Kommentar
13:20 Uhr, 18.09.2020

Holt der No-Deal Brexit den Aktienmarkt ein?

Bisher war das Brexit Drama ein Schrecken ohne Ende. Jetzt kommt vielleicht das Ende mit Schrecken.

Die Coronakrise hat vieles in den Hintergrund gerückt. Eines dieser Themen ist der Brexit. Nun kommt das Thema mit voller Wucht zurück. Es sind ja nur noch wenige Monate bis zum endgültigen Verlassen der EU. Die Frage war nicht mehr, ob Großbritannien die EU verlässt, sondern wie. Wie Großbritannien die EU verlässt ist ein ganz zentrales Thema, vor allem für die Briten selbst. Seit langem wird an einem Handelsabkommen verhandelt. Ohne einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen kommt es zum No-Deal Brexit. Ohne ein umfangreiches Abkommen wird Großbritannien für die EU zum Drittstaat. Es gelte die normalen Beschränkungen und Zölle. Das ist weder im Interesse der EU noch im Interesse Großbritanniens. Gemessen am wirtschaftlichen Schock durch die Coronakrise ist der Brexit, egal in welcher Form, kaum nennenswert. Vielleicht hat sich Großbritannien aus diesem Grund dazu entschlossen, den aktuell gültigen Scheidungsvertrag zu missachten und einen No-Deal Brexit zu riskieren...

Vernünftig ist das nicht. Die EU ist größer als Großbritannien. Die EU hat weniger zu verlieren als das Königreich. Es geht aber nicht nur darum, ob Zölle erhoben werden und Investitionen ausbleiben. Es geht um hunderttausende Arbeitsplätze. In der Autoindustrie arbeiten 800.000 Briten. Viele Autos werden exportiert. Mit Zöllen sind diese Autos nicht mehr konkurrenzfähig. Die Produktion würde wieder in die EU verlagert werden.

An Investitionen in Großbritannien ist kaum zu denken. Seit dem Referendum sind Investitionen chronisch niedriger als davor. Ohne Deal werden Unternehmen erst recht nicht investieren, zumal Großbritannien gerade dabei ist internationales Recht zu brechen. Wer in ein Land investiert, das Gesetze nur nach Laune beachtet, ist selber schuld.

Wirtschaftlich verlieren die Briten viel. Was langfristig geschieht, kann man zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnen. Es warten vermutliche Jahre der Stagflation. Der Austritt aus der EU führt zu geringeren Investitionen und aller Voraussicht nach zu einer weiteren Rezession. Da das Pfund schwächer wird, kommt gleichzeitig die Inflation, auch wegen neuer Zölle.

Kurzfristig geht es um ganz andere Dinge, z.B. wie man Essen auf den Teller bekommt. Großbritannien hat ein gigantisches Handelsbilanzdefizit im Nahrungsmittelbereich (Grafik 1). Fast die Hälfte aller Nahrungsmittel werden importiert (Grafik 2). Über ein Viertel kommt aus der EU.


Ein No-Deal Brexit führt kurzfristig zu Chaos an den Grenzen, Unterbruch der Lieferketten und zur Knappheit vieler Güter. Das muss man den Wählern erst einmal erklären, zumal weniger als ein Viertel einen No-Deal Brexit befürwortet.

Die Börse stört das derzeit gar nicht, weder in Großbritannien noch in der EU. Das wird bis auf kurzfristige Volatilität auch so bleiben. Im Vergleich zu Corona ist es ein kleiner Schock. Britische Aktien stehen aber zumindest auf meiner Watchlist weit unten.

Clemens Schmale


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4 Kommentare

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  • Dr. Kurt Weinknecht
    Dr. Kurt Weinknecht

    Die Briten lassen sich nicht von der EU erpressen. Zölle sind sowieso ein Teufelswerk welches gegen einen freien Handel spricht. Wenn die Briten sich zum steuerfreien Land umstruktuieren werden sie einen Aufschwung erleben von dem die EU mit ihrer Schuldenpolitik nur träumen kann.

    14:10 Uhr, 18.09.2020
    2 Antworten anzeigen
  • amateur
    amateur

    Den Brexit hat jahrelang niemanden gejuckt und wird es auch zukünftig nicht.

    13:45 Uhr, 18.09.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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