Kommentar
15:30 Uhr, 19.01.2017

In diesem Fall nicht wie Warren Buffett handeln!

Buffett ist zwar die Investorenlegende schlechthin, aber nicht alles sollten sich Anleger von ihm abschauen.

Buffett gehört seit langem zu den reichsten Menschen der Erde und er wird nach wie vor immer reicher. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Sein Geschäftssinn ist einfach genial, doch Geschäftssinn allein macht noch nicht zwangsläufig reich.

Wie oft passiert es uns Anlegern, dass wir selbst beim besten Vorsatz langfristig zu investieren in unruhigen Zeiten die Nerven verlieren und hinschmeißen?

Relativ häufig. Man hat seine Research gemacht, ist absolut überzeugt von einem Unternehmen und seinem Geschäftsmodell und investiert, weil das Unternehmen an der Börse unterbewertet erscheint. Dann will die Aktie aber nicht so wie prognostiziert. Sie fällt. Nach einem Jahr hat sich noch immer nichts getan. Spätestens dann reicht es den meisten Anlegern. Sie nehmen die Verluste mit.

Lesetipp: Darauf achtet Warren Buffett beim Aktienkauf

Wie es das Schicksal so will beginnt just in diesem Moment ein Aufwärtstrend. Ein Jahr später hätte sich das Investment verdoppelt. Da kann man sich nur ärgern wie viele tausende andere Anleger auch.

Nur, weil man vielleicht einen Sinn dafür hat, was langfristig Wert schafft und aktuell unterbewertet ist, verdient man damit noch nicht automatisch Geld. Es gehört mehr dazu: Geduld und Nervenstärke. Gleichzeitig lernt man als Anleger aber auch, dass man Verluste nicht laufen lassen soll.

Unterscheiden zu können, wann man ein Tief aussitzen sollte und wann man Verluste begrenzen muss, ist eine Kunst. Buffett beherrscht sie und das unterscheidet ihn vom Rest der Anleger. Er weiß, wann es sich lohnt eine Flaute auszusitzen und wann man die Reißleine ziehen sollte.

Buffett ist so transparent und verkündet bei der jährlichen Hauptversammlung seiner Holding Berkshire Hathaway was gut funktioniert hat und wo er einen Fehler gemacht hat. Einen solchen Fehler hat er 2014 beim Einzelhandel eingeräumt. Buffett mag Einzelhändler. Sie gehören zur amerikanischen Kultur dazu. Wer kennt nicht die Einkaufsstraßen, riesen Kaufhäuser und Einkaufszentren?

Buffett konnte sich bis 2014 einfach nicht vorstellen, dass der Einzelhandel einmal verschwinden könnte – zumindest in seiner derzeitigen Form. Bis 2014 fiel es ihm schwer an den endgültigen Siegeszug des online Handels zu glauben. Entsprechend kaufte er in den Jahren davor immer wieder Einzelhandelsunternehmen.

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Nun schreiben diese keine Verluste, sie sind aber auch nicht übermäßig profitabel. 2014 wurde erklärt, dass das Segment den Renditeanforderungen nicht genügt. Das ist bemerkenswert, denn eigentlich sahen die Zukäufe auf dem Papier sehr gut und günstig aus.

Aktuell sehen die Aktien von Einzelhändlern wie Macy’s oder JC Penney wieder unschlagbar günstig aus. Als Anleger juckt es da einem im Finger. Die Kaufhauskette Macy’s bringt derzeit eine Dividendenrendite von 5 %. Das KGV liegt auf Basis der letzten 4 Quartale bei 13. Und trotzdem gibt die Aktie seit Monaten nach.

Grafik 1 zeigt den Verlauf von vier Aktienkursen. Die Kurse gehen in einen übergeordneten Abwärtstrend über. Anleger sollten sich von den optisch günstigen Aktien nicht täuschen lassen. Hier liegt etwas im Argen.

Was im Argen liegt zeigt die blaue Fläche. Es handelt sich um die Wachstumsrate des physischen Einzelhandels, also der Umsätze, die in Geschäften generiert wird. Die Wachstumsrate ist trotz Hochkonjunktur stark negativ und erreicht wieder die katastrophenwerte aus den Jahren 2008/09.

Der physische Einzelhandel befindet sich am Anfang der größten Krise, den er je zu meistern hatte. Die Umsätze verschwinden und wandern zu online Händlern ab. Dort ist die Wachstumsrate wieder so hoch wie kurz vor Beginn der Krise (Grafik 2).


Buffett hat aus seinem Fehler gelernt (er glaubte an den physischen Einzelhandel und Unternehmen sahen günstig aus). Der Sektor sieht auf den ersten Blick in diesen Tagen wie ein fundamentales Schnäppchen aus. Das ist er nicht. Der Abwärtstrend beginnt gerade erst so richtig. Trotz rückläufiger Umsätze sind die Aktienkurse in wahnwitzige Höhen gestiegen. Bis das korrigiert ist, muss es noch deutlich tiefer gehen. Den Sektor sollte man meiden.

Buffett hat sich vor einigen Jahren von optisch günstigen Bewertungen reinlegen lassen. Jetzt sieht der Sektor wieder günstig aus, aber man sollte sich nicht reinlegen lassen.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • motörhead
    motörhead

    Auch der gute alte Peter Lynch kommt bei mir bei langfristigen Entscheidungen zum Zug. Der Einzelhandel befindet sich ohne Frage in einer Krise. Auch ich habe jahrelang online gekauft und bestellt was das Zeug hielt. War ja auch so bequem. Nun, die Verpackungen türmten sich bei mir zu Hause in beängstigende Höhen. Mannomann war ich begeistert, wenn der Götterbote persönlich mir Kartons ohne Ende an der Haustür in die Hände drückte, weil auch meine Frau vom Konsumrausch befallen war. Klamotten, Geschirr, Schuhe, Instrumente alles. Aber jetzt sind wir an einem Punkt wo es uns ein wenig nervt. Abgesehen von den Kartonagen, die entsorgt werden wollen, wir haben den Stadtbummel ganz einfach vermisst. Klamotten wieder persönlich anzuprobieren, sich während des Stadtbummels in ein Bistro zu setzen, einen Cafe zu genießen oder noch die Eisdiele unsicher zu machen. Anscheinend sind wir nicht die einzigen die mittlerweile so denken, die Städte in denen wir am Wochenende bummeln sind gut besucht. Und hier kommt der gute alte Peter Lynch bei mir zum Zug. Hat er doch viele seiner Investments von persönlichen Besuchen in Einkaufsmeilen abhängig gemacht. Den Einzelhandel habe ich jedenfalls wieder auf dem Schirm.

    18:25 Uhr, 19.01. 2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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