Kommentar
08:00 Uhr, 22.06.2009

Interview: "Der wesentlichste Unterschied liegt in unserer Definition von Nachhaltigkeit"

BörseGo sprach mit Herrn Frank Haak, Director Product Management der WestLB über Lösungsmöglichkeiten in Sachen Emittentenrisiko , sowie über ein neuartiges Nachhaltigkeitsprodukt.

Herr Haak, der DAX “kratzt” nach einer mehrwöchigen Erholungsphase aktuell schon wieder an der 5.000er-Marke. Wie schätzen sie die momentane Lage an den Finanzmärkten ein?

Unser Research schätzt, dass aufgrund des sehr starken Einbruchs im ersten Quartal 2009 die Wirtschaftsleistung bereits im zweiten Quartal 2009 wieder zunehmen könnte. Aktuell halten wir an unserem Jahresziel von ca. 5.200 Punkten für den Dax fest.

Laut einer von Feri EuroRating im April durchgeführten Studie gehen gut zwei Drittel der insgesamt 23 befragten Emittenten von einem schlechten „Zertifikate-Jahr“ aus. Welche Entwicklung halten Sie für realistisch?

2009 ist sicherlich ein schwieriges Jahr für die Gesamtbranche. Nach den Wirren an den Finanzmärkten in den letzten Monaten 2008 konnte der Ausblick für 2009 auch nicht als vielversprechend gelten. Dennoch haben die Anleger sehr schnell erkannt, dass gerade Zertifikate ein geeignetes Anlageinstrument sind um auch von den aktuellen volatilen Marktsituation zu profitieren. So sind vor allem die einfachen Produktstrukturen wie Discount-Zertifikate, Bonus-Zertifikate und Aktienanleihen stark nachgefragt. Aber auch Garantie-Zertifikate, ein klarer Produktfokus der WestLB, stehen bei den Anlegern hoch im Kurs. Dennoch wird das Zertifikatejahr 2009, aus meiner Einschätzung, sehr stark von den jeweiligen Marktbewegungen geprägt werden. Sollten die aktuellen Stabilisierungstendenzen der Aktienmärkte anhalten, kehrt sicherlich auch bei mehr Anlegern der Mut zurück.

Zu welchen Produkte bzw. Produkttypen würden Sie Anlegern in dieser Situation besonders raten?

Prinzipiell sollten Anleger immer nur die Produkte kaufen die sie auch verstehen. In der aktuellen Situation lassen sich gerade mit den „einfachen“ Produkten wie Discount-Zertifikaten, Bonus-Zertifikaten und Aktienanleihen interessante Anlagealternativen finden.

Welche Papiere werden von Ihren Kunden derzeit am meisten nachgefragt?

Bei unseren Kunden sind es neben den schon bereits genannten einfachen Produktstrukturen vor allem Garantieprodukte, die auf ein reges Interesse stoßen. Hier reicht das Feld von reinen Zinsprodukten bis hin zu kapitalgeschützten Partizipationsanleihen bezogen z.B. auf einen Index.

Auch wenn das Emittentenrisiko nach der jüngsten Beruhigung etwas in den Hintergrund getreten ist, besteht es weiterhin. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf das Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe. Was hat sich der Investor darunter vorzustellen? Welche Rolle spielen dabei die sogenannten „Vivaldis“-Zertifikate?

Das Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe ist eine institutssichernde Einrichtung. Das heißt, diese Sicherungseinrichtung garantiert die Zahlungsfähigkeit aller angeschlossenen Institute. Anleger erhalten somit die Sicherheit, dass ihre Ansprüche erfüllt werden. Im Falle einer drohenden oder bestehenden Risikolage eines Mitgliedsinstituts leitet die jeweils zuständige Sicherungseinrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe Maßnahmen ein, sodass die Liquidität und die Solvenz der betroffenen Bank oder Sparkasse gesichert ist. Darüber hinaus bietet die WestLB mit der Vivaldis S.A. seit 2005 eine ergänzende Lösung zur Emission nochmals besicherter Zertifikate und Anleihen. Hierbei wird jeder einzelnen Emission ein sogenanntes Compartment, ein Teilvermögen, zugeordnet. Dieses jeweilige Teilvermögen haftet ausschließlich gegenüber den Anlegern der dem Teilvermögen zugeordneten Emission. Der Anleger ist somit vor dem Zugriff anderer Anleger auf das jeweilige Teilvermögen im Falle einer Zahlungsunfähigkeit der Emittentin geschützt. Ein solches Teilvermögen besteht i.d.R. aus einer Anleihe, z.B. einer Inhaberschuldverschreibung einer Sparkasse, und einem Derivat, dass das produktspezifische Auszahlungsprofil, z.B. eine Partizipation an einem Index, sicherstellt.

Ihr aktueller Zeichnungskalender umfasst neben zahlreichen kapitalgeschützten Produkten auch ein neues Nachhaltigkeits-Zertifikat. Worin besteht der Vorteil bzw. Unterschied zu thematisch ähnlich gelagerten Produkten?

Ich glaube der wesentlichste Unterschied liegt in unserer Definition von Nachhaltigkeit. Viele Produkte der letzten Jahre haben Nachhaltigkeit fast ausschließlich aus einem ökologischen Blickwinkel betrachtet. In unserem Ansatz ist dieser Part nur ein Teilbereich des Gesamtthemas Nachhaltigkeit. Wir betrachten das „Extra-Financial“ Research keineswegs als eine einseitige ökologische oder moralische Bewertung, vielmehr ist es ein Ansatz zur konsequenten Erweiterung der klassischen Finanzanalyse. Die WestLB hat ein international renommiertes und sehr gut vernetztes Research-Team, dass sich der Unternehmensbewertung unter nachhaltigen Kriterien widmet. Dieses „Extra-Financial“ Research legt den Fokus nicht auf die Kennzahlen der klassischen Finanzanalyse, vielmehr stehen nicht-finanzielle (extra-financial) Kriterien, die über die Kriterien der klassischen Analyse hinausgehen im Mittelpunkt des Interesses. Diese Kriterien lassen sich in drei Kategorien einordnen Enviroment (Umwelt), Social (Gesellschaft und Mitarbeiter) und Governance (Unternehmensführung) und erklären so auch direkt die Namensgebung des Produktes, dem ESG-Sustainability-Zertifkat. Im Rahmen der jeweiligen Analysen gehen mehr als 200 Kriterien je Unternehmen in die Untersuchung ein, z.B. Weiterbildung der Mitarbeiter oder auch der CO²-Ausstoß des jeweiligen Unternehmens.

Gestatten Sie uns einen kleinen Blick in ihre weitere Produkt-Pipeline für dieses Jahr?

Als führende Landesbank im Zertifikatemarkt werden wir uns bemühen dem Anleger auch im schwierigen Jahr 2009 verschiedenste Anlagealternativen für seine jeweilige Marktmeinung zur Verfügung zu stellen. Dies reicht von den schon häufig genannten einfachen Produktstrukturen über Garantiezertifikte und –anleihen hin zur Begleitung von speziellen Themen wie Inflationsschutz o.ä.

Über welche Kanäle kann sich der Anleger ein Bild von Ihrem Angebot verschaffen?

Hier ist allen voran sicherlich unsere Internetseite www.westlb-zertifikate.de zu nennen. Aber auch über seine jeweilige Hausbank oder Sparkasse, kann der Anleger sich ein Bild über unser Angebot machen. Abschliessend bieten wir mit unserem monatlichen Email-Newsletter den Kunden nicht nur einen aktuellen Überblick über spezielle Produkte, sondern erläutern auch in einem Akademie-Teil die genaue Funktionsweise einzelner Produktkategorien.

Vielen Dank für das Interview

Das Interview wurde in der letzten Ausgabe des Portfolio-Journals veröffentlicht. Melden Sie sich am besten gleich unter dem folgenden Link für diesen monatlich erscheinenden kostenfreien Newsletter an, falls Sie noch kein Abonnent sind.
http://www.portfoliojournal.de/

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Über den Experten

Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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