Kommentar
12:35 Uhr, 27.07.2007

Hedgefonds und Commodities: Eine explosive Mischung

Wie explosiv die Kombination Hedgefonds und Commodities wirklich ist, haben wir bereits am Beispiel des Hedgefonds Amaranth gesehen.
Doch die Rohstoffmärkte bieten eine breite Spielwiese für Hedgefonds. Alle Experten sind sich sicher, dass die Aktivitäten der Hedgefonds an den Rohstoffmärkten weiter zunehmen werden. Tendenziell steigende Preise bei begrenztem Angebot sowie Diversifikations- und Inflationsschutzüberlegungen bieten institutionelle Anleger wie die US-Pensionsfonds, die mit bis zu 25 Prozent ihres Portfolio in Ronstoffen investiert sind sowie spekulativ orientierten Hedgefonds ein breites Betätigungsfeld.
Damit werden jetzt auch Profi-Strategien bekannt, deren Begriffe früher nur Experten selbst kannten.
Denn neben einfachen Long- oder Short Positionen lassen sich am Derivatemarkt noch viel heißere Strategien abbilden – speziell für Rohstoffe.
Einige weithin unbekannte, ganz spezielle wollen wir hier vorstellen:

1. Intra-Commodity-Strategien:

Diese Strategien gehören zu den Relative-Value-Ansätzen. Relativ-Value-Strategien setzen allgemein darauf, Fehlpreisungen im Verhältnis zweier Rohstoffe zu erkennen und zu nutzen.
Bei Intra-Commodity-Strategien werden Positionen in Optionen oder Futures im gleichen Rohstoff, aber mit unterschiedlicher Laufzeit aufgebaut.
Die Manager versuchen hierbei von Veränderungen der Preisstrukturkurve zu profitieren.
Dabei geht es nicht um die absolute Entwicklung des Rohstoffpreises sondern um die relative Entwicklung der eingegangenen Terminkontrakte zueinander.

Intra-Commodity Positionen beinhalten:
- Regionale Spreads: Ausnutzen kurzfristiger, meist geringer Preisunterschiede an zwei hoch korrelierten und physikalisch verbundenen regionalen Strommärkten.

- Day Ahead (Folgetag) vs. Realtime: Der Trader vergleicht die aktuellen Day-Ahead-Preise regionaler Elektrizitätsmärkte mit den erwarteten Strompreisen zum heutigen Handelstag.
Entsprechend der Erwartung zum heutigen Handelsschluss und in Kenntnis der aktuellen Day –Ahead-Futures-Preise kann er sich sofort entsprechend positionieren.

- Erdgas-Time-Spread/ Handel in Kalenderspreads, also die Wette auf unterschiedliche Preise, gemäß der Jahreszeit.
Insbesondere natürlich im Energiemarkt möglich. Das Problem hier ist das exakte Timing der Futurespositionen. Genau hieran ist Amaranth’s Brian Hunter mit Erdgasspekulationen gescheitert.

- Regionale Erdgas Spreads:
Der Handel in spezifischen Erdgas Regionen, etwa Chicago, Illinois, vs. Henry Hub, Louisiana.

- Rohöl- und raffinierte Produkte- Time-Spreads
Auch dies beinhaltet wie beim Erdgas Trades entlang der sog. „Forwardkurve“.
Hintergrund:
Üblicherweise ist der Erdgas- und Rohölmarkt während des Sommers auf Grund der geringeren Nachfrage in „Contango“. Das heißt, die Futures, die später fällig werden, also etwa nach dem Sommer, sind teurer, da dann mit steigender Nachfrage gerechnet wird. Es treten aber immer wieder temporäre Preisverwerfungen, beispielsweise durch Wetterkapriolen auf, die diese Spekulation zunichte machen und die Futures etwa in „Backwardation“ notieren, also früheres Laufzeitende (Sommer) teurer als Laufzeitende Winter.

2. Inter-Commodity-Strategien

Die Inter-Commodity-Strategien nutzen Preisdifferenzen unterschiedlicher Rohstoffe, die aber in der Regel eine hohe preisliche Korrelation zueinander aufweisen. Diese Preisdifferenzen können etwa durch kurzfristige Schwankungen auf der Angebots- oder Nachfrageseite entstehen.

Beispiele:
- Elektrizität versus Wetter(derivaten)
- Erdgas versus Wetter
Diese Strategien basieren auf Fehlpreisen von Wetter-Risiko gegen Energiepreise. Das Wetter ist zwar der dominierende Faktor bei der Preisgestaltung von Energieträger-Derivaten, doch es gibt immer wieder kurzfristige Fehlbewertungen der Energiekontrakte im Verhältnis zum erwarteten Wetter-Risiko.

- Heat-Rates: Der Handel mit normalerweise hoch korrelierten Elektrizitätsmärkten versus Erdgas in Regionen mit einem hohen Prozentsatz von Erdgas Produkten.

- Crack-Spreads:
Heizöl und Benzin sind Produkte, die durch das chemische „Crack-Verfahren“ aus Rohöl gewonnen werden. Insofern sind die Preise dieser Rohstoffe hoch korreliert. Mit Crack-Spreads werden kurzfristige Preisverwerfungen dieser Rohstoffe bezeichnet, die von der normalen beziehungsweise historischen Korrelation abweichen. Man spekuliert entsprechend auf einen Abbau der entsprechenden Fehlbewertung.

- Spark-Spreads:
Generell gleiches Spekulations-Prinzip wie Crack Spreads, nur hierbei werden Verwerfungen in der Preiskorrelation zwischen Elektrizität und Ergas ausgenutzt.

- Frac-Spreads:
Wie Crack- und Spark-Spreads, hier zwischen Erdgas und Propan. Propan ist ein Gas, das ebenfalls für Heizzwecke verwendet werden kann (Propangas).

Dieser Artikel wurde auf http://www.fonds-reporter.de/ veröffentlicht.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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