Halbleiter-Hype: Vom vertikalen zum horizontalen Marktsegment
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Der Halbleitersektor bleibt weiterhin ein heiß diskutiertes Thema unter Analysten und Investoren. In einem jüngst veröffentlichten Bericht der Capital International Group wurden Halbleiter als das "neue Öl" bezeichnet, welches das Räderwerk der Disruption antreibt. Wir stimmen zwar der Einschätzung zu, dass Halbleiter einen wichtigen Bestandteil des Gesamtsystems darstellen, sind jedoch davon überzeugt, dass Daten das neue Öl und Halbleiter die neuen Motoren darstellen. Das klingt zwar weniger glamourös, und doch sind Daten die wichtigsten Antriebskräfte der neuen Wirtschaft – so unverzichtbar wie Öl für den Verbrennungsmotor. Der Hype um den Sektor hat mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das die Bewertungen im historischen Vergleich auf bislang nie erreichte Niveaus steigen ließ. Die Preise für Halbleiter verteuerten sich gemessen am Preis-Umsatz-Verhältnis in den vergangenen zehn Jahren stetig, und zwar von weniger als dem Zweifachen in der globalen Finanzkrise auf aktuell mehr als das Siebenfache. Gleichzeitig steigen die Bruttomargen in einigen Fällen um 20 %. Das Ergebnis ist eine enorme Ausweitung der Preis-Gewinn-Verhältnisse, die uns mittlerweile als nicht mehr gerechtfertigt erscheinen.
Das siebenfache Preis-Umsatz-Verhältnis entspricht dem führender, etablierter Softwareunternehmen. Dieses Verhältnis erscheint uns aufgrund des Entwicklungs- und Wachstumsprofils dieser Unternehmen vergleichbar, wenngleich die Bruttomargen in der Softwarebranche deutlich höher sind. Wir mahnen daher zur Vorsicht vor einer pauschalen Betrachtung des Sektors und weisen auf die Entwicklung in der Halbleiterbranche hin. Diese stellt nicht länger ein homogenes vertikales, sondern vielmehr ein horizontales Marktsegment dar, in dem die vertikale Endanwendung für das Ergebnis der einzelnen Unternehmen von entscheidender Bedeutung ist. Die Entscheidung für oder gegen eine Investition sollte nach unserer Überzeugung nicht länger aufgrund sektorspezifischer, sondern vielmehr branchenspezifischer Überlegungen getroffen werden.
Halbleiter-Engpässe bremsen Automobilindustrie
Die Automobilindustrie bietet beispielsweise aufgrund des zunehmenden Anstiegs des US-Dollar-abhängigen Komponentenanteils autonomer und teilautonomer Fahrzeuge ein klares Wachstumspotenzial. Jüngste Untersuchungen von Arete zeigen einen Anstieg des Komponentenanteils von 310 USD pro Leichtfahrzeug im Jahr 2015 auf 397 USD pro Fahrzeug im Jahr 2019, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 6,4 % entspricht. Dieser Anstieg dürfte sich in den nächsten fünf Jahren auf 630 USD pro Fahrzeug ausweiten, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von nahezu 10 % entspricht. Weder die historischen noch die prognostizierten Wachstumsraten entsprechen jedoch der Zuwachsrate im Softwarebereich, in dem eine Wachstumsrate von 10-15 % mittlerweile als unbedeutend gilt und durchaus 30 % übersteigen kann.
Das Problem in der Automobil-Halbleiterindustrie liegt vielmehr in der fehlenden Produktionskapazität, insbesondere bei den 8-Zoll-Wafer-Fabriken. Das führte wiederum zu einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage und damit zu Engpässen bei den Bauteilen, sowie zu der Überzeugung, dass die Lage in diesem Sektor nur noch besser werden kann. Die Geschichte zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Sobald das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ausgeglichen ist, setzt die Normalisierung ein. Aus diesem Grund erscheint es uns schwierig, in diesem Sektor auf der Grundlage langfristiger branchenimmanenter Bewertungen Mehrwert zu finden.
Ob 5G, IoT, Daten oder KI – Digital 4.0 bietet attraktive Anlagemöglichkeiten
Dies bedeutet jedoch nicht, dass Halbleiterwerte völlig uninteressant sind. In der Tat erkennen wir attraktive Möglichkeiten bei Unternehmen, die der vierten digitalen Säule – Digital 4.0 – zuzuordnen sind. Insbesondere Unternehmen, die in den Bereichen 5G, dem Internet der Dinge (IoT), Daten und künstliche Intelligenz (KI) tätig sind, könnten ein überzeugendes Anlagepotenzial bieten, wobei die Auswahl der Unternehmen eindeutig nach ihrer thematischen Ausrichtung und nicht nach ihrer Branchenzugehörigkeit erfolgen sollte.
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