HDE: Tarifverträge haben Wirkung für mehr als zwei Drittel der Beschäftigten
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BERLIN (Dow Jones) - Haustarifverträge im Einzelhandel haben laut Handelsverband Deutschland (HDE) eine Wirkung für mehr als zwei Drittel der Beschäftigten in der Branche. Zuvor hatten Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gezeigt, dass im vergangenen Jahr lediglich 23 Prozent der Einzelhandelsbeschäftigten bei einem formell tarifgebundenen Arbeitgeber mit Branchen- oder Haustarifvertrag angestellt waren, nach 38 Prozent im Jahr 2014. Laut HDE orientierten sich aber auch zahlreiche Handelsunternehmen, die formal nicht tarifgebunden seien, an den Tarifverträgen der Branche. Insgesamt gelten damit laut HDE die Tarifverträge in der Praxis de facto für aktuell mehr als zwei Drittel der Beschäftigten in der Branche.
"Die Tarifverträge im Einzelhandel sind eine enorm wichtige Richtschnur für die gesamte Branche. Sie spielen damit eine deutlich wichtigere Rolle, als die reine Statistik zur Tarifbindung auf den ersten Blick vermuten lässt", sagte HDE Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Grund für die seit Jahren in nahezu allen großen Branchen rückläufige Tarifbindung ist dem Verband zufolge vor allem der verringerte Gestaltungsspielraum für die Tarifvertragsparteien aufgrund der immer weiter zunehmenden gesetzlichen Regulierung.
"Vor allem die rein politisch motivierte, sprunghafte Mindestlohnanhebung auf 12 Euro im Jahr 2022, die ohne die Beteiligung der unabhängigen Mindestlohnkommission durchgesetzt wurde, hat viel kaputt gemacht und in den Augen vieler den Wert von Tarifverträgen in Frage gestellt. Das darf sich so nicht wiederholen", mahnte Genth. Äußerungen von Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD), der vergangene Woche einen höheren Mindestlohn gefordert hatte, seien kontraproduktiv.
Der HDE forderte, dass für eine Steigerung der Tarifbindung im Einzelhandel es mehr Flexibilität geben sollte. Konkret sollte es zusätzliche Öffnungsklauseln in bestehenden Gesetzen geben, die neue Gestaltungsspielräume eröffneten, um die Passgenauigkeit und damit Attraktivität von Tarifverträgen zu steigern.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/kla
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