Kommentar
11:53 Uhr, 01.02.2017

Globale Wachstumsschwäche: Muss der Staat es richten?

Das weltweit niedrige Wachstum lastet auf der Seele vieler Politiker. Sie hätten gerne höheres Wachstum. Wenn nötig, soll dieses über höhere Staatsausgaben erzwungen werden. Aber geht das überhaupt?

Die kurze Antwort lautet: es kommt darauf an. Konkret kommt es darauf an über welches Land man spricht. In Ländern, in denen die Arbeitslosigkeit hoch ist, können höhere Staatsausgaben Wirkung zeigen. In anderen Ländern wie den USA und Deutschland dürfte die Wirkung marginal sein oder sogar komplett verpuffen.

Staatsausgaben sollten immer Wachstum fördern - oder?

Auf den ersten Blick erscheint das etwas skurril, denn wenn der Staat mehr ausgibt – unabhängig von der Arbeitslosigkeit – wird mehr nachgefragt. Wird mehr nachgefragt, dann steigt auch die Wirtschaftsleistung. Die Wirtschaftsleistung ist ja nichts weiter als die Summe aller nachgefragten Güter und Dienstleistungen.

Die Sache hat aber einen Haken. Ist die Arbeitslosigkeit niedrig, wer soll dann die zusätzliche Nachfrage bedienen? Irgendjemand muss ja die Produkte und Dienstleistungen herstellen, die zusätzlich nachgefragt werden. Weist ein Land bereits Vollbeschäftigung aus, dann gibt es kein Personal, welches die zusätzliche Nachfrage bedienen könnte.

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Die Arbeitslosigkeit ist in den USA gering. Auch in Deutschland sehen wir Rekordbeschäftigung. Wird nun mehr nachgefragt, bedeutet das nicht automatisch, dass auch mehr produziert wird. Kann nicht mehr produziert werden als bisher, steigt auch die Wirtschaftsleistung nicht.

Inflationsgefahr bei hoher Auslastung

Gibt der Staat mehr aus, steigt die Nachfrage. Kann die höhere Nachfrage jedoch nicht bedient werden, kommt es nur zu einem Effekt: die Preise steigen. Ist die Nachfrage höher als das Angebot und kann das Angebot nicht erhöht werden, müssen die Preise steigen, um für ein Gleichgewicht zu sorgen.

Genau diese Argumentation hat die US-Notenbank vor Augen, wenn sie die Plänen der Trump Administration beurteilt. Bei einer Wirtschaft, die nahe der Vollbeschäftigung ist, bringt höhere Nachfrage nichts. Höhere Nachfrage führt langfristig dazu, dass Unternehmen ihre Produktionskapazitäten ausweiten, um die Nachfrage bedienen zu können. Das braucht jedoch viele Jahre und ist nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen.

Für höhere Produktionskapazitäten braucht es zwei Dinge: mehr Arbeitnehmer und höhere Produktivität, also mehr Output pro Person. Wegen der Vollbeschäftigung können nicht einfach unbegrenzt mehr Menschen eingestellt werden und bis die Produktivität steigt, vergehen Jahre. Maschinen müssen ersetzt und neu angeschafft werden. Das geschieht nicht innerhalb von wenigen Monaten.

Man muss langfristig denken

Unternehmen investieren zudem nur in neue Anlagen, wenn die Nachfrage langfristig hoch bleibt. Ein Konjunkturprogramm ist vorrübergehend. In höhere Produktionskapazitäten zu investieren macht wenig Sinn, wenn die Nachfrage nach einem oder nach zwei Jahren wieder wegfällt.

Die Fed ist aus diesen Gründen der Meinung, dass höhere Staatsausgaben nur die Inflation anheizen und nicht den Output an sich. Das reale Bruttoinlandsprodukt würde also trotz höherer Ausgaben nicht steigen.

Natürlich gibt es auch eine andere Sichtweise. Grafik 1 zeigt die US-Kapazitätsauslastung. Diese sinkt seit Jahrzehnten. Vor der letzten Krise lag sie zeitweise noch über 80 %. Heute steht sie bei 75 %. Vor 50 Jahren gab es sogar Werte nahe der Marke von 90 %. Theoretisch würde also Kapazität zur Verfügung stehen, um höhere Nachfrage zu bedienen.

Noch sind die Kapazitäten aber nicht voll ausgelastet

Die Inflation steigt für gewöhnlich an, wenn die Auslastung steigt. Je knapper die freien Kapazitäten sind, desto stärker steigen die Preise. Die Inflation ist dabei ein Nachzügler. Erst steigt die Auslastung, danach steigen die Preise. In den letzten Zyklen erreichte die Inflation nach der Maximalauslastung zwischen 3 % und 6 %.

In den 80er Jahren führte eine Auslastung von 85 % zu einer Inflationsrate von 6 %. In den 90er Jahren kam es zu einem Preisanstieg von 3,5 %. Vor der letzten Rezession reichte eine Auslastung von 80 %, um für eine Teuerungsrate von 4 % zu sorgen. Heute würde eine Auslastung von 78 % vermutlich schon die Inflation über 3 % drücken. Das ist mehr als das Preisziel der Notenbank.

Die Kritik der Notenbank scheint berechtigt zu sein. Höhere Staatsausgaben laufen dennoch nicht komplett ins Leere. Noch gibt es freie Kapazität und die Investitionen waren in den letzten zwei Jahren rückläufig. Ein wenig Spielraum nach oben besteht. Wunderwerke darf man sich jedoch nicht erwarten. Grafik 2 zeigt, was bei einer Normalisierung der Investitionstätigkeit in Kombination mit höheren Staatsausgaben und einer verbesserten Handelsbilanz möglich ist.

Clemens Schmale

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7 Kommentare

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  • AMIR
    AMIR

    oh,Man Mann Mann ! Wann kommt das Kind :-)

    21:27 Uhr, 01.02. 2017
  • Data75
    Data75

    Bedenkt man jedoch, dass die Vollbeschäftigung ein Märchen ist und nur viele Menschen gar nicht mehr in der Statistik sind, gibt es noch genug Leute, welche die Nachfrage bedienen können. ;)

    18:32 Uhr, 01.02. 2017
  • netzadler
    netzadler

    also ich finde Konsum mittlerweile zum kotzen, es nervt einfach nur noch

    14:21 Uhr, 01.02. 2017
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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