Kommentar
09:24 Uhr, 21.12.2016

In diesem Markt herrscht Verkaufspanik

Emerging Markets sind wegen der steigenden US-Zinsen gehörig unter Druck. Die wahre Verkaufspanik findet aber ganz woanders statt.

Wenn in den USA die Zinsen steigen, bleibt das global nicht unbemerkt. Was in den USA geschieht, schickt Schockwellen um den Globus. Besonders betroffen sind davon im Normalfall Entwicklungs- und Schwellenländer. Deren Währungen kollabieren, wenn in den USA die Zinsen steigen.

Einen ersten Panikschub konnte man 2015 erleben. Dieser war besonders heftig, da neben der Zinswende auch Rohstoffpreise in sich zusammenfielen. Die meisten Entwicklungsländer sind von Rohstoffexporten abhängig. Brechen die Einnahmen aus dem Export weg und fließt dann zusätzlich noch Kapital in den Dollarraum zurück, weil dort die Zinsen steigen, ist das eine explosive Mischung.

Der Prozess, der ins Rollen kommt, ist immer der gleiche: Kapital fließt ab, die Währung kollabiert, die Inflation steigt, die Devisenreserven verringern sich in atemberaubenden Tempo und am Ende stehen meist Notkredite der Weltbank oder des Internationalen Währungsfonds. So war es auch diesmal.

Nun kommt es zu einer zweiten Welle. Ausgelöst wurde diese von Donald Trump. Mit seiner Wahl zum Präsidenten haben die Märkte von einem Tag auf den anderen einen Schalter umgelegt. Sie erwarten mehr Inflation und höhere Zinsen. Vor allem höhere Zinsen machen den Dollarraum gegenüber anderen Regionen attraktiv.

Weltweit kann man beobachten, wie Währungen gegenüber dem Dollar schwächer werden und die Aktienindizes der Entwicklungsländer zusammenbrechen. Das ist jedoch nicht die einzige Entwicklung, die derzeit vor sich geht. Der ganz große historische Selloff findet in den USA statt.

Noch nie haben Anleger in so hohem Tempo US-Anleihen abgestoßen. Grafik 1 zeigt die Nettokäufe (Saldo aus Käufen und Verkäufen) von US-Anleihen durch ausländische Investoren. Schon bevor Trump gewählt wurde, waren die Nettokäufe stark negativ. Das Ausland stößt US-Anleihen konsequent ab.

Seit April 2016 werden mehr Anleihen verkauft als gekauft. So wurden seit April über 300 Mrd. an Anleihen netto verkauft. Das ist der größte Selloff aller Zeiten, dabei ist es längst nicht der einzige. Steigt der Dollar-Index, wie etwa zwischen 1996 und 2001, kommt es unterm Strich zu mehr Verkäufen als Käufen. Das ist kein neues Phänomen. Es war jedoch noch nie so ausgeprägt wie in diesen Tagen.

Bis zu einem gewissen Grad ist klar, weshalb der Selloff so groß wirkt. Die Schulden der USA sind heute höher als vor 10 oder 20 Jahren. Das Volumen ist daher einfach größer. Man kann das Volumen der Nettokäufe aber auch im Verhältnis der Gesamtschulden ausdrücken (Grafik 2), sodass sich ein anständiger Vergleich machen lässt.

Vergleicht man diese relativen Bewegungen, wird schnell klar, dass die Lage zwar immer noch einmalig ist, aber nicht mehr so dramatisch wie in Grafik 1. Insgesamt stießen Investoren 2,36 % der gesamten US-Schulden seit April 2016 ab. Auch das ist historisch einmalig. Zuletzt gab es im Jahr 2000 eine ähnliche Entwicklung als 2,16 % verkauft wurden – allerdings innerhalb von 9 Monaten und nicht 7 Monaten wie in diesem Jahr.

Auch unter diesen relativen Gesichtspunkten bleibt der Selloff historisch. Es ist der stärkste seit mindestens 35 Jahren und so lange es die entsprechenden Daten gibt. Bedenkt man wie stark die Zinsen in den USA im November und auch Dezember angestiegen sind, dürfte sich der Abverkauf fortgesetzt und sogar verstärkt haben.

Es ist ein handfester Crash, der da stattfindet. Den Aktienmarkt lässt das bisher kalt. Auch die Notenbank und Politik scheint das Thema nicht zu kümmern. Das wird nicht ewig so bleiben.

Clemens Schmale

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4 Kommentare

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  • K4sti
    K4sti

    Ich verstehe es leider auch nicht richtig. Was heißt das für die USA bzw. für das Makroumfeld?

    Vielleicht kann das noch jemand hier kurz umreißen,

    danke

    LG

    11:58 Uhr, 21.12. 2016
  • tschak
    tschak

    Für ALLE ALTEN Bankleute: In den letzten 35 Jahren sind in der westlichen Welt die Zinsen mehr oder weniger nur gefallen - bis auf ca. 0,...%. Das sollte man auch den IMMOBLIEN-Sammlern flüstern. Das war RÜCKENWIND für Immobilien-Spekulanten und Anleihe-Investoren. Diese Zeiten sind mal für's erste vorbei !! Wake-Up-Call für die langjährigen Wellen-Reiter sozusagen !! ich bin halt ein überzeugter Aktien-Fan - "produktives Kapital", intelligentere Ressourceallokation, etc.

    10:02 Uhr, 21.12. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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