Kommentar
11:38 Uhr, 17.08.2020

Investoren im Goldrausch

Das gelbe Edelmetall ist seitens der Anleger gefragt wie nie. Zwar ist die Luft dünner geworden, doch Investments könnten sich auch zum jetzigen Zeitpunkt noch auszahlen. Wie sich Anleger und Trader positionieren können.

Gold blickt auf eine bemerkenswerte Entwicklung zurück. In den vergangenen Tagen und Wochen markierte das gelbe Edelmetall ein Rekordhoch nach dem anderen. Verantwortlich für die Rally ist vor allem die hohe Nachfrage der Investoren. Schon seit acht Monaten legen die Nettomittelzuflüsse physisch hinterlegter Gold-ETFs und ähnlicher Produkte zu. Allein im Juli kamen nach Angaben des Goldindustrieverbandes World Gold Council (WGC) weitere 166 Tonnen Gold im Wert von rund 9,7 Milliarden US-Dollar hinzu. Insgesamt beliefen sich die Bestände der Goldfonds Ende Juli damit auf 3.785 Tonnen – und damit auf dem höchsten jemals erreichten Niveau. Auch der schwache Dollar mag zum Run auf Gold beigetragen haben, doch auch die Euronotierung des Metalls ist seit Jahresanfang um knapp 30 Prozent gestiegen. Ist der Goldpreis schon heiß gelaufen? Tatsächlich scheint eine weitere Konsolidierung überfällig, auch wenn der Goldpreis aktuell ca. 5 % unter seinem Hoch notiert. Auf der anderen Seite gibt es stichhaltige Argumente, die mittelfristig für eine Fortsetzung der Gold-Rally sprechen könnten.

  • „Gold kostet Zinsen“, lautet ein bekannter Spruch. Aktuell sind die Opportunitätskosten von Gold so gering wie nie zuvor. Denn mittlerweile bewegen sich die Renditen von Staatsanleihen im Volumen von weltweit fast 16 Billionen US-Dollar im negativen Bereich. Zentrum dieser Minuszinsen ist vor allem Europa. Aber auch in den USA sind die Renditen stark gesunken. Dort gibt es auf 10-jährige Staatsbonds nur noch ca. 0,68 Prozent Zins – und damit ca. 1,10 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.
  • Rückenwind für den Goldpreis ergibt sich ebenfalls durch die gewaltige Liquidität, mit der Notenbanken die Märkte fluten. Mit ihren Käufen von Vermögenswerten drücken sie einerseits die Zinsen und erhöhen anderseits die Inflationserwartungen. So hat die US-Notenbank Fed ihre Bilanzsumme in der Corona-Krise seit März von 4,3 auf nahezu 7 Billionen Dollar Ende Juli ausgeweitet. Ein ähnlicher Anstieg ist im selben Zeitraum auch für die Bilanzsumme der EZB zu verzeichnen – von 4,7 Billionen Euro auf 6,3 Billionen Euro. Ein Ende dieser „Massenproduktion von Geld“ ist nicht absehbar. Ob die steigende Geldmenge tatsächlich zu einer Inflation führt, ist dabei gar nicht so wichtig. Allein die Erwartung steigender Preise könnten den Goldpreis weiter nach oben treiben. Man bedenke in diesem Zusammenhang auch, dass das Vertrauen vieler Anleger in die Geldsysteme durch die in extreme Höhe schnellenden Staatsschulden erschüttert wird.
  • Was die physische Nachfrage betrifft, könnte sich infolge des Lockdowns ein starker Nachholbedarf in wichtigen asiatischen Abnehmerländern ergeben. In Indien zum Beispiel, nach China der weltweit zweitgrößte Markt für Goldschmuck, haben die Pandemiebeschränkungen den physischen Absatz teilweise zum Erliegen gebracht. Nach Angaben des World Gold Council brach die Nachfrage nach Goldschmuck auf dem Subkontinent im Zeitraum zwischen April und Juni um 74 Prozent von 169 auf 44 Tonnen ein. Zwar dürfte auch die Unsicherheit über die Wirtschaftsentwicklung viele Inder vom Gang zum Juwelier abgehalten haben, doch in vielen Fällen könnten die Bestellungen lediglich aufgeschoben worden sein. Denn im Herbst beginnt in Indien die Hochzeitssaison, in der traditionell viel Goldschmuck verschenkt wird.
  • Auch von der Angebotsseite spricht derzeit nichts gegen einen weiter steigenden Goldpreis. Denn auch vor den Minengesellschaften hat die Pandemie nicht Halt gemacht. So fiel im ersten Halbjahr 2020 die globale Goldminenproduktion nach Angaben des World Gold Council um fünf Prozent auf 1.604 Tonnen. Dies markierte den größten Rückgang seit dem ersten Halbjahr 2014. Auch die Gold-Recycling-Aktivitäten, die immerhin zwischen 25 und 30 Prozent des jährlichen Goldangebots ausmachen, wurden durch den Lockdown beeinträchtigt. Hier war das Volumen im ersten Halbjahr ebenfalls um fünf Prozent rückläufig.

In Gold investieren. Aber wie?

Auch wenn die Goldpreisrallye schon weit fortgeschritten erscheint, könnte sich ein Einstieg also noch lohnen. Zu diesem Fazit kommt das World Gold Council. Die steigende Staatsverschuldung in Verbindung mit der expansiven Geldpolitik sowie den Opportunitätskosten des Goldbesitzes würden Anlegern gute Gründe liefern, um Gold in ihre Portfolios aufzunehmen, heißt es in einem aktuellen „Investment Update“. Für deutsche Anleger bieten sich hierfür Gold-ETCs wie Xetra Gold oder Euwax Gold an. Bei diesen Produkten ist das Gold in Hochsicherheitstresoren physisch hinterlegt. Die Anteile können jederzeit über die Börse ge- und verkauft werden. Sondervermögen wie bei ETFs stellten ETCs allerdings nicht dar. Dafür können sich Anleger bei Xetra Gold und Euwax Gold unter Beachtung von gewissen Mindestmengen und der Zahlung einer Gebühr das hinterlegte Gold ausliefern lassen. Allerdings sollten Anleger aufmerksam die Steuergesetzgebung im Auge behalten, bevor sie investieren: Laut einem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 könnten Gewinne aus Edelmetall-ETCs künftig steuerpflichtig werden.

Für Anleger, die lediglich mit kleinem Einsatz von kurzfristigen Preisbewegungen bei Gold profitieren wollen, sind ETCs eher nicht geeignet. Für solche Trades sind Hebelprodukte wie Optionsscheine oder Turbos die erste Wahl. Aktuell spricht die Chart-Technik für den Aufbau von Long-Positionen. Für Trader ebenfalls interessant sind die Aktien von Goldminengesellschaften. Insbesondere Minengesellschaften, die ihre Produktion nicht über eine längere Zeit mithilfe von Termingeschäften absichern, profitieren vergleichsweise stark von einem steigenden Goldpreis. Allerdings bergen Goldminen-Aktien wie Barrick Gold, Gold Fields oder Newmont neben dem Goldpreis auch das unternehmerische Risiko.

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