Kommentar
16:55 Uhr, 07.06.2021

Globaler Mindeststeuersatz kommt: Was bedeutet das für die Börse?

Am Samstag einigten sich die G7 Staaten auf einen Mindeststeuersatz für Unternehmen. In den USA und der EU dürften so die Nachsteuergewinne um 150 Mrd. sinken. Kann das ohne Folgen für die Kurse bleiben?

Über einen globalen Mindestsatz wird schon lange nachgedacht. Ohne die hohen Kosten der Coronakrise hätte man sich vermutlich nicht geeinigt. Zusätzliche Steuereinnahmen werden nun aber benötigt, um die Schuldenberge zu bedienen oder im Idealfall abzutragen. Der Einigungsdruck war groß genug. Der Mindeststeuersatz soll bei 15 % liegen. Bereits an diesem Punkt kommen erste Fragen auf. 15 % sind viel niedriger als in den meisten Ländern. In den USA liegt der Steuersatz bei 21 %, in vielen anderen bei 25-30 % (Grafik 1). Was bringt da ein Mindeststeuersatz von 15 %?


Er bringt viel. Unternehmen wie Microsoft oder Facebook sind global tätig und verschieben die Gewinne dorthin, wo die Steuersätze niedriger sind, z.B. nach Irland. Das können sie in Zukunft immer noch tun, allerdings kann dann die Regierung in den USA die Differenz zum Mindeststeuersatz verlangen.

In Irland liegt der Steuersatz bei 12,5 %. Angenommen, Facebook würde seinen ganzen Gewinn dorthin verschieben und 12,5 % zahlen, dann würde die US-Regierung 2,5 % erheben, damit der globale Mindestsatz von 15 % eingehalten wird. Das bringt zusätzliche Steuereinnahmen für viele Länder.

Staaten, deren Wirtschaftsmodell auf niedrigen Steuern beruht, haben nun ein Problem. Für Großkonzerne macht es plötzlich keinen Sinn mehr, in Steueroasen Hauptquartiere zu errichten und teils auch viele Menschen zu beschäftigen. Daher lobbyieren einige Länder gegen den Mindeststeuersatz.

Die Angst, viele Unternehmen zu verlieren, ist vermutlich übertrieben. 15 % sind immer noch attraktiver als etwa 21 %, wenn man sein ganzes Geschäft in den USA hat. Der Widerstand einzelner Länder dürfte aufgegeben werden. Dennoch kommt der globale Steuersatz nicht sofort. Bisher sind sich nur die G7 einig. Nun müssen die OECD Länder überzeugt werden. Bis die ersten Steuern tatsächlich gezahlt werden, könnten vier oder fünf Jahre vergehen.

Anleger müssen sich also nicht sofort fürchten. Mittelfristig sinken die Margen von einigen Unternehmen erheblich. Facebook und Amazon zahlten im letzten Jahr deutlich unter 15 % Steuersatz. Bei anderen Technologiekonzernen schwankt der Steuersatz um diesen Wert (Grafik 2). Klar ist, dass Big Tech am wenigsten zahlt.


Daher ist mit 15 % auch noch nicht Schluss. Konzerne wie Alphabet sollen einer Zusatzsteuer unterlieben. Gewinnmargen oberhalb von 10 % dürften extra besteuert werden. Das trifft Big Tech. Wie stark das am Ende die Gesamtmarge beeinflusst, ist noch nicht klar. Deutlich wird aber, dass Unternehmen zukünftig mehr Steuern zahlen werden.
In den USA, wo der Satz bei 21 % liegt, zahlen Unternehmen effektiv 14 % Steuern (Grafik 3). Mit dem globalen Mindestsatz und geschätzten Zusatzeinnahmen von 100 Mrd. pro Jahr, würde der effektive Satz auf 18 % steigen. Ein Großteil dieser Steigerung entfällt auf Big Tech. Unter diesen Umständen wird es nicht leichter, die hohen Bewertungen zu rechtfertigen. Immerhin, die Steuern lassen noch auf sich warten. Es ist unwahrscheinlich, dass Anleger sofort eine radikale Neueinschätzung vornehmen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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