Kommentar
06:46 Uhr, 08.02.2017

Genialer Steuerplan oder Wahnsinn?

Das Thema der Stunde ist die mögliche Einführung einer US-Grenzausgleichssteuer, die Exporteure über Steuern subventioniert und Importeure bestraft. Kann das gutgehen?

Die Politik der USA ist momentan etwas chaotisch. An einem Tag ist Russland ein Freund, am nächsten wird Russland im UN-Sicherheitsrat scharf verurteilt. Es wird ein Einreisestopp für mehrere Länder verhängt, der sogleich von einem Richter gestoppt wird usw. Die Linie ist noch nicht ganz klar, weil nicht offensichtlich ist, was letztlich umgesetzt werden kann.

Trumps politische Linie ist im Gegensatz dazu eindeutig. Er zieht durch, was er versprochen hat. Die Umsetzung ist in der Realität jedoch alles andere als eindeutig. Keiner weiß zum aktuellen Zeitpunkt, was wirklich machbar ist und politische und juristische Unterstützung findet. Trotzdem lichtet sich der Nebel um die Marschrichtung des Landes.

So lichtet sich z.B. der Nebel um die Grenzausgleichssteuer. Für Trump ist der Handel ein Kernthema. Der Steuervorschlag kommt dabei aus den eigenen Reihen und dürfte politische Unterstützung im Kongress und Senat finden. Bisher wurde noch nichts Konkretes unternommen, da der erste Gesetzentwurf zu kompliziert erschien.

Im Kern ist die Grenzausgleichssteuer einfach. Exporteure werden nicht besteuert, Importeure hingegen schon. Einnahmen aus Exporten sind steuerfrei. Wer Güter importiert, muss auf diese Güter Steuern zahlen. Das soll den Export fördern und Importe begrenzen.

Wie das im Detail funktionieren soll, ist noch nicht klar, denn es ergeben sich einige praktische Probleme. Das kann man sich anhand eines Extrembeispiels vorstellen. Nehmen wir z.B. an, Apple würde in den USA produzieren. Apple schreibt derzeit einen Jahresgewinn von über 40 Mrd. Dollar. Ein Großteil des Gewinns kommt aus dem Ausland und müsste nach der neuen Regel nicht versteuert werden. Ist es auf Dauer politisch zu rechtfertigen, dass ein Unternehmen mit so hohen Gewinnen de facto keine Steuern zahlt? Ist das fair?

Auf der anderen Seite sind da die Importeure. Selbst wenn ein Importeur keinen Gewinn schreibt, müsste er Steuern auf die Importe zahlen. Der Verlust wird von einem Unternehmen, welches fast ausschließlich importiert, massiv in die Höhe getrieben. Für viele Firmen kann das den Bankrott bedeuten. Das kann letztlich auch nicht Sinn der Sache sein, denn viele Arbeitsplätze hängen auch am Import.

Zu den gefährdeten Branchen gehört der Einzelhandel. Einige Firmen, z.B. Bekleidungsunternehmen, lassen im Ausland produzieren. Sie beschäftigen trotzdem viele Menschen in den Geschäften, in der Verwaltung usw. in den USA. Vieler diese Jobs würden zunächst erst einmal wegfallen, weil viele Unternehmen Insolvenz anmelden müssten.

Mit diesen zwei Extrembeispielen zeigt sich, wer welche Interessen vertritt. Industrieunternehmen, die exportieren, haben sich zu der „American Made Coalition“ zusammengeschlossen und lobbyieren für die Steuer. Die Organisation „Americans for Affordable Products“ stellt sich dagegen und vertritt den Standpunkt, dass die Steuer Grundgüter unnötig teuer macht und Bürger benachteiligt.

Die Steuer ist tatsächlich noch nicht ausgereift. Einige Produkte müssen importiert werden. Dazu gehören auch Rohstoffe. Einige Raffinerien haben sich auf das südamerikanische Schweröl spezialisiert. Sie müssten vermutlich dichtmachen, wenn die Steuer kommt. Die Importe brauchen die USA trotzdem. Es wird bei weitem nicht ausreichend Öl im Inland gefördert.

Befürworter wiederum sagen: habt euch nicht so. Kommt die Steuer, dann sollte der Dollar theoretisch aufwerten und die Steuer somit ausgleichen. Nach einer Anpassungszeit sollte alles beim Alten bleiben. Wenn dem so ist, wieso sollte man die Steuer dann überhaupt einführen?

Immerhin kann die Steuer bis zu 1 Billion Dollar in den Staatshaushalt spülen und dadurch die restlichen Steuerpläne finanzieren. Am Ende wird die Grenzausgleichssteuer aber vermutlich nur hohen Verwaltungsaufwand bringen und wenig am Grundproblem ändern. Das Grundproblem ist und bleibt der Dollar.

Wertet der Dollar auf, wird mehr importiert. Daran ändert auch eine Steuer nichts, wenn diese durch eine weitere Aufwertung ausgeglichen wird. Die Grafik zeigt den Dollar Index (nominal und real) und die Leistungsbilanz. Je stärker der Dollar ist, desto höher ist das Defizit. Da die Wirtschaft Zeit braucht, um sich an Währungsschwankungen anzupassen, steigt und fällt das Defizit mit zeitlicher Verzögerung.

Wollen die USA mehr im Inland produzieren, dann hilft auch keine Steuer. Das ist der falsche Weg. Es braucht schlicht und einfach einen schwächeren Dollar. Das ist ein Thema der Geldpolitik und nicht der Steuerpolitik. Trump kann da bei den positivsten Absichten wenig tun. Die Steuer dürfte am Ende mehr schaden als nutzen. Sie ist protektionistisch. Das ist kurzfristig vielleicht für einige Unternehmen gut, doch langfristig führt dies dazu, dass Unternehmen noch weniger investieren und an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Die USA schwächen letztlich ihre Wirtschaft nur durch Protektionismus.

Clemens Schmale

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8 Kommentare

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Clemens, schreib weiter. Tolle Artikel ...

    07:25 Uhr, 09.02.2017
  • 1 Antwort anzeigen
  • USMATT
    USMATT

    P_44

    You check nothing. Mach Deine Hausaufgaben bevor Du so ein scheiss schreibst. Du informierst Dich offensichtlich einseitig, wie all die Demonstranten, die nur die Person hasst und nicht wissen, warum genau sie eigentlich auf der Strasse sind. Genial ist er mit Sicherheit nicht, wer ist das schon, aber hat sich auf die Fahne geschrieben, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Denk mal drueber nach: Warum tut er sich das alles ueberhaupt an? 70 Jahre und Milliardaer. Ich wuesste was besseres. Nun komm bloss nicht mit "Macht". Das braucht er mit Sicherheit nicht. Das war H.Clinton. Ihr ging es nur um die Position.

    09:10 Uhr, 08.02.2017
    1 Antwort anzeigen
  • USexpert
    USexpert

    Natuerlich ist es ein Problem jeden Monat ein Tradedefizit von min 45 Milliarden zu zeigen, aber es waere viel leichter Euro/Dollar wieder auf 1,2 zu setzen.

    07:43 Uhr, 08.02.2017
  • P_44
    P_44

    Checkt's endlich mal, dass dieser Faschist nicht "genial" ist!

    07:09 Uhr, 08.02.2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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