Kommentar
16:00 Uhr, 20.07.2021

Großer Wachstums-Rebound: Zu früh gefreut

Die Krise stellt sich immer mehr als Marathon heraus. Nun droht der große Wachstums-Rebound zu scheitern, bevor er begonnen hat.

Wie jedes Quartal ist China das erste Land, das weiß, wie schnell es gewachsen ist. Die Zahlen sind daher mit Vorsicht zu genießen. In der Tendenz stimmen die Zahlen. Gerade für das zweite Quartal hätte man sich vorstellen können, dass die Partei zum hundertjährigen Jubiläum großartige Zahlen liefern will. Großartig waren die Zahlen nicht. Das Wachstum fällt geringer aus, als von den meisten Analysten erwartet. China hat seinen Wachstumspeak erreicht. Bis Ende 2021 dürfte sich das Wachstum wieder auf das Vorkrisenniveau abschwächen. Die V-förmige Erholung war kurz, fast schon enttäuschend. Das gilt auch für die USA. Auch 5 Billionen Dollar an Mehrausgaben haben nur ein kleines Wachstumswunder bewirkt. Das Wirtschaftswachstum hat seinen Höhepunkt aller Voraussicht nach gerade überschritten. Bereits im dritten Quartal des laufenden Jahres deuten die Prognosen nach unten. Allen Ländern ist gemein, dass sie nach dem Lockdown rasant gewachsen sind. Relevant ist allerdings nicht dieser Rebound, sondern was danach geschehen ist. Hier ist das Bild wenig erfreulich. Das Wachstum war zum Teil negativ, nicht zuletzt, weil es erneute Lockdowns gab.


Das soll sich mit dem Ende der Lockdowns ändern. Wachstumsprognosen werden nach oben geschraubt. Ein wenig skeptisch darf man sein. China zeigt, dass der Rebound nicht unbedingt nachhaltig sein muss. China hat zwar weniger Konjunkturhilfen beschlossen, doch dafür profitiert das Land von einem anderen Trend.

Da die Produktion in vielen Regionen immer noch nicht problemlos läuft, kann China viel exportieren. Chinas Exporte wachsen so schnell wie seit 10 Jahren nicht mehr. Das will bei 3 Billionen Dollar an jährlichen Exporten etwas heißen. Wenn man schon 3 Billionen exportiert und dann noch fast 30 % wächst, ist das enorm.

Selbst das hohe Exportwachstum sorgt in China für keinen anhaltenden Boom. Das wirft Fragen auf. In Europa und den USA müssen wir uns noch etwas gedulden, um zu wissen, wie schnell die Wirtschaften im abgelaufenen Quartal gewachsen sind. Großbritannien veröffentlich monatliche Zahlen.

Hier sticht ins Auge, dass sich das Wachstum seit April wieder abschwächt (Grafik 3), obwohl die Wirtschaft von der Öffnung eigentlich profitieren sollte. Dienstleistungen können wieder konsumiert werden. Trotzdem beschleunigt sich das Wachstum nicht, es fällt.


Diese Zahlen beinhalten noch nicht die wieder steigenden Fallzahlen in vielen Ländern. Gerade in Asien ist Covid wieder auf dem Vormarsch. Angesichts der wichtigen Rolle in der Produktion und der globalen Lieferkette kann das den Aufschwung auch in Europa abwürgen, wenn die Lieferketten wieder unterbrochen werden.
Das zweite Quartal 2021 ist vorbei und in den meisten Ländern werden die Wachstumszahlen positiv sein. Ökonomen und Anleger feiern bereits jetzt die Wachstumszahlen der nächsten Quartale. Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache. Die Entwicklung in China und Großbritannien sollte jedem zu denken geben.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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