Kommentar
20:40 Uhr, 20.04.2017

Gewinnrezession vorbei? Nicht ganz

In den USA sanken die Unternehmensgewinne mehrere Quartale hintereinander. Der Trend ist seit Ende 2016 gebrochen. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings.

Die US-Berichtssaison läuft gerade erst an und schon zeigt sich ein bekanntes Bild: die Banken überraschen mit hohen Gewinnen und gesundem Umsatzwachstum. Das ist kein Zufall. US-Banken geht es im Vergleich zu anderen Branchen sehr gut. Grafik 1 zeigt dazu die Entwicklung der Gewinnmargen. In der Finanzindustrie liegt die Marge ungefähr beim Doppelten aller anderen Industrien zusammen.

Trotz höherer Kapitalanforderungen und mehr Regulation bleibt die Marge in einem recht beeindruckenden Bereich. Das war nicht immer so. Bis in die späten 90er Jahre waren die Margen mit anderen Industrien vergleichbar. Es ist also ein noch recht neues Phänomen, dass die Finanzindustrie eine wahre Gewinnmaschine ist.

Unter diesen Umständen wundert es auch nicht, dass die Finanzindustrie immer mehr Anteil an der Gesamtmarge hat (Grafik 2). Es gab einmal Zeiten, da vereinnahmte die Finanzindustrie nur 1 % der Gesamtmarge. Derzeit sind es 3,5 %. Die Tendenz ist weiter steigend. Schon jetzt erwirtschaftet die Finanzindustrie ein Drittel sämtlicher Gewinne in der US-Volkswirtschaft. Andere Industrien verdienen im Vergleich immer weniger.

Bankaktien konnten nach der Präsidentschaftswahl stark zulegen. Anleger hofften auf noch höhere Margen, wenn erst einmal die Deregulierung beginnt. Bei den ohnehin astronomischen Margen fragt man sich, wohin die überhaupt noch steigen sollen.

Wie dem auch sei, für alle anderen Branchen bleibt unterm Strich immer weniger übrig. Die Margen erreichten ihr zyklisches Hoch im dritten Quartal 2014. Danach sanken sie so schnell wie sonst nur in Zeiten eines Abschwungs. Grund dafür war der Crash der Ölpreise, der die Gewinne im Rohstoffsektor kollabieren ließ.

Die Ölpreiskrise ist eigentlich vorbei. Trotzdem sinken die Margen weiter. Das ist vor allem dem Inlandsgeschäft geschuldet. Grafik 3 zeigt die Entwicklung der Gesamtgewinne (Inland und Ausland) von US-Unternehmen und die Gewinne, die nur im Inland erwirtschaftet werden. Die Gesamtgewinne steigen wieder. Da die Gewinne im Inland nach wie vor unter Druck stehen, kommt das Wachstum fast ausschließlich aus dem Ausland.

Nun geht es der US-Wirtschaft derzeit nicht gerade schlecht. Entsprechend wundert es, dass die Gewinne im Inland nicht steigen können. Das hat relativ einfache Gründe. Einerseits steigen die Kosten. Vor allem die Löhne steigen derzeit mit einer Jahresrate von knapp 3 %. Andererseits können Unternehmen höhere Kosten nur schwer an Konsumenten weitergeben. In der Folge sinken die Margen.

Im Normalfall beginnen Unternehmen in solchen Fällen an anderer Stelle zu sparen, um die Margen zu retten. Sie stellen weniger neues Personal ein und investieren mehr in Automatisierung. Für gewöhnlich zeigt so etwas das Ende eines Konjunkturzyklus an. In diesem Fall erwarte ich das nicht. Solange das Auslandsgeschäft für sprudelnde Gewinne sorgt, gibt es keinen Grund, im Inland einen Kahlschlag vorzunehmen.

Für Anleger ergibt sich trotzdem eine wichtige Erkenntnis. US-Aktien von Unternehmen, die fast ausschließlich im Inland ihren Umsatz erwirtschaften, dürften weiter unter Druck bleiben. Die Margen werden weiter sinken. Es ist daher von einer Underperformance von Aktien mit großem US-Fokus auszugehen.

Clemens Schmale

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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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