Geringe Wachstumaussichten in den USA dank Häusermarkt?
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Boom und Bust des Häusermarktes
Die demographische Entwicklung in den USA ist im Gegensatz zu vielen anderen Industrieländern positiv. Die Bevölkerung wächst nach wie vor, auch durch starke Zuwanderung. Eine wachsende Bevölkerung braucht auch mehr Wohnraum. Der langjährige Trend zeigt, dass bis 2007 pro Jahr 1,24 Mio. neue Haushalte entstanden. Dazu wurden ca. 300.000 Häuser im Jahr abgerissen. Insgesamt wurden also pro Jahr ca. 1,55 Mio. neue Wohnhäuser gebraucht (oder Wohnungen). Vor der Krise wurde pro Jahr für 2,1 Mio. neue Haushalte gebaut. Das war deutlich zu viel. Seit 2007 wurden insgesamt 4,8 Mio. weniger Einheiten gebaut (weniger im Vergleich zum Durschnitt von 1,55 Mio.). Statt knapp 11 Mio. Einheiten wurden von 2007 bis 2013 nur 6,5 Mio. gebaut.
Wäre die Nachfrage so geblieben, wie die Demographie es erwarten lässt, dann wäre der Überschuss von 4,2 Mio. gebauten Einheiten, die bis 2006 entstanden, nun schon wieder längst abgebaut. Das ist aber nicht der Fall. Der Markt leidet noch immer an einem leichten Überhang, obwohl weniger gebaut wird. Die Nachfrage ist einfach noch stärker zurückgegangen als der Nachschub. Ohne boomenden Häusermarkt bleibt das Wachstum allerdings schwach.
Die geringere Aktivität im Baugewerbe macht sich beim Wirtschaftswachstum bemerkbar. Der Anteil des gesamten Housing Sektors am BIP lag einmal bei 19%. Inzwischen ist er auf 15% geschrumpft. Während alles rund um Housing Services (Erhaltung, Renovierung etc.) mehr oder minder stabil bleibt, sind die Investitionen in Neubauten massiv zurückgegangen. Der Sektor machte einmal 6% des BIPs aus, nun sind es nur mehr 3% (siehe Grafik). Der Sektor ist also dramatisch geschrumpft – kein Wunder daher, dass das Wachstum in den USA noch immer moderat ist. Einerseits trägt der Hausbaumarkt nichts zum Wachstum bei. Anderseits war das Baugewerbe einer der Treiber des Wachstums in den Vorjahren. Dieser Treiber ist weggefallen. Momentan wird das Wachstum vom Konsum getrieben. Der Anstieg der Konsumausgaben macht fast das gesamte US-Wachstum aus. Das Gesamtwachstum betrug 2013 ca. 2,6%. 1,6 Prozentpunkte davon kamen aus dem privaten Konsum. 0,2 Punkte kamen aus dem Häusermarkt. In den Vorkrisenjahren war der Beitrag zum Wachstum deutlich größer.
Würde der Häusermarkt wieder anspringen, dann könnte das die jährliche Wachstumsrate um 1 bis 2 Prozentpunkte nach oben bringen. Danach sieht es momentan nicht aus. Eine Wachstumsrate wie vor der Krise von 4% zu erreichen, scheint ohne den Bausektor kaum vorstellbar, denn woher sollen 2 Prozentpunkte kommen? Das Wachstum der Baubranche müsste durch andere Sektoren ersetzt werden. Kandidaten gibt es dafür nicht. Der Konsum wächst bereits mit einer Rate des langjährigen Durchschnitts. Von der Seite kommt nicht mehr viel. Es ist überhaupt bemerkenswert, dass der Konsum so robust ist. Der Konsum in den Vorkrisenjahren wuchs vor allem auf Kredit. Die Kredite konnten aufgenommen werden, weil der Häusermarkt boomte und die Preise stiegen. Es konnte dann, wenn ein Haus immer mehr wert wurde, der Kredit erweitert oder ein neuer aufgenommen werden. Das geschieht derzeit nicht. Die Preise erholen sich zwar in den Ballungszentren, aber in großen Teilen des Landes sind die Preise bestenfalls stabil (wie z.B. in Alabama – siehe Grafik).
Kraftlose Erholung
Insgesamt ist sind die Privatinvestitionen noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Die folgende Grafik zeigt die Übertreibung von 1997 bis 2006. Aktuell ist das Wachstum der Privatinvestitionen schon wieder fast bei 0% angelangt. Zum Höhepunkt der Übertreibung lagen die Investitionen bei über einer Billionen Dollar. Aktuell sind es 534 Mrd. aufs Jahr gerechnet. Allein dieser Rückgang hat das Wachstum um 3 Prozentpunkte gedrückt. Das Gesamtvolumen der Privatinvestitionen liegt aktuell noch unter dem Potential des langjährigen Durchschnitts. Würde es zu diesem Durschnitt zurückkehren, dann sollte das Volumen bei knapp 700 Mrd. liegen. Das zeigt, wie kraftlos die Erholung in den USA derzeit noch ist.
Das wird bis auf weiteres auch so bleiben. Die demographische Entwicklung ist zwar positiv, allerdings reicht es nicht, eine wachsende Bevölkerung zu haben. Die Bevölkerung muss Häuser nachfragen und das tut sie derzeit nicht. In den USA sind die Haushalte in den vergangenen Jahrzehnten immer kleiner geworden. Dadurch wurde auch mehr Wohnraum gebraucht. Die durchschnittliche Anzahl von Personen in einem Haushalt lag in den 50er Jahren bei 3,45 Personen. Vor der Krise waren es nur mehr 2,6. Inzwischen leben wieder 2,85 Personen in einem Haushalt. Während die Bevölkerung wächst, stagniert die Anzahl an Haushalten beinahe. Damit wird dann auch weniger neuer Wohnraum nachgefragt als bei einer gleichbleibenden Haushaltsgröße. Wäre die Haushaltsgröße nicht wieder ansteigend, sondern wäre gleich geblieben, dann sähe das alles ganz anders aus. Würden nach wie vor nur 2,6 Personen in einem Haushalt leben, dann gäbe es derzeit in den USA knapp 120 Mio. Haushalte. Derzeit sind es aber nur 115 Mio. Das sind also 5 Mio. Wohneinheiten, die weniger gebraucht werden. Das trifft mit der Zahl am Anfang des Artikels zusammen: es wurden von 2006 bis 2013 4,2 Mio. weniger Einheiten gebaut als zuvor. Geht man nach der Anzahl an Haushalten, dann wurden in diesem Zeitraum auch tatsächlich 5 Mio. weniger neue Einheiten gebraucht. Die Differenz der beiden Zahlen (800.000) ist in etwa der Überschuss, der trotzdem noch zu viel gebaut wurde.
Sparen wo es geht
Die Vergrößerung der Haushalte hat zwei Treiber. Einerseits ist die Arbeitslosigkeit noch immer vergleichsweise hoch. Dadurch ziehen vor allem weniger junge Menschen in ihre eigene Wohnung und bleiben länger bei den Eltern. Anderseits sind die Jobs weniger gut bezahlt als in der Vergangenheit. Selbst jene, die einen Job haben, bleiben öfter und länger zu Hause wohnen.
Diversen Umfragen zufolge ist die junge Generation immer noch für die Eigentümerschaft. Sie wollen also durchaus ihre eigene Wohnung oder ihr eigenes Haus. Aber: sie können es sich nicht leisten. Dafür gibt es wiederum viele Gründe. Lohn ist einer. Ein anderer sind hohe Schulden von der Ausbildung oder Banken wollen bei negativem Eigenkapital einfach keine neuen Kredite vergeben.
All diese Gründe fördern einen Trend weg vom eigenen Haus hin zur Wohnung oder Mehrfamilienhäusern. Einfamilienhäuser sind kaum nachgefragt. Mehrfamilienhäuser und Wohnungen verkaufen und vermieten sich ganz gut. Apartmenthäuser und Mehrfamilienhäuser sind, was den Bau und die Fläche anbelangt, effizienter als Einfamilienhäuser. Daher kann in diesem Bereich eine höhere Nachfrage als vor der Krise die Wirtschaft nicht so gut stützen. Würden Personen und Familien nach wie vor Einfamilienhäuser bauen lassen, würde das doppelt so viele Jobs schaffen wie die Präferenz für Mehrfamilienhäuser.
Amerikaner haben noch den Traum vom eigenen Haus. Dauert die langsame Erholung noch länger an als gedacht, dann könnte aus der Notwendigkeit in Mehrfamilienhäuser und Wohnungen zu ziehen ein neuer Trend bzw. eine neue Präferenz werden. Dann wäre auf unbestimmte Zeit aus dem Bausektor kein wesentlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten. Kann die Arbeitslosigkeit aber weiter sinken und können die Löhne wieder steigen, dann kann Amerika die Kurve noch kriegen und in alte Muster zurückfallen. Ob das gut ist, will ich gar nicht beurteilen. Kurzfristig würde es der Wirtschaft aber wieder zurück zu 4% Wachstum im Jahr verhelfen.
Viel Erfolg
Clemens Schmale
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