Kommentar
07:23 Uhr, 19.04.2017

Großbritannien hat die Wahl - Brexit "gefährdet"?

Der Brexit ist beschlossene Sache. Oder doch nicht? In Großbritannien wird noch einmal gewählt.

Die Osterpause geht mit einem Knall zu Ende. Premierministerin May kündigte am Dienstag Nachmittag Neuwahlen an. Das hatte sie zwar bisher immer kategorisch ausgeschlossen, doch wer hält sich schon heute noch an seine Zusagen? Egal ob May, Trump, Tsipras usw. Versprechen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren.

Sieht man mal davon ab, dass von Verlässlichkeit wenig zu spüren ist, macht die Entscheidung durchaus Sinn. Man muss nur einen Blick auf die Umfragen werfen und schon wird klar, was läuft. Die Partei der Premierministerin, die Konservativen, liegen im Umfragerausch. Den jüngsten Zahlen nach käme die Partei bei einer Wahl auf über 45 % der Stimmen.

Die Labour Partei unter Corbyn, der dem linken Flügel der Partei zugeordnet wird, hat keine Chance. Die Umfragewerte gehen weiter und weiter zurück. Zuletzt schnitt Labour im Schatten von Margaret Thatcher so schlecht ab. Weniger Stimmen bekam die Partei zuvor nur in ihren Anfangsjahren bis sie in den 1920er Jahren den großen Sprung nach oben schaffte.


Theresa May räumt ohnehin jeden weg, der im Weg steht. Die Brexit-Partei UKIP, die sich als Vater des Brexit versteht (Nigel Farage verglich den Brexit-Erfolg mit dem Sieg nach einem Krieg), kann nicht profitieren. May hat den Brexit zur Chefsache gemacht. Kein anderer schafft es, daraus Kapital zu schlagen.

Insgesamt hat sich die Stimmung im Land verändert. War das Rennen um den Brexit bis zum Schluss sehr knapp und zeigte einen Vorteil der Gegner, hat sich das Bild nach dem Referendum umgekehrt. Grafik 2 zeigt die Ergebnisse der Brexit-Frage nach dem Referendum. Die Befürworter des EU-Austritts liegen für gewöhnlich um ein paar Punkte vorne.

Am Brexit wird zwar nicht mehr gerüttelt, doch die Wahl wird natürlich trotzdem zu einer zweiten Abstimmung darüber. May fühlt sich sicher. Die Umfragewerte sind exzellent und eine Mehrheit scheint sich mit dem Brexit angefreundet zu haben. Das mag auch daran liegen, dass es nach dem Referendum ja gar nicht mehr die Wahl gab.

Viele Kommentatoren sagen May einen Erdrutschsieg voraus. Schlecht wird sie wohl nicht abschneiden, doch ob zu einem Sieg historischer Größenordnung reicht, wage ich zu bezweifeln. Geht man davon aus, dass der Brexit kommt und findet sich damit ab, dann macht May ihren Job gut. Sie bringt die Leute auf Linie und scheint auch einen Weg gefunden zu haben, mit der EU einigermaßen klarzukommen.

Nun wird im Juni bei den Neuwahlen nicht über den Brexit an sich abgestimmt, doch plötzlich haben die Briten wieder die Wahl. Da kann sich die Meinung noch einmal ändern. Es ist das eine, May als Umsetzerin auf dem Papier zu unterstützen und das andere, die Wahl zu haben, sich auch anders entscheiden zu können.

May begründete ihren Entschluss damit, dass sie klare Verhältnisse haben will. Sie erhofft sich eine stärkere Position. Den Umfragen nach mag das so ausgehen, doch bis zum Wahltag wird sich das eventuell noch ädern. Das britische Pfund reagierte positiv auf die Meldung, vermutlich, weil nun tatsächlich klarere Verhältnisse erwartet werden. Am Ende könnte es ganz anders kommen und die Verhältnisse weniger klar werden. Aber gut, wieso sollte man sich auch auf die Brexit-Verhandlungen penibel vorbereiten, um den besten Deal zu erreichen, wenn man auch Wahlkampf führen kann?

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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