Kommentar
09:51 Uhr, 19.01.2022

Inflation vor kurzfristigem Rückgang

In den USA und Europa erreichte die Inflationsrate gerade ein neues, zyklisches Hoch. Trotzdem kann man Entwarnung geben, zumindest vorerst.

Die Preise, die die höchste Aufmerksamkeit erhalten, sind zuletzt auf ein neues Hoch gestiegen. Verbraucherpreise stiegen in den USA um 7 % und in der Eurozone um 5 %. Ein weniger beachteter Preisindex gibt aber gleichzeitig eine erste Entwarnung. Die Produzentenpreise beschleunigen ihren Preisanstieg nicht mehr (Grafik 1).

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Produzentenpreise stiegen in den USA im Dezember mit einer Jahresrate von 20,2 %. Das ist zwar ungeheuerlich viel, aber weniger als im November. Im November lag der Wert noch bei 22,6 %. Im Normalfall gehen die Produzentenpreise den Verbraucherpreisen zeitlich um einige Wochen oder Monate voraus.

Wenn nun die Produzentenpreise ihr Hoch erreicht haben, ist das Hoch bei den Verbraucherpreisen nicht mehr fern. Das ist die gute Nachricht, denn ein Ende der immer höher steigenden Inflation ist in Sicht. Es gibt auch eine schlechte Nachricht.

Die schlechte Nachricht liegt in den Details des Warenkorbes, auf dessen Basis die Inflation berechnet wird, begraben. Grafik 2 zeigt dazu die wichtigsten Kategorien mit ihrer Gewichtung im Warenkorb und der aktuellen Teuerungsrate. Gebrauchtwagen machen 3,5 % des Warenkorbes aus und Gebrauchtwagenpreise stiegen in den vergangenen 12 Monaten um mehr als 35 %.

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Da der Preisanstieg so hoch war, war der Effekt im Allgemeinen spürbar. Trotz einer geringen Gewichtung trug der Preisanstieg bei Gebrauchtwagen 1,27 Prozentpunkte zur Inflation bei. Ohne diesen Anstieg läge die Inflation in den USA nicht bei 7 %, sondern bei 5,73 %.

Es ist vollkommen klar, dass Gebrauchtwagenpreise nicht ewig einen so hohen Beitrag leisten werden. Tatsächlich kommt nun der Zeitpunkt, da die Vergleichswerte aus dem Vorjahr rasch ansteigen. Allein durch dieses Basiseffekt verringert sich die Teuerungsrate in den kommenden Monaten.

Im Dezember fielen in den USA die Preise für Energie das erste Mal seit langem auf Monatssicht. Auf Jahressicht ist der Anstieg mit 30 % immer noch enorm. Langsam, aber sicher, bilden die Preisindizes zum Teil Plateaus. Daher ist ohne einen neuen wirtschaftlichen Schock in den kommenden Monaten mit einer sinkenden Inflationsrate zu rechnen.

Ich kann mir schon jetzt die Schlagzeilen vorstellen, die es im Februar und März geben wird. Große Erleichterung wird durch die Medien gehen. Das Problem: Sie bedeutet wenig. Das größte Gewicht im Warenkorb machen Wohnkosten aus. Es ist ein Drittel.

Wohnkosten stiegen bisher nur moderat an. Die Teuerungsrate in dieser Kategorie lag unter der Gesamtinflationsrate. Hier beschleunigt sich der Trend gerade deutlich und der Trend wird sich fortsetzen. Mieten reagieren nun auf die sprunghaft gestiegenen Immobilienpreise. Mieten werden in den kommenden zwei Jahren überdurchschnittlich schnell ansteigen.

Selbst wenn alle anderen Preise stagnieren, müssten die USA wohl noch eine Inflationsrate von nahezu 2 % ausweisen. Da einige andere Komponenten des Warenkorbs auch weiterhin teurer werden ist ein rascher Rückgang der Inflation auf 2 % so gut wie ausgeschlossen. Die in den kommenden Monaten sinkende Inflation kann schnell wieder von einer steigenden abgelöst werden.

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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