Kommentar
10:23 Uhr, 24.01.2019

Geldpolitik: Lockert die Fed heimlich?

Viele fokussieren sich penibel, fast schon pedantisch, auf den Leitzins. Es wird gerätselt, ob dieser noch einmal steigt oder das nächste Mal sogar schon wieder fällt. Das ist tatsächlich eine interessante und wichtige Frage. Es ist jedoch nicht allein das, was für die Wirtschaft zählt.

Die US-Notenbank hat seit der Finanzkrise ein Instrument zur Verfügung, welches sie vorher nicht hatte. Sie kann Zinsen auf die Überschussreserven der Banken zahlen. Vorher durfte sie es gar nicht. Eine Gesetzesänderung machte es möglich. Diese sollte eigentlich erst 2011 in Kraft treten. Wegen der Finanzkrise wurde die Implementierung jedoch vorgezogen.

Die Notenbank brauchte diese Änderung auch dringend. Sie flutete den Markt mit Geld. Banken liehen sich untereinander kein Geld mehr. Das war problematisch und konnte nur behoben werden, indem die Notenbank unbegrenzte Liquidität zur Verfügung stellte. Banken nutzen das und sogen sich wie ein Schwamm mit Liquidität voll.

Dadurch verlor die Fed aber die Kontrolle über den Zinssatz. Vor dieser Flutung gab es kaum Überschussreserven. Nun gab es sie. Banken können dieses Geld nutzen, um es zu verleihen und zwar zu jedem beliebigen Zinssatz. Bevor eine Bank das Geld zu 0 % bei der Fed parkt, verleiht es das Geld lieber zu einem Zinssatz, der darüber liegt.

Dadurch verlor die Fed die Kontrolle über die untere Grenze des Zinsniveaus. Dieses Problem konnte nur behoben werden, indem die Fed einen Zins auf Überschussreserven zahlte, der über dem Leitzins lag. Lange Zeit lag dieser Zinssatz für Überschussreserven zwischen 0,1 % und 0,2 % höher als der Leitzins (siehe Grafik).

In den letzten Monaten näherten sich die beiden Zinssätze immer weiter an. Inzwischen liegt die Differenz bei 0 %. Bisher hatten Banken einen großen Anreiz, sich so viel Geld wie nur möglich zum Leitzins zu leihen und ihn dann bei der Notenbank zu parken. Dort bekamen sie ja höhere Zinsen. Sie konnten risikolos eine Zinsdifferenz verdienen.

Damit ist jetzt Schluss. Banken können nun nicht mehr Arbitrage betreiben. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, denn nun ist es attraktiver, das Geld in die Realwirtschaft zu lenken. Kreditvergabe ist wieder interessant.


Je höher der risikolose Zins ist, den Banken verdienen können, desto mehr Reserven wollen sie bei der Notenbank halten. Das hemmt die Kreditvergabe. Dieses Hemmnis wurde bisher nur unzureichend untersucht. Es gibt allerdings Schätzungen, dass Banken wegen des höheren Zinssatzes auf Überschussreserven 800 Mrd. an Kredit nicht vergeben haben.

Da die Arbitragemöglichkeit nun Geschichte ist, sollten Banken einen Anreiz haben, wieder mehr Kredit zu vergeben. Das schiebt die Wirtschaft an und ist eine Art der geldpolitischen Lockerung. China macht das die ganze Zeit. Ohne die Zinsen zu senken, setzt es z.B. die Reserveanforderungen herab und schafft so Anreize für höhere Kreditvergabe.

Ob die Annäherung der Zinssätze diesen Effekt haben sollte, sei dahingestellt. Es wird allerdings genau diesen Effekt haben. Das ist ein Anschub der Wirtschaft, obwohl die Zinsen nicht gesenkt wurden.

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1 Kommentar

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  • trend-x
    trend-x

    als ob Kredite bei steigendem Risiko und globalem Nachfragerückgang die Wirtschaft ankurbeln... es gibt Banken die zahlen lieber Parkgebühren für ihre Liquidität, als es abzuschreiben.

    10:56 Uhr, 24.01. 2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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