Kommentar
18:40 Uhr, 13.12.2017

Hat uns Japan über den Tisch gezogen?

Vergangenen Freitag geschah etwas, was in den Medien nur eine Randnotiz war. Japan und die EU einigten sich auf ein Freihandelsabkommen.

Laut Theorie gibt es im internationalen Handel nur Gewinner. Im Einzelfall kann das anders aussehen, doch im Durchschnitt gewinnt jeder. Praxis und Theorie können allerdings stark voneinander abweichen. Das war auch ein Thema, welches Donald Trump im Wahlkampf immer wieder ansprach. Er glaubt, dass die USA bei Freihandelsabkommen über den Tisch gezogen wurden.

Damit liegt Trump nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Die USA setzen sich in Verhandlungen für gewöhnlich durch. Es ist zwar nicht so, dass die USA die Bedingungen diktieren können, doch im Normalfall kann das Land einen Großteil seiner Forderungen durchsetzen. Da kann man eigentlich nicht davon reden, dass die USA über den Tisch gezogen werden.

Im Detail sind es vor allem die großen US-Unternehmen, die letztlich die Bedingungen diktieren. Es sind nicht die Politiker. Sie sind – überspitzt formuliert – die Handlanger der Unternehmen. Was die Unternehmen wollen ist aber nicht unbedingt im Interesse des Landes und der Bevölkerung. Man kann es also auch so sagen: die USA lassen sich in solchen Verhandlungen von ihren eigenen Unternehmen über den Tisch ziehen.

Ob die EU da besser ist, kann man nur schwer sagen. Die Verhandlungen über Freihandelsabkommen ist nicht öffentlich. Das war bei TTIP ebenso ein Problem wie jetzt bei den Verhandlungen mit Japan. Von den Details wurde wenig bekannt und es ist auch nach Abschluss der Verhandlungen noch nicht ganz klar, was da eigentlich auf uns zukommt.

In einer Erklärung der EU-Kommission wird davon geredet, dass die Zölle für Gouda (jawohl, Gouda!) wegfallen werden. Das gilt ebenso für Wein und Cheddar. Für japanische Unternehmen sollen im Gegenzug die Zölle für Autoexporte über mehrere Jahre gesenkt werden.

Die EU scheint durch das Abkommen seiner Landwirtschaft einen neuen Markt zugänglicher zu machen. Japan bekommt leichteren Zugang für seine starke Autoindustrie. Deutsche Konzerne dürfte das wenig freuen, wobei das zugegebenermaßen auch davon abhängt, ob sie in Japan nicht auch bessere Geschäfte erwarten können.

Die EU feiert das Abkommen, aber still. Es verbindet zwei große Wirtschaftsräume, die über 20 % der Weltwirtschaftsleistung auf sich vereinen und über 600 Mio. Konsumenten haben. Das klingt ziemlich spektakulär. Die Zahlen des Handels sind aber weitaus weniger grandios. Es werden lediglich Waren im Wert von 125 Mrd. Euro ausgetauscht (Grafik 1). Die EU konnte die Exporte nach Japan steigern. Japan gelang das für viele Jahre nicht mehr. Das Handelsbilanzdefizit verkleinerte sich, beginnt nun aber wieder zu steigen.

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Die Bedeutung des Handels ist für die EU zwar wahrnehmbar, aber auch nicht überlebenswichtig. Grafik 2 zeigt den Anteil der Exporte und Importe. Die Importe aus Japan machen weniger als 4 % der Gesamtimporte aus und lediglich 4 % der EU-Gesamtexporte.

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Das Abkommen ist dennoch ein Zeichen, dass man zu offenen Märkten steht und die Öffnung auch weiter vorantreiben will. Ein wenig ironisch ist das schon, denn die Verhandlungen über mehr Offenheit sind alles andere als offen und transparent. Daher lässt sich auch nicht wirklich sagen, ob das Abkommen nun gut ist oder nicht. Ich denke jedoch nicht, dass eine Seite die andere über den Tisch gezogen hat.

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2 Kommentare

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  • P_44
    P_44

    Meine Güte, hören Sie auf diesem unsäglichen Faschisten recht zu geben!

    09:22 Uhr, 14.12. 2017
  • Isyan
    Isyan

    Wenn Sie nicht denken, dass eine Seite die andere über den Tisch gezogen hat, wieso fragen sie dann in der Überschrift danach?

    08:28 Uhr, 14.12. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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