Kommentar
13:20 Uhr, 07.12.2021

Gilt "buy the dip" bei Aktien immer noch?

Seit Ende März 2020 konnte man nichts falsch machen, wenn man jeden noch so kleinen Rücksetzer kaufte. Gilt das immer noch?

Der seit Frühjahr 2020 geltende Aufwärtstrend beim S&P 500 ist nach wie vor intakt. Die Nerven liegen dennoch blank. Obwohl der S&P 500 keine 4 % unter seinem Allzeithoch steht, ist der Volatilitätsindex VIX regelrecht explodiert. Je größer die Schwankungen sind und je tiefer die Korrektur, desto höher steht der VIX für gewöhnlich. Eine nennenswerte Korrektur gab es noch nicht, doch der VIX erreichte mit 35 Punkten ein Niveau, das schon fast an Panik erinnert. Der VIX stieg in den vergangenen Rücksetzern um 30-40 % an. Dieses Mal waren es 100 %. Etwas hat sich im Hintergrund verändert.

Die hohe Nervosität ist geradezu greifbar. Grund für Nervosität gibt es. Mitte Dezember wird die Fed mit hoher Wahrscheinlichkeit ein schnelleres Ende von QE bekanntgeben. Auch die denkbare Anzahl an Zinsschritten für das kommende Jahr dürfte angehoben werden. Und dann ist da noch die neue Virusvariante…

An Sorgen mangelt es nicht. Trotzdem haben Aktien bis Jahresende eine Chance, noch einmal nach oben zu drehen. Die Marktbreite erreichte zumindest in den USA ein Niveau, welches in der Vergangenheit für Käufe genutzt wurde (Grafik 1). Der Anteil an Aktien oberhalb der 50-Tagelinie fiel auf 29 % zurück. Werte um 30 % wurden bisher immer wieder für Käufe genutzt.


Das Motto der letzten Quartale, „Buy the Dip“, ließ sich anhand der Marktbreite genau benennen. Nun wurde das Niveau wieder erreicht. Erste Versuche eines Rebounds gibt es. Gesichert ist es nicht, dass Buy the Dip auch jetzt wieder funktioniert. Die langfristige Marktbreite (Aktien oberhalb der 200-Tagelinie) sendet nach wie vor keine guten Signale (Grafik 2).


Hier tendiert der Wert weiter nach unten. Die Marktbreite erodiert, während sich der S&P 500 weiterhin auf hohem Niveau befindet. Eine solche Divergenz hat nicht ewig Bestand und löst sich früher oder später auf. Ob sie sich auflöst, indem Aktien fallen oder die Marktbreite wieder steigt, wissen wir aktuell noch nicht.

Persönlich beobachte ich die Lage vorerst weiter, ohne mein Depot anzupassen. Ich habe im März und April 2020 Aktien mit der Intention „Buy and Hold“ gekauft, allerdings im vergangenen Sommer die Investitionsquote leicht nach unten gefahren. Kommt es zu einer größeren Korrektur, steht Geld zum Kauf bereit.

Kurzfristig bleibt es dabei: Buy the Dip gilt immer noch. Käufer haben sich gefunden, Schnäppchenjäger waren bereits am Montag unterwegs. Zudem heißt es nicht ohne Grund, dass der Markt entlang einer Wand aus Sorgen (Wall of Worry) steigt. Sorgen gibt es viele, aber keine ausgesprochene Gefahr.

Die langfristige Marktbreite und der enorme Volatilitätsanstieg zeigen jedoch auch, dass Buy the Dip immer weniger selbstverständlich wird. Für dieses Jahr sollte es im S&P 500 dennoch für ein neues Allzeithoch reichen, wenn auch knapp.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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