Immobilien Aktien wieder unter Druck – Wann geht es bergauf?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Erwähnte Instrumente
- VerkaufenKaufen
- VerkaufenKaufen
Deutsche Immobilienaktien starteten 2025 unter starkem Druck. Was mit der Zinswende der EZB Anfang 2023 begann, ist längst nicht ausgestanden. Als die Zentralbank die Zinsen infolge der hohen Inflation in kurzer Zeit kräftig anhob, brachen die Geschäftsmodelle vieler börsennotierter Immobilienkonzerne weg – Finanzierungskosten explodierten, Bewertungen fielen, Investoren sprangen ab.
Inzwischen hat die EZB den Leitzins wieder mehrmals gesenkt – zuletzt auf 2,5 Prozent – doch von Entwarnung kann keine Rede sein. Die Aktienkurse vieler Immo-Werte treten auf der Stelle oder rutschen weiter ab. Warum?
Weil andere Faktoren inzwischen stärker ins Gewicht fallen. Der Kapitalmarkt rechnet fest mit einer wachsenden Staatsverschuldung – getrieben durch die neuen Haushaltspläne von CDU/CSU und SPD, insgeamt billionenschwere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur. Die Folge: Die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen sind zuletzt deutlich gestiegen. Doch warum ist das ein Problem für Immobilienkonzerne?
✓
✕
”
Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen wirkt wie ein Referenzwert für den gesamten Kapitalmarkt – auch für Immobilienkredite. Wenn diese Renditen steigen, ziehen in der Regel auch die Bauzinsen an. Der Grund: Banken refinanzieren sich über den Anleihemarkt, unter anderem mit Pfandbriefen, also häufig mit Immobilien besicherte Anleihen, deren Zinsniveau eng an Staatsanleihen gekoppelt ist. Steigen dort die Renditen, wird die Refinanzierung teurer – und das geben Banken direkt an Kreditnehmer weiter. Außerdem konkurrieren Immobilieninvestments mit Staatsanleihen um Kapital. Je attraktiver risikofreie Anleihen werden, desto höher müssen auch Immobilienrenditen – und damit oft die Kreditzinsen – ausfallen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Der Deutsche Immobilienmarkt
Die deutschen Immobilienkonzerne stehen auf zwei Säulen: stabile Mieteinnahmen und schwankende Immobilienwerte. Die folgende Grafik zeigt, dass die Mietpreise in Deutschland über Jahrzehnte stetig gestiegen sind – unabhängig von kurzfristigen Marktschwankungen. Das ist der Grund, warum viele Immobilienkonzerne auch in schwierigen Marktphasen operativ solide aufgestellt bleiben: Die Mieten sichern den laufenden Cashflow.
Anders sieht es bei den Immobilienwerten aus. Seit dem Zinsanstieg 2022 haben sich die Kaufpreise – vor allem für Bestandsimmobilien – deutlich nach unten bewegt. Diese Entwicklung betrifft zwar zunächst nur die Bilanz, nicht aber den Geldfluss. Doch nach deutschem Bilanzrecht müssen auch unrealisierte Wertverluste – also sinkende Buchwerte ohne tatsächlichen Verkauf – in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden. Das belastet die Jahresabschlüsse der Unternehmen deutlich sichtbarer, als es die tatsächliche Geschäftsentwicklung rechtfertigen würde. Das sehen wir nachhher aber noch an konkreten Beispielen.
Hinzu kommt: Die Korrektur bei den Kaufpreisen fällt deutlich heftiger aus als die stabile Entwicklung der Mieten. Seit 2023 stagniert der Wert von Immobilien, das könnte mittelfristig für attraktive Kaufpreise am Immobilienmarkt sorgen. Im Gegensatz dazu könnte das Mietwachstum leicht abflachen, wenn sich mehr Leute Eigentum leisten können. Bei Immobilienaktien gilt dennoch: Für langfristig denkende Investoren bleibt der Cashflow durch Mieten entscheidend – für den Aktienkurs zählt aber oft die Bewertung auf dem Papier.
Vonovia und LEG im Vergleich
Vonovia | LEG | |
---|---|---|
Börsenwert [Mrd. EUR] | 19,91 | 4,81 |
Mitarbeiter | 11.980 | 1.920 |
Hauptsitz | Bochum | Düsseldorf |
Gewinn- und Verlustrechung
Die Gewinn- und Verlustentwicklung bei Vonovia und LEG zeigt, wie stark die Immobilienbranche unter Druck steht. Beide Unternehmen hatten bis 2021 solide Gewinne, doch seit 2022 drücken hohe Abwertungen ihrer Immobilienbestände – ausgelöst durch gestiegene Zinsen – die Bilanzen tief ins Minus. Besonders Vonovia verzeichnete 2023 einen Milliardenverlust. Die Prognosen bis 2028 blenden diese Bewertungseffekte bewusst aus, um die operative Entwicklung besser darzustellen.
Erwartet wird ein moderates Umsatzwachstum, vor allem durch Mieterhöhungen. Doch genau hier dürfte es künftig schwieriger werden: Die Immobilienpreise stagnieren, neue Projekte bleiben aus, und die Nachfrage nach Mietwohnungen könnte langfristig leicht nachlassen – nicht zuletzt wegen sinkender Kaufkraft und politischer Regulierung. Für Vonovia und LEG heißt das: Effizienz steigern, neue Ertragsquellen erschließen und beim Bestand klug wirtschaften.
Cashflow
Vonovia | LEG | |
---|---|---|
operativer Cashflow | 2.401,6 | 436,5 |
Cashflow aus Investitionen | -187,6 | -604,2 |
Cashflow aus Finanzierung | -1.821 | 197,1 |
Operating Free Cashflow | 1.900,6 | 200,4 |
Der Vergleich der Cashflow-Kennzahlen 2024 zeigt deutliche Unterschiede zwischen Vonovia und LEG Immobilien. Vonovia erzielte einen deutlich höheren operativen Cashflow (2.401,6 Mio. EUR) als LEG (436,5 Mio. EUR). Der bei Vonovia eingeführte Operating Free Cashflow (1.900,6 Mio. EUR) ersetzt dort den früheren Group FFO. Im Gegensatz dazu nutzt LEG weiterhin den AFFO (200,4 Mio. EUR) als zentrale Steuerungsgröße.
LEG investierte mit –604,2 Mio. EUR deutlich stärker in Instandhaltung und Modernisierung als Vonovia (–187,6 Mio. EUR). Diese Investitionen senken kurzfristig den Cashflow, dienen aber der langfristigen Bestandssicherung. Im Finanzierungscashflow zeigt sich ebenfalls ein Unterschied: LEG mit positivem Saldo (197,1 Mio. EUR), Vonovia mit –1.821 Mio. EUR, was auf Schuldenabbau hindeutet.
Bilanzanalyse
Vonovia | LEG | |
---|---|---|
Gesamtkapital | 90,236 | 19,72 |
Eigenkapital | 28,13 | 7,40 |
NAV | 38,14 | 7,12 |
Gesamtverschuldung | 42,65 | 9,72 |
Liquide Mittel | 1,76 | 0,307 |
Leerstandsquote | 2,0 % | 2,3 % |
Die Bilanzsummen zeigen den deutlichen Größenunterschied: Vonovia bringt es zum Jahresende 2024 auf ein Gesamtkapital von 90,2 Mrd. EUR, während LEG bei 19,7 Mrd. EUR liegt – also weniger als ein Viertel davon. Entsprechend unterschiedlich fällt auch die Gesamtverschuldung aus: 42,65 Mrd. EUR bei Vonovia gegenüber 9,72 Mrd. EUR bei LEG. Auch bei den liquiden Mitteln hat Vonovia mit 1,76 Mrd. EUR eine deutlich stärkere Pufferfunktion als LEG mit nur 307 Mio. EUR, was in einem volatilen Zinsumfeld strategisch relevant ist.
Beim Eigenkapital und NAV liegen beide Unternehmen – gemessen an ihrer Größe – strukturell ähnlich, wobei Vonovia durch stille Reserven einen etwas höheren NAV als das ausgewiesene Eigenkapital ausweist. Die Leerstandsquoten bleiben in beiden Fällen niedrig, was auf stabile Vermietung hindeutet. Insgesamt fährt Vonovia ein großvolumiges, aber kapitalintensiveres Modell, während LEG mit engeren Ressourcen operiert, dafür aber fokussierter und kostenbewusster aufgestellt ist.
Bewertungskennzahlen
Vonovia | LEG | |
---|---|---|
KGV | – | 78,47 |
KUV | 3,88 | 3,65 |
KBV | 0,84 | 0,65 |
✓
✕
”
Ist die aktuelle Bewertung attraktiv?
Die aktuellen Bewertungskennzahlen von Vonovia und LEG liegen deutlich unter dem historischen Durchschnitt. Gerade in einem Umfeld stark schwankender oder vorübergehend negativer Gewinne – wie es im Immobiliensektor durch Bewertungsanpassungen und Zinswende der Fall ist – bieten Kennzahlen wie KUV und KBV ein stabileres Bild. Beide Unternehmen notieren deutlich unter ihrem bilanziellen Buchwert, was auf eine mögliche Unterbewertung am Markt hindeutet. Die operative Substanz und stabilen Mieteinnahmen bleiben weitgehend intakt, während der Markt weiterhin mit einem hohen Risikoaufschlag rechnet. Wer an eine Normalisierung der Rahmenbedingungen glaubt, sieht hier Bewertungsniveaus, die historisch eher selten waren.
Chart: Turnaround bei LEG?
Da LEG aktuell niedriger bewertet ist und letztes Jahr trotz des schwierigen Umfeldes, unterm Strich einen Nettogewinn verzeichnen konnte, schauen wir uns diese Aktie genauer an. 2023 erreichte die Aktie ihr Tief bei knapp 46 EUR und damit über 66 % unter dem Allzeithoch. Bis Oktober 2024 konnte sich die Aktie dann stabilisieren und insgesamt über 100 % zulegen. Doch mit dem Anstieg der Immobilienkredite aufgrund der gestiegenen Rendite für Bundesanleihen, geriet die Aktie wieder unter Druck.
Doch auf aktuellem Niveau im Bereich des 0,618 Fibonacci Level könnte sich die Aktie stabilisieren und einen neuen Aufwärtstrend etablieren. Heute am Freitag legt die Aktie bereits um knapp 2 % zu. Dieser Impuls könnte nächste Woche fortgesetzt werden.
Wenn du von der Performance der LEG Aktie profitieren willst, bietet sich ein KO-Zertifikat der HSBC mit der WKN: HG6BMQ an. Diese Zertifikat hat eine KO Schwelle bei 40,71 EUR, woraus aktuell ein Hebel von 2,59x resultiert.
Fazit: Ist der Boden erreicht?
Ob der Boden bei deutschen Immobilienaktien erreicht ist, lässt sich aktuell nicht eindeutig beantworten – einige Signale sprechen jedoch für eine beginnende Bodenbildung. Die stärksten Verwerfungen durch den Zinsanstieg scheinen verarbeitet: Die massiven Abwertungen der Immobilienbestände sind erfolgt, und die Bewertungen an der Börse spiegeln diese Risiken längst wider.
Auf der operativen Seite bleiben die Mieteinnahmen das Rückgrat der Geschäftsmodelle, auch wenn das Mietwachstum künftig langsamer verlaufen dürfte als in den Vorjahren. Gleichzeitig deutet sich eine Stabilisierung der Immobilienpreise an – zumindest ist der stärkste Rückgang vorüber. Das stabilisiert die Portfoliowerte, reduziert weitere Abwertungsrisiken und schafft wieder etwas mehr Berechenbarkeit in der Bilanz.
Für Investoren heißt das: Viel Negatives ist eingepreist. Solange sich die Finanzierungskosten nicht erneut spürbar verschlechtern und keine neue politische Gegenwelle droht, bieten Aktien wie Vonovia und LEG auf dem aktuellen Bewertungsniveau ein interessantes Chance-Risiko-Verhältnis.
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte
Der Autor ist im besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.
Transparenzhinweis: Die im Artikel vorgestellten Derivate werden durch die Redaktion ausgesucht. Wir arbeiten aber mit ausgewählten Emittenten zusammen, die mit der Goldesel Trading & Investing GmbH in einer Geschäftsbeziehung stehen. Bitte beachten Sie: Der Handel mit Derivaten ist mit einem erheblichen Risiko verbunden und kann unter Umständen zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen.