Fundamentale Nachricht
11:36 Uhr, 11.02.2014

Heimlicher Schuldenschnitt für Griechenland!

Die Konditionen der griechischen Hilfskredite werden immer weiter gelockert. Dies kommt einem Schuldenschnitt durch die Hintertür gleich, ohne dass dies von der Öffentlichkeit so wahrgenommen wird.

Die europäischen Behörden denken über weitere Hilfen für Griechenland nach. Nach Informationen von Bloomberg werden neue Hilfskredite über 13 bis 15 Mrd Euro in Erwägung gezogen. Zudem soll die Laufzeit der bestehenden Hilfskredite auf 50 Jahre gestreckt und die Verzinsung um weitere 0,50 Prozent gesenkt werden. Der Darlehenszins würde damit künftig dem Dreimonats-Euribor entsprechen. Dieser liegt aktuell bei 0,291%!!! Zum Vergleich: Die marktübliche Rendite für 10-jährige griechische Staatsanleihen liegt derzeit bei 7,66 Prozent. Da sich die kreditgebenden Euroländer selbst nicht so günstig refinanzieren können, zahlen sie drauf.

Die beabsichtigte weitere Lockerung der Kreditkonditionen für die 52,9 Mrd Euro der Griechenlandfazilität hätte nach Berechnung des ifo-Instituts einen Barwert von knapp 9 Mrd Euro. An den Entlastungen wäre Deutschland zu knapp 29 Prozent beteiligt. Das deutsche Haushaltsdefizit des Jahres 2014 stiege infolge der beabsichtigten Veränderungen der Kreditkonditionen also um 2,5 Mrd Euro, wenn man es versicherungsmathematisch korrekt berechnen würde.

Das wäre de facto ein Schuldenschnitt. Da kann Bundesfinanzminister Wolfang Schäuble noch so oft etwas anderes behaupten. Zudem ist fraglich, wann Griechenland mit der Tilgung der Kredite beginnen wird. Da die Inflationsrate bei einer weiteren Lockerung der Kreditkonditionen deutlich über dem Zinssatz liegen würde, würde sich die Verschuldung auch ganz automatisch Jahr für Jahr verringern - quasi ein Schuldenschnitt durch die Hintertür.

Hintergrund:

Bis einschließlich Dezember 2013 hat Griechenland insgesamt 213,4 Mrd Euro aus zwei Rettungspaketen erhalten. Davon wurden 52,9 Mrd Euro in Form bilateraler Darlehen zwischen Griechenland und den übrigen Ländern der Eurozone zur Verfügung gestellt. Die Kreditkonditionen für diese Griechenlandfazilität wurden bereits mehrfach gelockert. Ursprünglich wurde eine Laufzeit von fünf Jahren vereinbart. Es galt eine Verzinsung in Höhe des jeweils geltenden Dreimonats-Euribor-Zinses zuzüglich eines Zinsaufschlags von 3 Prozentpunkten für die ersten drei Jahre bzw. 4 Prozentpunkte für die restlichen Jahre. Im Juni 2011 wurde die Laufzeit aller Kredite auf 7,5 Jahre ausgeweitet und die Zinsaufschläge um 1 Prozentpunkt reduziert. Im Februar 2012 wurde die Laufzeit auf 15 Jahre verlängert und der Zinsaufschlag auf 1,5 Prozentpunkt für alle weiteren Zinszahlungen gesenkt. Erste Tilgungen sollten erst ab 2020 stattfinden. Die letzte Lockerung, die im November 2012 beschlossen wurde, verdoppelte die Kreditlaufzeit abermals auf nunmehr 30 Jahre und reduzierte den Zinsaufschlag auf 0,5 Prozentpunkte.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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