Griechenlandkrise für Einsteiger
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Die Griechenlandfrage scheint hochkompliziert zu sein. Sie betrifft jedoch jeden der 330 Mio. Einwohner der Eurozone. Wer weiß schon, was geschehen wird? Vielleicht dürfen unsere Kinder die Sache in 10 oder 20 Jahren noch immer ausbaden. Man kann da gar nicht früh genug beginnen die Sachlage zu erklären. Wie aber würde man einem Kind die Griechenlandfrage näherbringen?
Nun, die Eurozone ist ein Kindergarten. Als der Kindergarten eröffnet wurde (=Euroeinführung) bekam jedes Kind ein Geschenk - eine große Tafel Schokolade (die Schokolade steht im Fall von Griechenland für sehr niedrige Zinsen für Staatsschulden). Die Schokolade schmeckte einigen Kindern so gut, dass sie sie schnell aufaßen. Sie verzehrten das Geschenk viel zu schnell (sie machten zu schnell zu viele Schulden). Dann wurde ihnen schlecht. Sie hatten zu viel von dem Geschenk gegessen (zu hohe Schulden).
Der Arzt (Troika) wurde gerufen. Der Arzt gab den Kindern, die zu viel Schokolade gegessen hatten, eine Tablette (Hilfsprogramm), damit ihnen nicht weiter schlecht sein muss. Der Arzt gab aber nur jenen Kindern eine Tablette, die hoch und heilig versprachen, in Zukunft nur noch ganz wenig Schokolade zu essen. Wegen der Bauchschmerzen versprachen das alle Kinder (sie akzeptierten die Bedingungen des Hilfsprogramms).
Schon kurze Zeit später waren die Bauchschmerzen vergessen und die Kinder wollten wieder Schokolade. Die Kindergärtner (einzelne Regierungschefs, die Eurogruppe und einige Notenbanker) sahen das sehr kritisch und gaben den Kindern keine weitere Schokolade. Die Kinder hatten ja auch versprochen nicht gleich wieder Schokolade zu essen.
Die meisten Kinder waren etwas sauer, weil sie keine Schokolade bekamen, fanden sich damit jedoch ab. Nur ein Kind (Griechenland) hörte nicht auf zu quengeln. Das Kind war schlau und quengelte nicht nur, sondern suchte auch gute Gründe dafür, dass es eine neue Schokolade bekommen sollte. Das Kind war sich sicher: man hätte ihm niemals eine Schokolade schenken dürfen. Zuvor kannte das Kind Schokolade nämlich nicht. Jetzt aber findet es Schokolade ganz toll und schuld daran sind der Kindergarten und der Arzt. Hätte der Arzt die Schmerzen nicht gelindert, dann wäre die Lust auf Schokolade vielleicht vergangen.
Die Zeit kann man nicht mehr zurückdrehen. Das Kind quengelt weiter. Die Kindergärtner sind entnervt. Sie wollen das Kind nicht aus dem Kindergarten (Eurozone) werfen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einerseits wollen sie das Kind nicht ganz alleine durch den dunklen Wald nach Hause schicken (noch tiefere wirtschaftliche Krise als ohnehin schon), andererseits wollen sie auch nicht, dass das Kind später in einen anderen Kindergarten kommt, indem es vielleicht keine Schokolade, aber dafür Eis bekommt (mit eigener Währung zur Abwertung und zum Aufschwung).
Wie Kinder so sind würden die anderen Kinder dann auf einmal auch Eis wollen und vielleicht einfach in den anderen Kindergarten gehen.
Der Kindergarten hat davor etwas Angst. Geht das erste Kind und mag es den anderen Kindergarten lieber, dann könnten andere Kinder auch gehen. Wenn irgendwann nur noch ganz wenige Kinder übrig bleiben, dann muss der Kindergarten vielleicht zugesperrt werden (Auflösung der Eurozone).
Das Kind (Griechenland) möchte eigentlich auch nicht aus dem jetzigen Kindergarten gehen. Es hat die Hoffnung, dass es doch wieder Schokolade bekommt und die mag es doch einfach zu gerne. Außerdem fürchtet sich das Kind vor dem dunklen Wald. Es quengelt also weiter.
Die Kindergärtner überlegen fieberhaft, was sie tun sollen. Sie überlegen, ob man es mit Gummibärchen (Schuldenschnitt) versuchen kann. Wenn das jedoch die anderen Kinder sehen, dann wollen sie auch Gummibärchen. Der Kindergarten hat aber nicht genügend Gummibärchen, um jedem Kind welche zu geben (die Finanzkraft der weniger verschuldeten Länder reicht nicht aus, um Irland, Italien, Portugal, Zypern, Griechenland und Spanien Schulden zu erlassen).
Die Kindergärtner wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Sie sprechen und spielen daher nicht mehr mit dem Kind. Auch die anderen Kinder wollen nicht mehr mit ihm spielen, weil es die ganze Zeit quengelt.
Frage: wie beruhigt man das Kind, ohne die anderen Kinder unzufrieden oder neidisch zu machen?
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Kindergarten, Schokolade, Arzt, Therapie - wo beginnen?
Was Sie, und Sie wissen es wohl besser, Herr Schmale, "vergessen" haben: Die Kinder haben mit der Eröffnung des Kindergartens auch auf eine zentrale Fähigkeit zum Interessensausgleich verzichtet: Die schwächeren Kinder können sich nicht mehr vor dem Zugriff der stärkeren entziehen, mehr noch: die stärkeren "spielen" nun dauerhaft zu denselben Rahmenbedingungen wie die schwächeren. Konnte früher ein Übermaß an Schokolade durch Fasten und Gürtel-enger schnallen ausgeglichen werden so bewirkt Fasten in der neue Konstellation vor allem eine weitere Schwächung der ohnhin benachteiligten Kinder.
Als kurzfristiges Mittel wirkt nunmehr Schokolade umso verlockender, die Aufseher, die in diesem Kindergarten übrigends verläßlich auf Seiten der stärkeren Kinder agieren, unterstützen diese Entwicklung nach Kräften. Dann kommt die Krise (Grippe? Malaria?), alle Kinder werden gezwungen abzuspecken - aber dieser Prozess bedeutet für jedes Kind, je nach Ausgangslage im Verhältnis zu den anderen Kindern, etwas anderes. Geduld und Kooperation wären nun, angesichts der entscheidend veränderten Spielregeln so nötig wie noch nie.
Aber die Aufseher sind schwer überfordert: Es ist zunehmend das stärkste Kind das die Show bestimmt: Als relativer, vielleicht sogar absoluter Gewinner dieser Krise (siehe Zinsen, Euroschwäche, Binnenmigration) übernimmt nun der kleine Rabauke den Laden, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wird die neue Ordnung als "gerecht" "alternativlos" oder schlicht selbstverständlich dargestellt. Die faszinierten oder auch nur eingeschüchterten Aufseher verordnenen immer neue Kuren, die kleinen Schwächlinge kommen wie ja jedermann weiß nur durch Härte wieder auf die Beine.
Die Radikalkur zementiert die neue Ordnung, fast alle Kinder überleben zumindest die Akutphase. Langfristig vermutlich geschwächt aber, wie alle frisch genesesenden froh es überhaupt "geschafft" zu haben werden die Details schnell als "alternativlos" verdrängt. Was sind denn schon 20% Arbeitslosigkeit - solange es in Portugal, nicht in Deutschland passiert.
Und dann ist da noch das Kind mit der schwächsten Ausgangsposition, ein bißchen schmuddelig von Anfang an, überfordert mit Gratisschokolade und unfähig Zurückhaltung, Ordnung, Disziplin zu zeigen wie es der große Rabauke nicht müde wird zu betonen. Und zu schwach die Therapie zu überstehen, was übrigens jeder Arzt (Ökonom) zu jedem Zeitpunkt der Krise vorrechnen konnte.
Und dennoch, werden Sie nun fragen, es haben sich immer Ökonomen gefunden die das Gegenteil behauptet, nein belegt, haben. Nach dem Scheitern ihrer "Progosen" gleich neue Prognose- und Therapierunden einleiteten. In der letzten Phase waren dann allerdings nur mehr Ärzte und Aufseher mit einem persönlichen Verhältnis zum kleinen Rabauken bereit den wissenschaftlichen Unsinn (UnSinn?) zu unterstützen, nicht einmal die abgebrühten Neocons wollten da mehr mit.
Und das Kind? Klein geworden, noch schmuddeligger und noch trauriger. Aus Sicht der Quacksalber allein verantwortlich für das Scheitern der mit so viel Sachverstand und Einfühlungsvermögen verordneten Therapien. Wer könnte auch sonst verantwortlich sein?
Fragen wir den kleinen Rabauken der jetzt das Kommando hat. Groß ist er geworden, irgendwie unnatürlich groß. Die Verantwortung ist wohl doch zu viel für ihn aber was soll´s? Sehen Sie? Er sagt auch das Schmuddelkind sei selber schuld. Und dass erst Härte die Schwachen wieder auf die Beine bringen kann. Hat er schon immer gewußt der Kleine, oder seine Großväter halt.
Tja, so geht´s dann wohl zu in deutschen Anstalten. Wie früher fast schon, oder? Und was neue deutsche Quacksalb - äh Ökonomie betrifft, Herr Schmale, ich könnte Ihre eigenen Texte zitieren als Beweis dass sie´s schon mal besser wussten. Bin mir nicht ganz sicher was daraus zu lernen wäre.
Sorry für die Länge, Urlaubszeit cc
Das Problem ist wohl,das die Schokolade nicht geschenkt, sondern nur geliehen war und der boese Onkel Doktor mehr Schokolade zurueckfordert. Nur hat das Kind wedeer Geld , noch eine Draghi Schokoladenfabrik die Schokolade durch reine Magie entstehen laesst. Armes Kind.
Super Analogie, Clemens!
Ich könnte noch hinzufügen. Das Kind sagt: Schokolade macht süchtig. Ich habt mich also abhängig gemacht und jetzt gebt mir gefälligst mehr Schokolade.
Der Arzt überlegt was er tun kann. Er steigt von Vollmich- auf Bitterschokolade um (Regeln und Reformverlangen für Vergabe neuer Hilfsprogramme) und hofft damit den Entzug einzuleiten.
Ob das klappt weiss er noch nicht...
Zu dieser Analogie müßte man (wenn man die Sache fair beurteilt) hinzufügen, daß der Arzt von Anfang an (2001) großes Interesse daran hatte, den Kindern Schokolade zu verabreichen, weil er damit sein eigenes Geschäft ankurbelt, Und weil die Schokoladeproduzenten (jene, die Geld veranlagen wollen/müssen) ja sonst ihre Schokolade verkaufen können.
Ganz abgesehen davon, daß man Kinder mit Schokolade viel besser unter Kontrolle hat, als Kinder ohne.