Kommentar
08:44 Uhr, 19.08.2014

Investmentrevolution ?

Kleinanlegern stehen viele Möglichkeiten des Investierens nicht offen. Viele Investments lassen sich nur als akkreditierter Investor tätigen. Akkreditierte Investoren sind z.B. Private Equity Unternehmen, Pensionsfonds, Staatsfonds, Hedge Fonds oder einfach nur wohlhabende Menschen.

In den USA kann jeder ein akkreditierter Investor sein, der über mindestens 1 Mio. USD Vermögen verfügt (ausgenommen sind hier eigengenutzte Immobilien) und ein Jahreseinkommen von mindestens 200.000 USD über mehr als 2 Jahre vorweisen kann.

Als akkreditierter Investor können Investitionen getätigt werden, die andernfalls nicht möglich sind. Dazu gehört vor allem die Investition in nicht börsengehandeltes Eigenkapital ("Private Equity"). Vor allem junge Unternehmen, die Geldquellen suchen, um überhaupt ein Geschäft aufbauen zu können, bieten Investoren Eigenkapitalanteile an. Die Unternehmen erhalten Geld für die Aufnahme der Tätigkeit oder Expansion. Die Investoren erhalten einen Anteil am Unternehmen.

In den USA ist das Funding von Unternehmen im Austausch gegen Anteile am Unternehmen noch immer akkreditierten Investoren vorbehalten. Die wenigsten wohlhabenden Einzelinvestoren machen von der Möglichkeit tatsächlich Gebrauch. Der Markt ist von Venture Capital Funds dominiert. Das könnte sich demnächst ändern. Es wird gerade für ein Gesetz lobbyiert, welches es jedem Investor ermöglicht, Start-ups zu finanzieren.

Die Möglichkeiten für Investments liegen jetzt nicht unbedingt auf der Straße bzw. muss man Anleger und Gründer zusammenbringen. Hier übernimmt das Crowd-Konzept eine wichtige Rolle. Die Crowd (Menschenmenge) ist seit einigen Jahren modern. Es gibt viele Crowdsourcing und Crowdfunding Plattformen. Letzteres darf zwar Investments an Privatanleger anbieten, aber nicht gegen Anteile am Unternehmen.

Außerhalb der Vereinigten Staaten gibt es inzwischen Crowdfunding Anbieter, die genau das tun dürfen und auch tun (z.B. www.fundedbyme.com und www.crowdcube.com). Anleger können in Start-ups investieren und so Anteile an Unternehmen erwerben.

Der Vorteil ist sicherlich, dass mehr Unternehmen überhaupt Gelder erhalten und Anleger zum ersten Mal Venture Capitalists spielen können. Wer wäre nicht gerne bei Google ein Investor der ersten Stunde gewesen?

So verlockend die Aussicht auf enorme Gewinne ist, so illusorisch ist das natürlich auch. Unternehmen wie Google und Facebook gibt es selten und sie in einem sehr frühen Stadium zu identifizieren, ist fast unmöglich. Professionelle Venture Capital Funds beschäftigen Dutzende Analysten, die Start-ups einer langwierigen Prüfung unterziehen. Und selbst dann sind die Erfolgsaussichten noch immer ungewiss. Ein Venture Capital Unternehmen, welches über z.B. 1 Mrd. verfügt, kann je nach Spezialisierung in viele Dutzend oder sogar hunderte Unternehmen investieren. Oft reicht es, wenn nur ein kleiner Bruchteil davon überlebt und erfolgreich ist.

Ein Kleinanleger hat diese Möglichkeit nicht. Wenn die ersten fünf Investments mit je 2.000 EUR weg sind, dann wird es für viele auf einen Totalverlust hinauslaufen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch. Als Kleinanleger hat man kaum die Chance eine sehr gute Due Dilligence durchzuführen und die besten Möglichkeiten aus hunderten auszuwählen. Kaum jemand wird die Ressourcen zur Verfügung haben, die notwendig sind, um die Business Pläne von hunderten Unternehmen zu durchleuchten und um festzustellen, ob das Unternehmen eine reelle Chance hat. Business Pläne klingen per Definition gut. Kaum ein Start-up wird um Gelder werben, indem sie ihr Scheitern auf 40 Seiten beschreiben. Es braucht Erfahrung und detaillierte Branchenkenntnisse, um den Business Plan beurteilen zu können.

Noch stehen Anlegern die Türen nur begrenzt offen. Das ist vielleicht auch ganz gut. Die Idee, das Konzept von Venture Capital auch nicht akkreditierten Investoren zur Verfügung zu stellen, ist gut. In der Praxis dürften aber die wenigsten in der Lage sein überlebensfähige Start-ups zu erkennen. Das Grundproblem ist, dass ein einzelner die Ressourcen nicht zur Verfügung hat, um Business Pläne zu überprüfen und das Potential unterschiedlichster Branchen zu kennen. Vielleicht lässt sich auch dieses Problem in ein paar Jahren auf sinnvolle Art und Weise durch irgendeine Crowdlösung überwinden. Bis dahin ist diese kleine Revolution wenig relevant für Anleger.

Wie kompliziert die Sache ist, zeigen auch Venture Capital Publikumsfonds. Davon gab es mal eine ganze Reihe. Die wenigsten sind noch solvent. Die Venture Capital Unternehmen, die seit Jahren auf dem Markt und wirklich erfolgreich sind, sind keine offenen Fonds. Es braucht wirklich viel Erfahrung, um langfristig in diesem Bereich erfolgreich zu sein.

Wie schwierig das ist, zeigen die Zahlen. Von 100 Start-ups überleben mehr als 66% nicht die erste Phase. Hier geht das Unternehmen bankrott, bevor es überhaupt erst so richtig mit der Arbeit begonnen hat. Investoren müssen allerdings viele Phasen durchhalten. Das beinhaltet auch mehrere Funding Runden. Die Initialfinanzierung ist oft der erste Schritt. Bis zum erhofften Gewinn folgen oftmals mehr als 5 oder 6 Runden, in denen neue Investoren an Board geholt werden oder die bestehenden nachlegen müssen. Wirklich Gewinn erwirtschaften letztlich nur 7% der Unternehmen. Davon ist wiederum nur ein kleiner Bruchteil wirklich erfolgreich.

Die Revolution für Anleger wirkt ein wenig wie eine Revolution ohne Nutzen. Warten wir’s ab.

1 Kommentar

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  • Jochen Stanzl
    Jochen Stanzl Chefmarktanalyst CMC Markets

    ​Leider ist gerade in Deutschland zu sehen dass die Menschen die DAX-Crashs der letzten Jahre so sehr fürchten dass sie sich in extrem intransparente, mit noch viel höheren Risiken behaftete Investments treiben lassen. Das ist schade. Aber aus antizyklischer Sicht einfach auch ein Zeichen dafür, dass die Aktie Potenzial hat.

    20:43 Uhr, 19.08.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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