Handelssysteme(2) - So entwickelt man ein Handelssystem
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Wie gehe ich bei der Entwicklung eines Handelssystems vor ? Wie funktioniert das ? Auf was ist zu achten ? Wie bringe ich die Formeln auf Papier und wie kann ich sie konkret umsetzen ?
--> Beim Systemhandel werden Algorithmen (quasi Formeln) von Menschen programmiert und anschließend wertet der Computer basierend auf diesen Algorithmen die Märkte aus und generiert automatisch Signale. Systementwicklung, Systemhandel, Systemtrading, das ist die Thematik, die ich Ihnen im Rahmen einer umfassenden Artikelserie vorstellen möchte.
--> Dem Systemhandel steht der diskretionäre Ansatz gegenüber, bei dem der Mensch als auswertendes Individuum subjektiv die Märkte beobachtet und analysiert. Der Trader schaut auf den Chart, der Trader wertet den Chart aus, der Trader ist fortlaufend involviert bei der Entscheidungsfindung. Das ist diskretionär. Wenn Herr Weygand Chartanalysen erstellt, wenn Herr Gräfe den DAX Ausblick erstellt und wenn Herr Strehk Momentumtrading betreibt, dann handelt es sich dabei jeweils um den diskretionären Ansatz.
4. Schritte der Handelssystementwicklung
Die Entwicklung von Handelssystemen ist nicht gleichbedeutend mit Backtesting. Backtesting ist ein Teil des Entwicklungsprozesses, zu dem jedoch mehrere Abschnitte gehören, ohne die eine Validierung keine Signifikanz haben würde. Mindestens 5 Teilschritte sind erforderlich.
Erster und wichtiger Schritt der Entwicklung ist die Ermittlung eines geeigneten Berechnungsmodells für Ein- und Ausstiegssignale. Im zweiten Schritt wird das Berechnungsmodell in eine systematische Sprache (Codierung) gefasst, die im Weiteren mit Daten aus der Vergangenheit getestet werden kann. Nach Validierung und Analyse der Ergebnisse können auf dieser Basis mögliche Verbesserungen am Berechnungsmodell erfolgen. Bei diesem Schritt passiert häufig der Fehler, das Berechnungsmodell grundlegend zu verändern, um Verlusttrades zu minimieren.
Das Berechnungsmodell ermitteln
Dieser erste Schritt wird durch die Erfahrung des Systementwicklers und seiner verfügbaren Werkzeuge bestimmt und unterliegt keinen starren Mechanismen. Dieser Schritt ist zeitaufwendig und kann ohne zielgerichtete Vorgehensweise wenig befriedigend sein. Praktische Handelserfahrung kommt dem Handelssystementwickler bei diesem Schritt zu gute.
Es gibt viele Möglichkeiten, ein geeignetes Berechnungsmodell zu finden, wie z.B.
• Visuelle Ermittlung durch Analyse historischer Charts (Mustererkennung)
• Einsatz von technischen Indikatoren
• Neuronale Netze
• Astrologische Ansätze (Mondphasen, Zyklen) u.a.m.
Als Beispiel für die visuelle Ermittlung zeigt Bild 3 sogenannte Inside-Kursmuster (oben: im Abwärtstrend, unten im Aufwärtstrend). Inside-Kursmuster stellen potentielle Wendepunkte dar. Ein Inside-Kursmuster entsteht, wenn der aktuelle Kerzenkörper (inklusive vorhandener Dochte) von der vorherigen Kerze komplett umschlossen wird. Dieses Kursmuster hat umso mehr Gewicht je höher der Zeitintervall des Charts ist. Erfolgt der Ausbruch aus einem Inside-Kursmuster wird am Hoch gekauft bzw. Tief verkauft. Der Stoploss wird nach Kauf am Tief bzw. nach Verkauf am Hoch der Inside-Kerze platziert.
Das Inside-Kursmuster als Beispiel für das Berechnungsmodell kann nun wie folgt als Systembedingung formuliert werden:
{Inside im Abwärtstrend}
WENN
Schlusskurse beider vorheriger Kerzen < als Open-Kurs beider vorheriger Kerzen
UND
Hoch aktueller Kerze < Hoch vorheriger Kerze
UND
Tief aktueller Kerze > Tief vorheriger Kerze
DANN
Kaufe Hoch aktuelle Kerze plus 1 Punkt
UND
Setze Stoploss: Tief aktuelle Kerze minus 1 Punkt
{Inside im Aufwärtstrend}
WENN
Schlusskurse beider vorheriger Kerzen > als Open-Kurs beider vorheriger Kerzen
UND
Hoch aktueller Kerze < Hoch vorheriger Kerze
UND
Tief aktueller Kerze > Tief vorheriger Kerze
DANN
Kaufe Tief aktuelle Kerze minus 1 Punkt
UND
Setze Stoploss: Hoch aktuelle Kerze plus 1 Punkt
UND
Setze Profitziel: XXX Punkte
Um ein vollständiges Handelssystem zu realisieren, wurde mit dem jeweiligen Einstiegssignal gleichzeitig eine Ausstiegsbedingung definiert, der Stoploss, und ein Profit-Ziel.
Im nächsten Beitrag soll es um die konkrete Codierung des Berechnungsmodells und Backtesting gehen.
Fortsetzung folgt ...
Autor: Dipl.-Ing. Lutz Engelland, Handelssystem-Entwickler - http://www.signalworks.de/
Das neue Kapitel "Systemhandel" im Wissensbereich : Bitte hier klicken.
Handelssysteme(1) - Systematisch zum Gewinn - Wenn der Computer die Signale generiert! - Datum 06.05.2008 - Uhrzeit 00:00
Systematische Handelsansätze erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Sie können dem Anwender großen Recherche- und den damit verbundenen Zeitaufwand erleichtern. Handelssysteme geben uns mit ihrer ausgeklügelten Logik und nachvollziehbaren Ergebnissen eine gewisse Entscheidungssicherheit und nicht zuletzt können sie unsere Emotionen in einem gesunden Rahmen halten.
Für die breite Öffentlichkeit und für den normalen Privatanleger ist folgender Unterschied herauszuarbeiten.
--> Beim Systemhandel werden Algorithmen (quasi Formeln) von Menschen programmiert und anschließend wertet der Computer basierend auf diesen Algorithmen die Märkte aus und generiert automatisch Signale. Systementwicklung, Systemhandel, Systemtrading, das ist die Thematik, die ich Ihnen im Rahmen einer umfassenden Artikelserie vorstellen möchte.
--> Dem Systemhandel steht der diskretionäre Ansatz gegenüber, bei dem der Mensch als auswertendes Individuum subjektiv die Märkte beobachtet und analysiert. Der Trader schaut auf den Chart, der Trader wertet den Chart aus, der Trader ist fortlaufend involviert bei der Entscheidungsfindung. Das ist diskretionär. Wenn Herr Weygand Chartanalysen erstellt, wenn Herr Gräfe den DAX Ausblick erstellt und wenn Herr Strehk Momentumtrading betreibt, dann handelt es sich dabei jeweils um den diskretionären Ansatz.
So und nun geht es los ...
In dieser Serie stelle ich Ihnen die Thematik „Handelssysteme“ grundlegend vor. Es werden wichtige Schritte bei der Entwicklung von Handelssystemen erörtert und an praktischen Beispielen veranschaulicht. Sie erfahren die wesentlichen Ansätze systematischen Handelns und den Umgang mit den wichtigsten Systemparametern zur Verifikation von Handelssytemen.
Im weiteren Verlauf werden Systemsignale eines DAX-Handelssystems auf EOD- und auf Intraday-Basis regelmäßig vorgestellt.
1. Diskretionär vs. Mechanisch
Grundsätzlich können Handelsansätze zwischen drei Arten unterschieden werden:
Diskretionäre Händler nutzen viele Informationen aus unterschiedlichsten Quellen, die sie für ihren Handel als wichtig erachten: Charttechnik, Nachrichten, Unternehmensdaten, Astrologie u.v.m.
Der diskretionäre Ansatz bietet die Flexibilität und Vorteile, seine Parameter jederzeit zu verändern und auf neue Marktbedingungen schnell zu reagieren. Umfangreiche Erfahrung an den Märkten und eine adäquate psychische Belastbarkeit sind für den langfristigen Erfolg dieses Ansatzes unabdingbare Voraussetzungen. Diese Konditionen sind bei den meisten Händlern jedoch nicht vorhanden. Daher können die meisten von ihnen ihre Erfolgschancen durch den Einsatz mechanischer Handelssysteme überproportional verbessern.
Mechanische Händler verwenden fest definierte und damit unveränderliche Regelmechanismen, die objektiv nachvollziehbar sind. Ihre Positionen gehen mechanische Händler in der Regel ohne störende Emotionen ein. Voraussetzung dafür ist das Vertrauen in das eigene System, dass durch entsprechende Validierung der Systemperfomance anhand historischer Kursdatenreihen aufgebaut worden ist.
Der Duale Handelsansatz kombiniert den mechanischen mit dem diskretionären Ansatz, wobei durch diskretionäre Entscheidungen der mechanische Ansatz gefiltert, also durch diskrete Entscheidungen optimiert werden soll.
2. Was ist ein Handelssystem?
Grundlage eines Handelssystems bilden Berechnungsmodelle für Kauf- und Verkaufssignale, wobei zusätzlich das Marktrisiko (Verlustrisiko) und Money-Management-Modelle (Algorithmen zur Absicherung vor Verlusten bzw. Sicherung von Gewinnen) berücksichtigt werden. Das Risiko ist die messbare mögliche Verlusthöhe bezogen auf die aktuelle Marktlage. Aufschluss über das Marktrisiko kann z.B. die aktuelle Volatilität (durchschnittlich Schwankungsbreite eines Kurses) bzw. True-Range (Maß für die Volatilität) geben. Das Ergebnis der Risiko-Quantifizierung wird in die Handelssystematik eingebunden oder durch andere Finanzinstrumente (z.B. Optionen) umgesetzt.
In direkter Abhängigkeit zum Ergebnis der Risiko-Quantifizierung steht die Höhe des Tradingkapitals. Das profitabelste Handelssystem würde das Tradingkonto in den Totalverlust führen, wenn das Verhältnis von Tradingkapital zum Risiko unzureichend groß ist.
Erst mit Risiko- und Money-Management-Funktionalität ist ein Handelssystem vollständig entwickelt.
Auf diesen Bereich wird im Teil 4 genauer eingegangen.
3. Gründe für den Einsatz mechanischer Handelssysteme
Der entscheidende Vorteil beim Einsatz mechanischer Handelssysteme liegt in der Möglichkeit der Analyse und Verifikation der Systemparameter. Die mechanischen Regeln können sowohl anhand historischer Daten (In-Sample-Test), als auch anhand von Out-of-Sample-Daten getestet werden. Dabei werden die wichtigsten statistischen Kennzahlen ermittelt, die sich durch ein systematisches Handeln der festgelegten Systemregeln ergeben würden.
Sind die Ergebnisse signifikant und haben statistische Aussagekraft, kann der Erfolg des Handelssystems für eine zukünftige Periode prognostiziert werden. Diese Prognose gibt dem Händler jedoch keine absolute Sicherheit, aber sie kann das notwendige Vertrauen und die psychologische Unterstützung in das Handelssystem für den realen Handel schaffen.
Ein gewisses Maß an Unsicherheit bleibt und muss zwangsläufig einkalkuliert werden, da zukünftige Kursentwicklungen zwar prognostizierbar, aber nicht vorhersagbar bleiben. Mechanische Handelssysteme können jedoch mit entsprechenden Berechnungsmodellen Strukturen in der Preisentwicklung erkennen, die in der Vergangenheit innerhalb eines definierten Zeitrahmens und Zeitfensters profitabel gehandelt werden konnten. Ein Handelssystem kann z.B. die Richtung eines aktuellen Markttrends berechnen, potentielle Umkehrpunkte signalisieren oder zum Positionsmanagement verwendet werden. Dabei steht die Umsetzung einer langfristig profitablen und robusten Handelsstrategie im Vordergrund, der Erfolg einzelner Handelsaktionen ist dabei nicht entscheidend. Zudem werden Handelssysteme nur selten exakt am Top einer Preisentwicklung Signale generieren. Die zu erwartenden Gewinne aus Handelssystemen sollte man daher realistisch einschätzen.
Der Einsatz von mechanischen Handelssystemen erfordert die konsequente Befolgung der systematischen Regeln. Die für den Erfolg erforderliche Disziplin walten zu lassen, fällt vielen Händlern schwer, kann aber z.B. durch automatische Ordersysteme komplett dem Computer überlassen werden.
Fortsetzung folgt ...
Autor: Dipl.-Ing. Lutz Engelland, Handelssystem-Entwickler
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