Kommentar
16:29 Uhr, 25.03.2014

Interessenpolitik mit Aktienindizes

Am Aktienmarkt ist ein beinahe ideologischer Streit ausgebrochen. Soll man bei der Beurteilung der Kurs­entwicklung der deutschen Aktien eher auf den Per­formance-Index des DAX schauen oder mehr auf den Kursindex?

Erwähnte Instrumente

  • Streit über die Vor- und Nachteile vom Kurs- und Performance-Index beim DAX.
  • Viele leiten aus dem Kursindex mehr Argumente für eine anhaltende Aufwärtsentwicklung des DAX ab als aus dem Performance-Index. Ich halte das nicht für gerechtfertigt.
  • Am Unterschied der beiden Aktienindizes zeigt sich die steigende Bedeutung der Dividenden.

Am Aktienmarkt ist ein beinahe ideologischer Streit ausgebrochen. Soll man bei der Beurteilung der Kurs­entwicklung der deutschen Aktien eher auf den Per­formance-Index des DAX schauen oder mehr auf den Kursindex? Vor nicht langer Zeit hat sich niemand für diese Frage interessiert. Sie ist, um es ehrlich zu sagen, aus meiner Sicht auch nicht wirklich wichtig. Ich bin dazu in letzter Zeit aber so oft gefragt worden, dass ich dazu doch etwas schreiben möchte.

Der Unterschied zwischen den beiden Indizes: Der Kurs­index bildet allein die Kursentwicklung an den Aktien­märkten ab. Der Performance-Index berücksichtigt darü­ber hinaus auch die Dividenden. Er unterstellt, dass die Aktionäre die Dividenden sofort wieder in Aktien anle­gen. Das bedeutet: Bei jeder Dividendenzahlung geht der Kursindex zurück (die Dividende wird vom Kurs ab­gezogen). Der Performance-Index bleibt hingegen gleich.

Es ist klar, dass der Performance-Index wesentlich dy­namischer steigt als der Kursindex (siehe Grafik). Seit der Einführung der beiden Indizes im Jahre 1987 erhöh­te er sich mit einer Jahresrate von 9 % verglichen mit nur 6,5 % beim Kursindex. Der Performance-Index liegt derzeit um 90 % über dem entsprechenden Kursindex.

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Woher kommt der plötzliche Streit? Der Performance-In­dex liegt inzwischen weit über den bisherigen Höchst­ständen in den Jahren 2000 und 2007. Das signalisiert eine Überbewertung und wird von vielen als Indiz dafür genommen, dass die Kurse zu hoch sind und sie dem­nächst wieder fallen werden.

Der Kursindex liegt dagegen deutlich unter den bisheri­gen Höchstständen. Sowohl im Jahr 2007 als auch 2000 waren die Kurse höher. Daraus schließen die Vertreter des Kursindex, dass die Aktienkursentwicklung noch viel Luft nach oben hat und noch lange nicht mit einer Umkehr der Entwicklung zu rechnen ist. Hinter der Fas­sade der unterschiedlichen Indizes steht tatsächlich also das Interesse, den Index zu nehmen, der der eigenen Einschätzung der weiteren Kursbewegung am besten entspricht.

Wer hat dabei recht? In beiden Fällen geht es um tech­nische Marktanalysen. Sie unterstellen, dass die Kurs­entwicklung der Vergangenheit Hinweise auf das gibt, was sich in Zukunft an den Märkten tut. Ob diese An­nahme gerechtfertigt ist, darüber kann man streiten. In jedem Fall gilt es jedoch nur für die Entwicklung des In­dex, der von den Marktteilnehmer auch tatsächlich bei ihrer Entscheidung beachtet wird. Derzeit habe ich den Eindruck, dass die Mehrheit der Händler auf den Perfor­mance-Index schaut. Dann sollte man den auch der technischen Analyse zugrundelegen. Wenn sich das än­dern sollte und mehr Marktteilnehmer auf den Kursindex schauen würden, muss man natürlich umdenken.

Es geht hier also nicht darum, dass der eine Index bes­ser und richtiger ist als der andere. Es geht bei der tech­nischen Analyse allein darum, auf welchen Index die Mehrheit der Akteure schaut und an welchem sie sich orientiert.

Unabhängig davon haben beide Indizes Vor- und Nach­teile, je nachdem für welchen Zweck man sie nutzt. Aus der Sicht des Aktionärs ist der Performance-Index der bessere. Er zeigt, in welchem Maße der Anleger von der Entwicklung der Aktien profitiert. Im vorigen Jahr bei­spielsweise ist der Performance-Index um 25 % gestie­gen. So viel hat der Anleger insgesamt verdient. Dabei kamen 4 % aus der Dividende und 21 % aus der Ent­wicklung der Kurse. Seit Einführung der beiden Indizes hat sich die Bedeutung der Dividendenzahlungen deut­lich verändert. In den 90er Jahren ist sie tendenziell ge­sunken. In den letzten zehn Jahren ist sie gestiegen.

Für internationale Vergleiche ist es wichtig, jeweils ver­gleichbare Indizes zu nehmen. Die Mehrzahl der interna­tionalen Aktienindizes sind Kursindizes. Insofern sollte man dann auch für Deutschland den Kursindex nehmen. In der Vergangenheit wurde häufig gesagt, deutsche Aktien hätten sich besser entwickelt als amerikanische. Das gilt meist aber nur, wenn man für Deutschland den Performance-Index nimmt und für Amerika den Kursin­dex. Das ist methodisch aber nicht korrekt.

Wenn man die Entwicklung der Aktien mit der der Ren­ten vergleichen will, sollte man in jedem Fall den Perfor­mance-Index zugrundelegen. Denn bei Festverzinsli­chen stammt ein Großteil des Ertrages aus den jeweili­gen Zinszahlungen. Der Kursindex hat sich daher bei Renten wesentlich schlechter entwickelt als der Perfor­mance-Index.

Für den Anleger

Lassen Sie sich nicht auf eine Diskussion ein, dass der Kursindex beim DAX besser ist als der Performance-In­dex. Das ist nicht richtig. In Wahrheit geht es den Vertre­tern des Kursindex nur darum zu beweisen, dass es am Markt noch Chancen gibt und dass das Ende der Fah­nenstange noch nicht erreicht ist. Um diese Frage wirk­lich zu beurteilen, sollte man sich nicht auf Tricksereien mit den Indizes einlassen. Viel wichtiger sind dafür die fundamentalen Gesichtspunkte. Hier fällt vor allem ins Gewicht, dass sich das Wachstum und damit die Gewin­ne der Wirtschaft in diesem und voraussichtlich auch im nächsten Jahr beschleunigen. Ich rechne damit, dass sich das positiv auf die Aktienkurse auswirken wird. Frei­lich ist zu bedenken, dass die negativen Einflüsse von der Rückführung der Liquidität und möglicherweise hö­heren Zinsen, vielleicht auch der politischen Entwick­lung, den Kursanstieg dämpfen werden.

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.

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  • Wolfi81
    Wolfi81

    "Für internationale Vergleiche ist es wichtig, jeweils ver­gleichbare Indizes zu nehmen. Die Mehrzahl der interna­tionalen Aktienindizes sind Kursindizes. Insofern sollte man dann auch für Deutschland den Kursindex nehmen. In der Vergangenheit wurde häufig gesagt, deutsche Aktien hätten sich besser entwickelt als amerikanische. Das gilt meist aber nur, wenn man für Deutschland den Performance-Index nimmt und für Amerika den Kursin­dex. Das ist methodisch aber nicht korrekt."

    Wirklich korrekt wird das ganze aber doch nur bei Einbeziehung der Währungsunterschiede. Da dürften dann deutsche Aktien wiederum besser gewesen sein (Euroaufwertung).

    11:18 Uhr, 26.03.2014