Fundamentale Nachricht
12:07 Uhr, 14.03.2019

Geldpolitische Pause, schwächelnde Konjunktur

Der Frage, was die eingetrübten Zins- und Wirtschaftsaussichten dies- und jenseits des Atlantiks bedeuten, geht Didier Saint-Georges, Mitglied des Investmentkomitees bei Carmignac, in einer aktuellen Marktanalyse nach.

Paris (GodmodeTrader.de) - 2018 war ein Jahr des Wandels für die Finanzmärkte. Dieser Wandel führte uns von der scheinbar besten aller Welten im Jahr 2017, als die Weltwirtschaft mit der anhaltenden Unterstützung einer erstaunlich lockeren Geldpolitik boomte, in eine neue Phase. Es war klar, dass hier die Voraussetzungen für eine globale Konjunkturabschwächung geschaffen wurden, während die Zentralbanker gleichzeitig die Schrauben anzogen. Kein Wunder also, dass der Jahresbeginn 2018 für Investoren holpriger war als noch ein Jahr zuvor, wie Didier Saint-Georges, Mitglied des Investmentkomitees bei Carmignac, in einer aktuellen Marktanalyse schreibt.

Wie so oft hätten die Anleger es zunächst vorgezogen, die Entwicklung der ersten Januarwochen völlig zu ignorieren. Danach sei es einige Monate darum gegangen, wohin sich der Markt entwickle, nur um gegen Ende des Jahres, als die Verschiebung nicht mehr zu leugnen gewesen sei, in Panik zu geraten. 2018 könne daher als ein Jahr angesehen werden, in dem eine Umkehrung zentraler Kräfte stattgefunden habe: der Geldpolitik und des Konjunkturzyklus. Als diese beiden Kräfte aufeinandergeprallt seien, sei es verständlicherweise zu einer Marktkorrektur gekommen, heißt es weiter.

„Auch die Erholung an den Aktienmärkten zu Beginn dieses Jahres war nicht ungewöhnlich. Sie folgt einem Muster, das nach einer Anlegerpanik oft beobachtet wird. Insofern war die Lage ganz anders, als bei den bullishen Bedingungen in den ersten Wochen des Jahres 2018: Die Anleger wurden nicht von Selbstüberschätzung getrieben, sondern erholten sich gerade wieder. Ebenso erwarten wir im weiteren Verlauf des Jahres 2019 keine weitere Kollision zwischen Geld- und Konjunkturzyklen. Im Jahr 2018 verbrauchten die Zentralbanken auf beiden Seiten des Atlantiks die noch verbliebene geldpolitische Munition für einen Politikwechsel. Die Europäische Zentralbank hat es geschafft, ihr Ankaufprogramm für Vermögenswerte auslaufen zu lassen und zur konventionellen Geldpolitik zurückzukehren. Das geschah auf der Grundlage von Leitzinsen, die, wie EZB-Beamten selbst zugeben, noch für lange Zeit extrem niedrig bleiben werden“, so Saint-Georges.

In den Vereinigten Staaten habe die Federal Reserve zum Ende des letzten Jahres ihr Ziel aufgrund der erwähnten Kollision verschieben müssen: die Straffung der Geldpolitik. Der bisherige Plan, die im vergangenen Jahr eingeleiteten Zinserhöhungen fortzusetzen, sei vorerst vom Tisch. Die Fed habe bereits angedeutet, dass sie bis zum Jahresende ihre Bilanz zurückgefahren haben werde. Um es anders auszudrücken: 2018 sei ein Jahr tiefgreifender Veränderung der Geldpolitik gewesen, 2019 werde das nicht. Damit bleibe noch die Frage des Konjunkturzyklus, heißt es weiter.

„Die im vergangenen Jahr eingeleitete Verlangsamung der Weltwirtschaft dürfte sich 2019 fortsetzen - es sei denn, die Regierungen würden ambitionierte Konjunkturprogramme auflegen. Es gibt aber praktisch keinen Grund zur Annahme, dass es dazu kommt. Das US-Defizit liegt bereits bei 5 Prozent des BIP und angesichts des politischen Tauziehens zwischen Kongress und Weißem Haus erscheint eine Einigung über höhere Staatsausgaben als höchst unwahrscheinlich“, so Saint-Georges.

China habe unterdessen sein schuldenfinanziertes Wachstum überstrapaziert und die derzeitigen Handelsspannungen mit Washington schlössen die Option aus, den Yuan abzuwerten. In Europa sei Deutschland das einzige Land mit echtem fiskalischen Handlungsspielraum. Allerdings habe die deutsche Regierung bisher nur eine sehr geringe Bereitschaft signalisiert, das auch zu nutzen. Darüber hinaus fehle der EU ein gemeinsamer Haushalt, der die Belastungen der nationalen Haushalte ausgleichen könnte, heißt es weiter.

„Unser zentrales Szenario für 2019 – und aktuell auch das der Finanzmärkte – ist daher eine breit angelegte Konjunkturabschwächung. Innerhalb dieses Szenarios würden die Zentralbanken ihren Teil beitragen, indem sie nur auf sehr lange Sicht zu einer lockeren Geldpolitik zurückkehren. Vorbehaltlich möglicher externer Effekte (wie ein harter Brexit, zunehmend schlechtere Beziehungen zwischen den USA und China oder politische Turbulenzen in Italien) dürften die Aktienmärkte in diesem Jahr nicht von größeren Trendwenden erschüttert werden. Es sei denn, die erwartete Konjunkturabschwächung wandelt sich zu einer ausgewachsenen Rezession“, so Saint-Georges.

Aufgrund der aktuell hohen Schuldenstände wäre das wohl für kaum ein Land auf die leichte Schulter zu nehmen. Deshalb sei die Entwicklung des Konjunkturzyklus sehr wichtig. Bis dahin sollte im Gegensatz zum letzten Jahr das Stock-Picking weniger darauf ausgerichtet sein, die eine, klare Marktrichtung zu verfolgen, heißt es abschließend.

1 Kommentar

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  • Ich_bin_ein_Berliner
    Ich_bin_ein_Berliner

    "Geldpolitische Pause, schwächelnde Konjunktur"

    .

    eher RATLOSIGKEIT!!!!!!!!

    .

    denn die Inflation wird kommen, global und nicht aufhaltbar!

    .

    OIL mir klaren LONG Signal auf 3 Jahre!!!!!!!!!!!!!

    .

    Die lang vermisste Inflation weltweit wird kommen, und das in SEHR SEHR grossen Schritten.

    Global wird es zur Masseninflation führen!

    .

    OIL long 3Jahre

    .

    ich weise daraufhin das ich nicht invstiert bin und auch keine Empfehlung ausspreche!!!!!!!!!!!!!!

    aber das ist eine LONG inverse SKS.. dazu bitte noch einmal den Artikel lesen! und drüber nach denken!

    Wenn Oil steigen wird!?? Dann auch die Inflation, und das in großen, mega großen Schritten!!

    ..

    Mittwoch, 13.03.2019 - 10:04 Uhr Die niedrige Inflation ein Systemfehler? Alle reden über die schlechte Konjunktur. Wie steht es eigentlich mit der Inflation?

    "Seit 2017 bewegt sie sich unter Schwankungen im Schnitt um die 1,5 %. Das ist für sich genommen ein hervorragendes Ergebnis. Es bedeutet, dass wir praktisch Stabilität haben. ANZEIGE

    Eigentlich müssten wir vor Freude in die Luft springen. Eine Welt ohne Inflation ist Goldilocks pur. Wie sehr haben wir uns immer gewünscht, dass Güter und Dienste auf den Märkten nicht permanent teurer werden und unser Geld nicht immer mehr an Wert verliert? Ein stabiler Geldwert ist Lebensqualität für alle Schichten der Bevölkerung.

    " Einer ist, dass viele dem Frieden nicht trauen. Sie fürchten, die Preise könnten mit einer Zeitverzögerung doch reagieren. Das dicke Ende könnte also noch kommen. Die amerikanische Notenbank hat sich die Option auf weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr vorsorglich offen gehalten. Andererseits winkt die Europäische Zentralbank ab. "

    " Drittens sind die Zentralbanken nicht zufrieden. Die EZB müsste laut Gesetz eigentlich eine Inflation von "nahe aber unter 2 %" erreichen. Sie bräuchte also eine höhere Inflation. Allerdings ist das Unterschießen des Inflationsziels für die meisten Menschen weniger schlimm, vorausgesetzt es gibt keine Deflation. Das ist derzeit aber nicht der Fall. Nie­mand wird der EZB also einen Strick drehen. Im Übrigen beträgt die Abweichung der aktuellen Preissteigerung von dem Ziel nur ein paar Zehntel Prozentpunkte. Das ist nicht die Welt. "

    " Fünftens und im Zusammenhang damit gibt es grundsätzliche Zweifel. Wenn gute Konjunktur nicht mehr automatisch zu höheren Löhnen und mehr Preissteigerungen führt und schlechte nicht zu niedrigeren Löhnen und weniger Geldentwertung, dann stimmt etwas nicht in der Volkswirtschaft. Der marktwirtschaftliche Preismechanismus ist gestört. Die geringe Inflation ist nicht – wie das früher der Fall war – Ausdruck der Tatsache, dass sich die Wirtschaft im Gleichgewicht befindet. "

    Sie wird vielmehr durch strukturelle Faktoren gering gehalten. Das sind die neuen Technologien, die die Kosten senken und die Preise digitaler Produkte niedrig halten. Das ist das wachsende Angebot der Niedriglohnländer auf den Weltmärkten.

    Das ist ein Problem. Inflation ist unter normalen Umständen wie ein Fieberthermometer. Das Fieber steigt an, wenn es Ungleichgewichte gibt oder sie größer werden. Es geht runter, wenn der Patient gesund wird. Wenn das Fieber jetzt trotz der Ungleichgewichte nicht zunimmt, dann geht es uns nicht besser, sondern das Thermometer ist kaputt oder funktioniert nicht mehr richtig. Das ist kein gutes Zeichen. Vor allem fehlt es der Wirtschaftspolitik an dem Kompass, an dem sie sich bei ihrem Kurs orientieren kann.

    Die Finanzpolitik hat keine Bremse, die öffentlichen Defizite in Grenzen zu halten. In den USA erreicht der Fehlbetrag im Bundeshaushalt derzeit USD 900 Mrd. – trotzdem scheint sich keiner daran zu stören. Die Europäische Zentralbank hat vorige Woche Feueralarm ausgerufen und ihre Löschzüge ausgefahren. Dabei geht sie selbst davon aus, dass wir weit von einer Rezession entfernt sind.

    https://www.godmode-trader.de/...

    22:27 Uhr, 14.03. 2019

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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