Sommer 2020 beschloss die EU ein Next Generation EU-Programm als Antwort auf die Krise. Allein dafür sollen 800 Mrd. Euro an Schulden aufgenommen werden. Das Programm erstreckt sich über mehrere Jahre und die EU wird bis 2026 die Summe bei Investoren einsammeln. EU-Anleihen sind entgegen der Konsensmeinung nichts Neues. Spätestens seit der Eurokrise vor 10 Jahren sollte das bekannt sein. Nach eigenen Angaben der EU-Kommission wurden seit 2011 über 150 Mrd. am Kapitalmarkt aufgenommen (Grafik 1). Auf der Website heißt es sogar, dass die EU seit 40 Jahren erfolgreich Anleihen ausgibt.


Die Dimension ist heute natürlich eine andere als in den vorherigen Jahren und Jahrzehnten. Next Generation EU (NGEU) ist das größte Programm mit 800 Mrd. an Finanzierungsbedarf. Bereits im vergangenen Jahr wurden 80 Mrd. für das SURE Programm aufgenommen. Dabei handelt es sich um ein Programm, das Arbeitsplätze in der Krise sichern sollte, z.B. über die Finanzierung von Kurzarbeit.

Die EU nahm das Geld auf dem Kapitalmarkt auf und stellt es Mitgliedsländern zu den gleichen Konditionen zur Verfügung. Die ersten Anleihen aus diesem Programm werden 2025 fällig. Die Hauptfälligkeiten bis 2025 fallen jedoch auf Anleihen des Stabilitätsfonds EFSM, der während der Eurokrise Staaten wie Portugal oder Irland stützte (Grafik 2).


Bereits jetzt hat die EU fast 200 Mrd. an Schulden. Am Ende, wenn alle Programme realisiert sind, werden es fast 1.000 Mrd. sein. Weniger als 50 % der Schulden sind effektive EU-Schulden. Der Rest muss von den Mitgliedsländern zurückgezahlt werden. Die EU nimmt also Geld auf und reicht es zu den gleichen Konditionen an Länder weiter. Davon profitieren derzeit fast alle Staaten.

Die Rendite für EU-Anleihen liegt zwischen der Rendite von Deutschland und Frankreich. Selbst Frankreich würde von EU-Anleihen profitieren. Italien kann sich sogar einen Zinsvorteil von 0,75 % erhoffen (Grafik 3). Die Mehrheit der EU-Länder spart durch EU-Anleihen Geld. Die Zinsen sind niedrig und die Nachfrage nach diesen Anleihen ist enorm.


Die erste SURE Anleihe im vergangenen Jahr hatte ein Volumen von 17 Mrd. Investoren gaben Gebote für 233 Mrd. ab. Die EU stellte damit einen Rekord auf. Nie war ein Orderbuch gemessen am Volumen so groß, weltweit. Investoren wollen Gemeinschaftsschulden.

Die EU kann sich fast zum Nulltarif Geld leihen. Unter diesen Voraussetzungen ist es fast nicht denkbar, dass die EU zukünftig nicht mehr auf den Markt zurückgreift. Bis ein Großteil der Anleihen unter den neuen Programmen fällig wird, vergeht viel Zeit. Der Vorsatz, alles zurückzuzahlen, ist bis dahin vermutlich vergessen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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