Kommentar
15:23 Uhr, 06.03.2014

Industrie 4.0 - die Revolution der Produktion steht vor der Tür

Vor uns liegt das Zeitalter der digitalen Produktion. Wenn irgendwann jedes Maschinenteil individuell steuerbar ist, jeder Apparat aus Eisen und Stahl durch Daten kontrollierbar ist, eröffnen sich völlig neue Szenarien der Produktivitätssteigerung.

Liebe Leser,

anbei ein kurzer Ausschnitt unserer aktuellen Studie aus Cashkurs*Trends

Ihr

Dirk Müller

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Wenn Cyberspace, die Welt der Daten, und physische Industrie auf einer höheren Effizienzebene ineinander übergehen, beginnt eine neue Epoche der Produktivität. Industrie 4.0 ist das Stichwort für diesen Wandel. Für die klassischen Industrien und natürlich auch die Software- und Telekommunikationsanbieter ergeben sich daraus ganz neue Perspektiven. Nicht nur für die deutschen und europäischen Player, aber speziell die könnten auf dem Zukunftsmarkt Industrie 4.0 eine entscheidende Rolle spielen.

von Dr. Eike Wenzel, Institut für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ)

Unsere Wirtschaft steht an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution. Die Kennzeichen sind hochgradige Individualisierung, intelligente Produkte und eine weitgehende Integration von Kunden und Partnern in die Wertschöpfungsprozesse des Unternehmens. Zukunft hält damit Einzug in so erfolgreiche wie traditionsbehaftete Branchen wie Maschinenbau und Elektrotechnik. Die Rede ist von Industrie 4.0, dem kommenden Evolutionssprung in der industriellen Produktion. Es waren die zukunftssüchtigen ITler von Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien), die vor drei Jahren den Begriff Industrie 4.0 prägten. Laut Gartner werden im Jahr 2020 weltweit 1,9 Billionen US-Dollar mit dem Internet der Dinge verdient – 15 Prozent davon werden aus dem Zukunftsmarkt Industrie 4.0 kommen.

Und wo wird die industrielle Zukunft vorgedacht? In der Luft- und Raumfahrt und bei der Formel 1 natürlich. Im Red Bull-Rennstall im britischen Milton Keynes sitzen 180 Konstrukteure, die an nichts anderem arbeiten als an einem virtuellen Rennwagen. Bevor sich Sebastian Vettel für Probefahrten in sein RedBull-Cockpit zwängt, hat der Wagen virtuell schon hunderte von Kilometern zurückgelegt. Im Flugzeugbau hat Industrie 4.0 bereits zu wirklich revolutionären Veränderungen geführt: Bislang fand die Fertigung eines Jets in einem hochaufwendigen Prozess mitunter auf unterschiedlichen Kontinenten statt. Flugzeugbau war eine logistische Zitterpartie und verschlang unsagbar viel Geld. Bis vor kurzem hat Boeing seinen Zulieferern Design-Änderungen über die gute alte CD mitgeteilt, die per Post hin- und hergeschickt wurde. Heute sind Zulieferer und Flugzeugbauer auf einer Datenplattform miteinander verbunden und können Änderungen in Echtzeit vornehmen. Industrie 4.0 schafft neue effiziente Verknüpfungen zwischen der Produktion vor Ort und den Konstruktionen, Kalkulationen und Simulationen im Computer.

Siemens ist mithilfe von Industrie 4.0 der Einstieg in die amerikanische Raumfahrtindustrie gelungen. Mittels der NX-Software von Siemens können die NASA-Techniker beispielsweise simulieren, was passiert, wenn bei der Landung aufkommender Wind das Mars-Inspektionsfahrzeug „Curiosity“ vom Ziel wegbläst, wenn Systeme ausfallen etc. Mittels Hunderter virtueller Temperatursensoren prüften die Techniker, welche Teile bei dem Raumfahrzeug wann porös werden und brechen, ob Vibrationen oder die ausgestoßene Hitze des Kühlsystems einzelne Teile des Mars-Rovers schädigen. Traten Probleme auf, wurden die Komponenten am Rechner gleich neu designt – und die Tests starteten von Neuem. Industrie 4.0 gestattet völlig neue Produktionsformen, die extremen Ansprüchen gerecht werden.

Die deutsche Wirtschaft hat die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 nur deshalb so gut verkraftet, weil sie sich auf einen innovationsfreundlichen Mittelstand und eine hochwertige Industrieproduktion stützen konnte. Während ausnahmslos alle anderen westlichen Länder das Heil in einer diffusen Vision der Dienstleistungsgesellschaft suchten, kurbelte Deutschland seine industrielle Fertigung weiter an. Jetzt gilt das deutsche Industriemodell als Blaupause für Europa- und US-Ökonomie. Industrie 4.0 wird sich in einigen Jahren als weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung herausstellen.

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1. Was den Zukunftsmarkt Industrie 4.0 antreibt

Intelligente Großgeräte (und nicht nur das vernetzte Garagentor oder die „andigitalisierte“ Heizung) gibt es zuhauf. Der iWalk von ThyssenKrupp, die intelligente Rolltreppe, „verhält“ sich bereits kontextsensitiv, das heißt, sie spielt unter anderem Stromverbrauchsdaten zurück. Doch mit Industrie 4.0 ist ungleich viel mehr gemeint. Bei Industrie 4.0 geht es um Deutschland als Produktionsstandort. Deutschland als gegenwärtig hochgradig wettbewerbsfähigen Standort – in erster Linie aber um Deutschland als zukünftigen und zukunftsfähigen Standort. Industrie 4.0 weist einen (und einen ganz entscheidend wichtigen) Weg in die Zukunft.

Und wie häufig auf dem Gebiet der Innovationen und Hightech-Anwendungen, gibt es den Markt der physisch-virtuellen Systeme bereits in Ansätzen – in den vergangenen zwei Jahren haben sich jedoch die Anzeichen verdichtet, dass aus der Digitalisierung der Industrieproduktion, beziehungsweise der Industrieautomatisierung ein spannender Zukunftsmarkt werden könnte. Und deswegen hat auch der Begriff „Industrie 4.0“ seine Berechtigung (obwohl er nicht besonders phantasievoll klingt). „Industrie 4.0“, nennen Fachleute den Versuch, einen Quantensprung zu erzielen. Das wäre der vierte nach der Einführung der mechanischen Produktion im 18. Jahrhundert, der Arbeitsteilung mithilfe von elektrischer Energie Anfang des 20. Jahrhunderts, und der Einführung von Elektronik und IT.

Was Industrie 4.0 von Industrie 3.0 abhebt

Da das geflügelte Wort Industrie 4.0 mittlerweile eine erstaunliche Karriere gemacht hat, lohnt es sich, noch einmal hervorzuheben, worum es bei diesem Zukunftsmarkt eigentlich geht. Der Unterschied zwischen der dritten und der vierten industriellen Revolution liegt grob gesagt darin, dass wir in der dritten Revolution mit einer starren Automatisierung auf Basis begrenzter Vernetzungsmöglichkeiten gearbeitet haben. Durch die Verschmelzung physischer und virtueller (datengestützter) Produktionsformen wird in der Industrie 4.0 endlich eine intelligente, wandlungsfähige und dezentrale Automatisierung möglich...

...weiter geht es in der aktuelles Ausgabe Cashkurs*Trends: http://www.godmode-trader.de/premium/cashkurs-trends

8 Kommentare

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  • Husky
    Husky

    Die Menschen beherrschen es schon nicht, Systeme mittlerer Komplexität fehlerfrei zu programmieren.

    Gerad in der Luftfahrt sind die Anforderungen extrem - da kommt so schnell nichts neues in den Produktionsprozess rein. Wenn ich bei der Herstellung eines Flugzeugs nur eine M8-Mutter wechseln will (weil deren ursprpnglicher Hersteller pleite ist), dann muss ich komplett neu zertifizieren lassen.

    Der Austausch der Daten online ist kein Sprung von Industrie 3.0 auf 4.0!

    Völlig vergessen wird, die Gefahren zu erwähnen, die aus der kompletten Vernetzung entstehen. Was sucht ein Wasserwerk am Internet? Nur weil der Bediener zu faul ist, sich mal 300m zu Fuß zu bewegen oder 10 Minuten mit dem Auto zu fahren riskiert man, dass ferngesteuert jemand das Ding runterfährt oder schrottet?

    Die Industrie 5.0 wird bald kommen udn eine Rolle rückwärts in Punkto Vernetzung machen.

    14:33 Uhr, 07.03. 2014
  • TomCat
    TomCat

    Die Rechnung ist ohne den Faktor Mensch gemacht, oder wollen die Maschinen ihre Produkte selbst kaufen und bezahlen?

    08:15 Uhr, 07.03. 2014
    1 Antwort anzeigen
  • Daniel Kühn
    Daniel Kühn

    sursu, Sie wissen aber schon, dass das im allgemeinen Sprachgebrauch für einen großen Fortschritt steht? Es hat sich eben so eingebürgert.

    17:36 Uhr, 06.03. 2014
  • sursu
    sursu

    Hallo Herr Dirk,
    ein Quantensprung ist die kleinstmögliche ernergetische

    Veränderung, also etwas lächerlich Unbedeutendes; wollten Sie das in dem Artikel so zu Ausdruck bringen?

    MfG

    17:17 Uhr, 06.03. 2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Dirk Müller
Dirk Müller
Börsen-Experte und Sachbuchautor

Dirk Müller ist Finanzexperte, mehrfacher Spiegel-Bestseller Autor, Politikberater, Vortragsredner, Gründer des Finanzinformationsdienstleisters Finanzethos GmbH mit dem Markenkern „Cashkurs.com“– und gilt als „Dolmetscher zwischen den Finanzmärkten und den Menschen außerhalb der Börse“. Sein Weg an der Börse begann 1992, wo er als amtlich vereidigter Kursmakler tätig war. Heute zählt er zu den bekanntesten Börsenexperten Deutschlands, woher auch sein von den Medien vergebener Spitzname „Mr. DAX“ rührt. Er ist Senator der Wirtschaft Deutschland und berät in unterschiedlichen Gremien in nationalen und internationalen politischen Angelegenheiten.

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