Kommentar
08:00 Uhr, 07.04.2014

Griechenland: Befreiungsschlag oder Größenwahn?

Griechenland will an die Finanzmärkte zurück. Soweit so gut. Ist das Krisenland schon soweit?

Die Rückkehr ist recht ambitioniert geplant. Die Financial Times berichtete, dass eine erste fünfjährige Anleihe noch vor Ostern begeben werden soll. Das Volumen soll zwischen 2 und 3 Mrd. EUR betragen. Über die mögliche Rendite zerbrechen sich Investoren gerade den Kopf. Schätzungen zufolge sollte der Spread zu italienischen Anleihen bei mindestens 250 Basispunkten liegen. Italienische fünfjährige Anleihen haben derzeit eine Rendite von 2%. Für Griechenland bedeutet das eine Minimumrendite von 4,5%.

Das Selbstbewusstsein wurde wohl gefasst, weil griechische Unternehmen erfolgreich an die Märkte zurückgekehrt sind. Die Piraeus Bank begab im vergangenen Monat eine Anleihe über 500 Mio. Die Emission war sechsfach überzeichnet. Die Anleihe läuft bis 2017 und rentierte bei Emission mit 5%. Inzwischen ist der Preis der Anleihe gestiegen und die Rendite gesunken - auf 4%.

So schlecht sind die Voraussetzungen eigentlich gar nicht. Das mag aber täuschen. Im Gegensatz zum Staat hat Piraeus in den vergangenen Jahren sehr viel Eigenkapital eingesammelt. Die Bank ist gut kapitalisiert. Die Fremdkapitalquote ist äußerst gering (ca. 10% zum Eigenkapital). Beim Staat sieht das ganz anders aus. Griechenland war und ist nach wie vor bankrott und hängt am Tropf der internationalen Geldgeber. Verständlich, dass Griechenland wieder selbstständig werden möchte. Aber das wird auf viele Jahre und Jahrzehnt nicht möglich sein. Das Land kann ja beim besten Willen nicht über 200 Mrd. einfach so zurückzahlen.

Der Punkt ist aber gar nicht, ob Griechenland bankrott ist oder nicht. Viel mehr geht es darum, was die Rückkehr an die Finanzmärkte bedeutet. Gelingt Griechenland die Rückkehr, dann ist das ein Erfolg sondergleichen. Mit einem solchen Vertrauen im Rücken sollte bei erfolgreicher Platzierung eine Rallye einsetzen. Das Gegenteil könnte geschehen, wenn die Platzierung fehlschlägt. Das wäre ein ziemlicher Schlag ins Gesicht. Investoren würden damit ein klares Statement machen: "Wir vertrauen der Regierung nicht." Das kann zu einer kleinen Schockwelle führen, die die Renditen wieder ansteigen lässt (10 jährige gr. Anleihen rentieren aktuell bei ca. 6%) und den Aktienmarkt in eine Korrektur schickt.

Selbst wenn die Platzierung gelingt, birgt sie ein gewisses Risiko. Kann sich Griechenland wieder selbst finanzieren, dann könnten die Politiker das ohnehin mäßige Reformtempo weiter drosseln. Das würde vielleicht ein Jahr lang funktionieren. Dann aber stünde das Land wieder dort, wo es 2010 schon einmal war und könnte nicht mehr eigenständig überleben.

Bisher lief der Aktienmarkt in Griechenland sehr gut. Im Vergleich zu den anderen Krisenstaaten konnte der Markt seit dem Tief am meisten zulegen (+134% gegenüber 70 bis 80% in Spanien, Italien und Portugal). Zugegeben, der Markt ist auch viel tiefer gefallen als andere. Die Outperformance geriet zuletzt ins Stocken. Während die anderen Krisenländer gerade wieder zur Rallye ansetzen, tut sich seit einem Monat in Griechenland eigentlich nichts. Der Markt tritt auf der Stelle. Meiner Meinung nach ist das die Folge der Überlegungen, an den Anleihemarkt zurückzukehren. Investoren sind nervös. Vollkommen zurecht, wie ich finde. Die Rückkehr an die Finanzmärkte kann ein Desaster werden - oder ein grandioser Erfolg.

Clemens Schmale
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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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