Kommentar
10:00 Uhr, 13.07.2018

Inflations-Prognosen: Lassen sich Preissteigerungen vorhersagen?

Inflation ist wieder ein heißes Thema. Jahrelang war sie zu niedrig, jetzt ist sie zu hoch. Ist das ein Strohfeuer? Was sagen die Prognosen?

Für die meisten Notenbanken ist die Inflation das bestimmende Maß in der Geldpolitik. Die US-Notenbank ist eine der wenigen Notenbanken, die ein Doppelmandat hat. Sie muss ihre Geldpolitik an der Inflation und der Beschäftigung ausrichten. In der Eurozone ist das anders. Hier gilt allein die Preisstabilität als Ziel.

Da Notenbanken ihre Politik maßgeblich nach der Inflation ausrichten, ist es umso wichtiger zu wissen, wohin sich die Preise bewegen. Das ist gar nicht so einfach. Inflation wird von vielen Faktoren bestimmt. Es gibt reale, greifbare Faktoren wie z.B. Nachfrage und Angebot, aber auch etwas diffuse Faktoren wie Inflationserwartungen. Sind die Erwartungen hoch, kann das einen Einfluss auf die Preise haben.

Wer keine Inflation oder sogar sinkende Preise erwartet, der hat wenig Anreiz die Preise von Produkten zu erhöhen oder z.B. mehr Lohn zu fordern. Erhöht man die Preise bei allgemein fallenden Preisen, würde man schnell im Wettbewerb untergehen.

Inflationserwartung und Inflation haben allerdings nicht viel gemein. So erwarten etwa US-Konsumenten seit Jahrzehnten eine Inflationsrate zwischen 3-4 %. Das hat wenig mit der Realität zu tun.

Markterwartungen lassen sich ebenso berechnen, sei es über Termingeschäfte oder Zinsdifferenzen von Anleihen, die an die Inflationsrate gebunden sind und solchen, die es nicht sind. Auch hier haben die Ergebnisse wenig mit der Realität zu tun.

Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die US-Notenbank ein Modell entwickelt. Es berechnet die Wahrscheinlichkeit, dass die Inflationsrate innerhalb einer gewissen Bandbreite sein wird. Der Prognosehorizont liegt bei 12 Monaten. Grafik 1 zeigt dazu die erwartete Range mit der größten Wahrscheinlichkeit.

Für die nächsten 12 Monate erwartet die Notenbank, dass die Inflation zwischen 1,5 % und 2,5 % liegen wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt laut Modell bei 65 %. Aktuell stimmt die Prognose. Betrachtet man allerdings die Historie, dann wirkt die Range nicht sehr zuverlässig.

Da es mehrere Bandbreiten mit Wahrscheinlichkeiten gibt (derzeit hat die Range von 1,5-2,5 % die Wahrscheinlichkeit von 65 % und eine Inflationsrate von mehr als 2,5 % eine Wahrscheinlichkeit von 25 %), kann man auch die gewichtete Erwartung berechnen. Das Ergebnis ist in Grafik 2 dargestellt. Dabei zeigt sich, dass die Prognose (12 Monatsprognose) nicht besonders gut ist.

Verschiebt man die Prognose nicht in die Zukunft, sondern lässt die Kurve einfach parallel zur Inflationsrate verlaufen, ist der Match relativ gut. Das ist zwar erfreulich, aber es bedeutet letztlich, dass die Notenbank die aktuelle Inflation mit dem Modell beschreibt und nicht die Zukunft. Mit anderen Worten: die Notenbank hat auch keine Ahnung und macht ihre Geldpolitik bis zu einem gewissen Grad im Blindflug.

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3 Kommentare

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  • Whatever
    Whatever

    Bin mal gespannt wie sich die aktuellen Zollsatz Auseinandersetzungen in den kommenden Monaten auf die Inflationsrate auswirken wird.

    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich die Amis da gerade ins eigene Fleisch schneiden und der US Konsument das am Ende mit höheren Preisen büssen wird, oder?

    13:23 Uhr, 13.07. 2018
  • ts-trader
    ts-trader

    das thema inflation ist ein thema voller missverständnisse

    12:03 Uhr, 13.07. 2018
  • Elchness
    Elchness

    "Für die nächsten 12 Monate erwartet die Notenbank, dass die Inflation zwischen 1,5 % und 2,5 % liegen wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt laut Modell bei 65 %. Aktuell stimmt die Prognose."

    Sie haben gestern selbst einen Artikel darüber veröffentlicht, dass die Inflationsrate in den USA aktuell bei 2,9% liegt. Die Prognose stimmt aktuell also nicht.

    Oder geht es hier um die Kerninflation? Die liegt mit 2,3% tatsächlich innerhalb der Prognose. Dann fände ich es aber gut, wenn Sie das erwähnen würden.

    10:22 Uhr, 13.07. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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