Kommentar
11:10 Uhr, 25.03.2008

Grenzüberschreitende Steuerraster

Bereits Mitte 2005 gelang den Finanzministern ein großer Schritt zu grenzüberschreitenden Kapitalkontrollen. Seitdem setzen neben allen 27 EU-Staaten auch die Schweiz, Liechtenstein, die Kanalinseln, Andorra, Gibraltar, die Cayman-Inseln oder Guadeloupe die EU-Zinsrichtlinie um. Von den aus Anlagesicht stabilen Ländern in Europa bleiben nur Norwegen und Island verschont. In den übrigen Staaten werden jetzt ausgezahlte Zinsen ans heimische Finanzamt des Anlegers gemeldet oder einer Quellensteuer unterworfen.

24 EU-Staaten und einige Steueroasen in Übersee versenden automatisch Kontrollmitteilungen, Österreich, Luxemburg und Belgien sowie weitere eingebundene Drittstaaten erheben eine Quellensteuer. Der Satz liegt ab Mitte diesen Jahres bei 20 Prozent. Banken in Österreich haben auf diese Weise von deutschen Kunden 2006 rund 45 Millionen Euro kassiert, in der Schweiz waren es 84 und in Liechtenstein 5,9 Millionen Euro. Die persönlichen Daten werden zwar bankintern gemäß der Richtlinienanweisung erfasst, der Steuereinbehalt erfolgt jedoch anonym. Dieser Vorteil bringt aber auf Dauer nicht viel, da die Quellensteuer künftig zehn Prozent über dem heimischen Abgeltungssatz liegt. Ab 2011 werden nämlich 35 Prozent fällig.

Nur wer die Erträge dem heimischen Finanzamt deklariert, darf die jenseits der Grenze abkassierte Steuer anrechnen. Der entsprechende Eintrag befindet sich auf der Anlage KAP. Sparer können den Einbehalt auch gleich vermeiden, indem sie der Bank in Vaduz oder Monaco die Versendung von Kontrollmaterial an den deutschen Fiskus erlauben. Von dieser Option haben in der Schweiz rund 90.000 Anleger mit Wohnsitz in der EU Gebrauch gemacht, die ihre Erträge sowieso ehrlich angeben. Die Auswirkung der Richtlinie verschärft sich künftig nicht nur durch den ansteigenden Steuersatz. Das Schlupfloch der vor März 2001 emittierten so genannte Grandfathering-Anleihen ohne Kontrolle trocknet aus. Die werden alle in den kommenden Jahren fällig, für notwendige Ersatzinvestitionen im Rentenbereich gibt es keine Ausnahmeregelung mehr. Das gilt auch für Fonds, die in solche begünstigten Anleihen investieren. Die müssen sich mangels Angebot langfristig ebenfalls mit Quellensteuer oder Kontrollmitteilungen für ihre Besitzer anfreunden. Zudem strebt die EU-Kommission an, Hongkong, Singapur und Macao einzubinden. Insbesondere Schweizer Banken überweisen die Erträge der Auslandskundschaft gerne auf ihre Töchter in diesen asiatischen Staaten. Durch diesen Transfer entgehen die Zinsen derzeit noch der Quellensteuer.

24 EU-Staaten sowie Drittstaaten wie die Cayman-Inseln oder Gibraltar versenden gleich grenzüberschreitend Kontrollmitteilungen über Kapitalerträge nebst Informationen über die Bankverbindung. Die landen auf dem Tisch vom Wohnsitzfinanzamt des Anlegers. Der Sachbearbeiter prüft dann, ob sich die Daten mit den Inhalten der Steuererklärung decken. Damit fallen verschwiegene Auslandskonten mit nur einem Euro Zinsen sofort auf. Die Banken in den Steueroasen sind aber noch nicht vom Austrocknen bedroht. Denn auf viele Kapitalprodukte wirken derzeit weder Quellensteuer noch Kontrollmitteilungen. So sind Aktien, Zertifikate, Immobilienfonds, Optionsscheine, Stiftungen, Versicherungen und Terminmarktgeschäfte ausgenommen.

Auch hier will die EU Ausnahmen streichen, insbesondere für Stiftungen, Trusts und Vermögen im Versicherungsmantel sieht sie akuten Handlungsbedarf. Dafür können die Kreditinstitute jenseits der Grenze und in Steueroasen bei deutschen Anlegern jetzt mit einem neuen Argument punkten. Da es 2009 zum Wegfall der Spekulationsfrist kommt, unterliegen Gewinne aus Börsengeschäften generell der Abgeltungsteuer von 25 Prozent. Erfolgt nun der Verkauf künftig über ausländische Depots, unterliegt das Geschäft mit Aktien oder Zertifikaten weiterhin nicht der Zinsrichtlinie, so dass je nach Land weiterhin weder Quellensteuer noch Kontrollmitteilungen anfallen und die Auslandsbanken auch keine Abgeltungsteuer einziehen.

FAZIT

Dennoch müssen Sparer beachten, dass sie die über ausländische Konten und Depots kassierten Kapitaleinnahmen und realisierten Kursgewinne in der heimischen Steuererklärung ab 2009 angeben haben. Dies gilt unabhängig davon, ob sie der Richtlinie unterliegen oder nicht. Dann erhebt das heimische Finanzamt die Pauschalsteuer von 25 Prozent im Nachhinein.

Autor: Markus Miller

Markus Miller ist Chefredakteur des renommierten Wirtschaftsmagazines „Kapital & Steuern vertraulich“, Herausgeber mehrerer Publikationen und Gründer des Internetportals GEOPOLITICAL.BIZ sowie Herausgeber der kostenlosen Online-Zeitung GEOPOLITICAL-NEWS. GEOPOLITICAL.BIZ ist eine Internet Business-, Marketing und Informationsplattform (rund um das Segment Private Banking und Wealth Management) und ein einzigartiges, interaktives Medien-Informationsnetzwerk in den Bereichen Risikomanagement, Consulting, Recht, Steuern, Vermögen, Immobilien, Wirtschaftsprüfung, Banken, Kapitalmigration, Medien, Marketing und Globalisierung.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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