Kommentar
13:13 Uhr, 18.06.2015

Griechenland bleibt im Euro, koste es was es wolle

Ein Grexit ist politisch nicht gewollt. Druck kommt auch von der US-Regierung. Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark glaubt, dass die Gläubiger letztlich einknicken werden.

Der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark rechnet damit, dass die internationalen Gläubiger Griechenland im Schuldenstreit letztlich entgegenkommen werden. Die EU-Staaten wollen, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt. "Die Gläubiger werden einlenken, indem sie weniger Bedingungen stellen und indem sie neues Geld zur Verfügung stellen, um auf jeden Fall und [...] was es auch kosten möge, Griechenland im Euro zu halten", sagte er im rbb-Inforadio. Das geschehe vor allem aus politischen Gründen. So übe die US-Regierung Druck auf die Europäer aus, Griechenland zu helfen, um zu vermeiden, dass Nato und EU destabilisiert werden.

Die EU will Griechenland um jeden Preis im Euro halten und Griechenland will den Euro nicht verlassen. Warum konnten sich beide Parteien bisher trotzdem nicht einigen? Beiden Seiten versuchen, bei den Verhandlungen das bestmögliche für sich rauszuholen. Zu diesem Zweck wurde mittlerweile eine beachtliche Drohkulisse aufgebaut. Beide Seiten pokern, dass die gegnerische Seite irgendwann einknickt.

Ich gehe davon aus, dass eine Seite in letzter Minute nachgeben wird. Zu einem Grexit wird es nicht kommen - zumindest nicht kurzfristig. Davon bin ich fest überzeugt. Es sei denn Griechenland und die internationalen Gläubiger verzocken sich.

Für Bundeskanzlerin Merkel war die "Rettung" Griechenlands bisher auch "alternativlos". Abgeordnete in den eigenen Reihen, die diese Linie nicht mittragen wollten, wurden kaltgestellt. Mehr dazu erfahren Sie in meinem Guidants-Stream!

17 Kommentare

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  • Dieter_HW
    Dieter_HW

    Das ganze Theater hat schon einen gewissen Unterhaltungswert. Da bilden wir Doktoren, Professoren und sonstige Nieten im Nadelstreifenanzug aus, aber so ein Problem wie Griechenland mit seinen paar Millionen Einwohnern kriegen wir nicht in den Griff. Nicht Griechenland bereitet mir Sorgen, sondern die Unfähigkeit der hiesigen sog. Experten, nebst Merkel und Co. Griechenland selbst ist doch schlauer als jeder Landwirt mit dicken Kartoffeln. Tsipras und Gefolge machen das eigentlich richtig. Langsam werden die mir sympathisch.

    In diesem Sinne. Gyros ruft.

    19:08 Uhr, 18.06. 2015
  • PaLo
    PaLo

    Wenn ich höre, wie hier im Blog, in unseren Leitmedien und auf politischer Ebene auf "die Griechen", auf Tsipras, seine Regierung und seine Anhänger eingehauen wird, dann muss ich mich doch sehr wundern. Die ganze Misere haben letztendlich die verursacht, die wider besseren Wissens Griechenland förmlich in die EU gezerrt haben – und das waren die gleichen politischen Kräfte, die heute in der EU und im IWF am lautesten schreien. Man hat ja dann auch über Jahre hinweg ausgezeichnet verdient. Griechenland hat man das Geld förmlich hinterher geschmissen, damit es unsere Autos, Luxusartikel usw. kauft oder die Banken mit den Einlagen der Superreichen beste Gewinne machen konnten.

    Tsipras und seine Klientel haben diese Kredite nicht zu verantworten. Jahrzehntelang hat man dem Treiben da unten zugesehen. Auch auf Tsipras' Vorgänger, die mindestens fünf Jahre Zeit hatten, die Basis für eine bessere Zukunft mit unserem Geld aufzubauen, hat man nicht annähernd so eingedroschen wie auf die jetzige Regierung. Die Troika hat zugesehen, wie es den Reichen erlaubt wurde, sich ums Steuernzahlen zu drücken und wie sie ihr Geld außer Landes gebracht und in der Schweiz, in Deutschland und anderen EU-Ländern angelegt haben.

    Mich würde mal eine Statistik interessieren, wie die Kredite in Griechenland verwendet wurden. Wie viel des Geldes floss in Soziales? Noch wichtiger: Welcher Anteil wurde als Kredite an mittelständische und kleine Unternehmen zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, zur Schaffung bzw. Erhaltung von Arbeitsplätzen oder als Investitionsförderung zum Aufbau selbstständiger Unternehmen verwendet? Wie viel unserer Euros flossen schlicht und einfach nur zurück an die Geldgeber, und zwar mit welchem Gewinn? Ich bin davon überzeugt, dass Frau Lagarde oder Herr Schäuble und seine schwarz-roten Kollegen über diese Statistik verfügen. Man will sie uns nur nicht bekannt geben, weil mancher dann sein oberflächliches Urteil über „die Griechen“ ändern könnte.

    Von der jetzigen Regierung wird erwartet, dass sie die Lösung innerhalb von Monaten herbeiführt. Und natürlich wird wieder mal unten angefangen – Renten kürzen, Mehrwertsteuer erhöhen! Es ist doch absolut klar, dass man unter allen Umständen verhindern will, dass eine linksgerichtete Regierung erfolgreich sein könnte. Man will unbedingt vermeiden, dass dies ein Beispiel z.B. für die Spanier oder Portugiesen werden könnte.

    Und schließlich kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Nur weil Merkel & Co. in absoluter Unterwürfigkeit und unter Vernachlässigung unserer eigentlichen europäischen Interessen verhindern wollen, dass die gefährlichen geopolitischen Spielchen der Amerikaner in Osteuropa gestört werden, wird es nicht zu einem Grexit kommen. Ich kann es Tsipras nicht verübeln, wenn er diese Tatsache durchaus berücksichtigt. Ich jedenfalls wünsche ihm Standhaftigkeit und Erfolg.

    Und warum beklagt man sich nicht in vergleichbarer Weise über die Ukraine? Dort werden die Forderungen nach einem Schuldenschnitt immer lauter. Das hindert uns aber nicht, weitere Milliarden zu investieren. Wenn nur das geschundene Volk dort – auch in der Ostukraine – wenigstens etwas davon hätte. Aber nein, Waffen müssen her, um „die Kosten für die Russen zu steigern“, so wie das die Amis und die Nationalisten in Polen und den baltischen Republiken als ihre Lakaien wünschen. Ein Großteil des Geldes verschwindet zudem in den Taschen der Oligarchen. Warum spenden die nicht einen kleinen Teil ihrer erschwindelten Milliarden für das Wohl ihres Landes? Und wieder machen wir wider besseren Wissens mit. Wehe uns, wenn die Republikaner demnächst den Präsidentenstuhl in den USA besetzen werden …

    17:09 Uhr, 18.06. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Combo
    Combo

    Ich frag mich langsam, was der ganze Quatsch soll. Lasst die Griechen doch endlich wieder Griechen sein mit ihrer eigenen Währung und allen Konsequenzen!! Man muß sich langsam fragen was überhaupt in den Hirnen unserer Politiker vorgeht. Die machen ja was sie wollen und der deutsche Michel schaut treu doof zu...

    15:06 Uhr, 18.06. 2015
  • klaerchen
    klaerchen

    Laut Rechnung des IWF hat Griechenland von 2008 - 2013 enorme 16,5% des BIP gespart. Kein einziges Land hat sich jemals einer derartigen Radikalkur unterzogen. Den Haushalt aber ohne Wirtschaftswachstum zu konsolidieren, hat noch nie funktioniert - auch nicht in Schweden anfang der 90er, wie der Ökonom Odendahl jüngst in der Süddeutschen beschrieb. In Griechenland stiegen im gleichen Zeitraum aber die Schulden, eben weil die Wirtschaft geschrumpft ist. Was ist daran so schwer zu verstehen, das bloßes Sparen niemals helfen wird? Ein Staat funktioniert nun einmal anders als eine Familie. Griechenland brauch beides: Gemäßigte Konsolidierung und Wachstum.

    15:03 Uhr, 18.06. 2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... und um es klar zu sagen:

    Wenn die Griechen so verhandeln, dass der Austritt unumgänglich ist, dann trägt die griechische Regierung dafür die BVerantwortung.

    Im Klartext: keine Gelder, keine Medikamente, keine humanitäre Hilfe im Falle des selbstverschuldeten Grexits.

    Man kann nicht sagen: Wasch mich, aber mach mich nicht nass ... - wenn Austritt, dann mit allen Konsequenzen. Und das heißt, dass der Rest Europas ab dem Zeitpunkt des Austritts nicht mehr für Griechenland verantwortlich ist. Ob es dann zu einer Katastrophe kommt - auch humanitärer Art - interessiert mich dann nicht mehr. So wird verhandelt ... - ohne Wenn und Aber ...

    14:35 Uhr, 18.06. 2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... das ist ja das Problem, dass unseren idiotischen Volksvertreter den Griechen ja zu jedem Zeitpunkt signalisieren: "Wir wollen euch im Euro halten ... - im Zweifelsfall werden wir nachgeben ... !"

    Oh man, wie will man denn da ordentlich verhandeln, wenn die Gegenseite eh weiß, dass man in letzter Konsequenz einknicken wird ...

    Ich wäre dafür, die Griechen endlich ins wirtschaftliche Chaos - ins wirtschaftliche Mittelalter - zurückzubomben ... - koste es was es wolle ...

    14:30 Uhr, 18.06. 2015
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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